Matthias Bohrer betritt das Amtsgericht Karlsruhe mit einem gefalteten Stück Papier in der Hand. An der Pforte zeigt er es vor und sagt: "Schöffensitzung heute!". Mit einem Nicken öffnet der Pförtner die Schleuse. Damit beginnt für Matthias Bohrer sein letzter Tag als Schöffe. Acht Jahre war der 61-Jährige als Laienrichter im Einsatz.
Der Tag am Gericht beginnt mit einem Fragezeichen
Ein typischer Tag für einen Schöffen bei Gericht beginnt mit einem Fragezeichen. Was verhandelt wird, das erfahren Matthias Bohrer und seine Schöffen-Kollegin Yvonne Halmich erst, wenn sie den Aushang im Gericht lesen. Dort steht: Wohnungseinbruchsdiebstahl. Beide murmeln vor sich hin: "Spannend, (...) zehn Zeugen, das könnte lang gehen".
Yvonne Halmich und Matthias Bohrer kennen sich seit einem Jahr - in dieser Zeit waren die beiden meist als Tandem eingeteilt. Dass Schöffen für einen Jahr lang einen festen Partner oder eine feste Partnerin bekommen, ist üblich. Yvonne Halmich blickt auf fünf Jahre im Amt zurück, auch sie ist in der neuen Amtsperiode nicht mehr dabei.
Wahl für nächste Amtsperiode beginnt Als Laie Recht sprechen: Wie werde ich Schöffe in BW?
Schöffe zu sein - das ist eine verantwortungsvolle ehrenamtliche Aufgabe. In diesem Jahr finden die Wahlen für die nächste Amts-Periode statt. Aber wie wird man eigentlich Schöffe?
Schöffen müssen den Durchblick bei Gericht behalten
Heute entscheiden die beiden Schöffen zusammen mit Richter Constantin Hofmann. Er ist einer von drei Richtern, die am Amtsgericht gemeinsam mit Schöffen arbeiten. Hofmann erklärt den beiden Schöffen den Fall und gibt ihnen vor der Verhandlung einen Überblick über die Akte.
Die Herausforderung für die beiden Schöffen: Sie müssen trotz der vielen neuen Infos den Durchblick behalten. Yvonne Halmich ist sich sicher:
Laienrichter mit Augen und Ohren bei den Angeklagten
Dann beginnt die Hauptverhandlung: Die Schöffen ziehen mit dem Richter in den Saal ein, sie setzten sich rechts und links neben ihn. Für Matthias Bohrer und Yvonne Halmich heißt es jetzt: alle Augen und Ohren auf die Angeklagten.
Während der Verhandlung machen sich die Schöffen Notizen und achten auf jede Reaktion der Angeklagten. Außerdem dürfen sie auch Fragen stellen.
Richter: Schöffen bieten Mehrwert für die Justiz
Richter Constantin Hofmann sieht die Schöffen als großen Mehrwert für das Justizsystem. Denn sechs Augen sehen mehr als zwei, sagt er. Außerdem hilft es dem Richter - je nach Fall -, dass Schöffen oft Erfahrung aus ihren Berufen einfließen lassen können. Matthias Bohrer arbeitet etwa bei der Kirche, Yvonne Halmich ist Pressesprecherin.
Außerdem sei es hilfreich für den Richter, wenn unter den Schöffen eine Frau sei - etwa wenn es in der Hauptverhandlung um Sexualstraftaten gehe. Allerdings hat der Richter keinen Einfluss darauf, welche Schöffen bei welchen Verhandlungen eingeteilt sind.
Schöffe Matthias Bohrer: "Das Vertrauen ist sehr hoch"
Yvonne Halmich und Matthias Bohrer haben in den vergangenen Jahren viele Stunden in dem Gerichtsgebäude verbracht. Eine Erfahrung, aus der beide das Fazit ziehen: Das Justizsystem ist fair. Matthias Bohrer sagt:
Als Begründung sagt Matthias Bohrer, er habe durch sein Amt wirklich gesehen, "dass bei jedem Sachverhalt alle Aspekte behandelt werden". Es werde niemand im Schnellverfahren durchverurteilt.
Leben Im Namen des Volkes – Schöffen und Schöffinnen an deutschen Gerichten
Sie repräsentieren das Volk, in dessen Namen jedes Urteil an deutschen Gerichten gefällt wird. Schöffinnen und Schöffen sind in Amts- und Landgerichten an der Urteilsfindung beteiligt.
Laienrichter bei der Urteilsfindung in Karlsruhe dabei
Sobald alle Zeugen gehört sind, ziehen sich Richter Hofmann und die beiden Schöffen ins Beratungszimmer zurück. Dann geht es an die Urteilsfindung. Alle drei erklären: Man diskutiere dabei so lange, bis sich alle einig seien. Kampfabstimmungen seien eher selten. Yvonne Halmich fasst nach einem langen Tag bei Gericht zusammen:
Für die Angeklagten endet der Tag mit Haftstrafen. Für die beiden Laienrichter Yvonne Halmich und Matthias Bohrer endet er mit der Gewissheit, dass sie heute zum letzten Mal als Schöffen durch die Tür des Amtsgerichts gehen.