Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Karlsruhe-Land, Axel E. Fischer, soll Entscheidungen des Europarats im Sinne von Aserbaidschan beeinflusst haben. Ihm wird vorgeworfen, dafür mehr als 20.000 Euro bekommen zu haben.
Dafür muss sich Fischer seit Donnerstag vor dem Oberlandesgericht München verantworten. Neben Fischer ist auch der ehemalige CSU-Abgeordnete Eduard Lintner angeklagt.
Verteidiger setzt auf Freispruch und kritisiert Anklage
Fischers Verteidiger Heiko Hofstätter wies die Vorwürfe am ersten Verhandlungstag im Namen seines Mandanten in einem Statement direkt nach der Anklageverlesung als haltlos zurück. Er sprach von pauschalen und "im Ergebnis nicht haltbaren Vorwürfen". Man setze auf eine "uneingeschränkte Entlastung" durch den Prozess. Es habe keine Aufträge, Weisungen und Vereinbarungen von Fischer mit irgendwelchen Vertretern Aserbaidschans gegeben.
Im Übrigen habe es nicht einmal ein auffälliges pro-aserbaidschanisches Abstimmungsverhalten Fischers in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE) gegeben.
Vorwurf gegen Fischer: Bargeld für Einflussnahme im Europarat
Laut Anklage sollen Vertreter von Aserbaidschan seit dem Eintritt des Landes in den Europarat im Jahr 2001 wiederholt versucht haben, Entscheidungen des Gremiums zu beeinflussen. Fischer habe 2011 angeboten, als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarats gegen Barzahlung für die Interessen des Landes zu arbeiten, so die Generalstaatsanwaltschaft in München.
Neben seinem Abstimmverhalten habe er positive Redebeiträge und die frühzeitige Übermittlung geheimer Dokumente in Aussicht gestellt, heißt es in der Anklage weiter.
Fischer weist Vorwürfe weiterhin zurück
Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe. In einer nach Erhebung der Anklage vor einem Jahr veröffentlichten Erklärung wies Fischer die Vorwürfe bereits vehement zurück. Sie dienten einzig und allein der Vorverurteilung. In der Erklärung schrieb Fischer von sehr schwachen, nicht haltbaren und nicht sauber ermittelten Scheinindizien. Laut seinem Verteidiger wird sich Fischer im Prozess zunächst nicht selbst zur Sache äußern.
Die Aserbaidschan-Affäre war im Jahr 2024 auch Grundlage eines Spielfilms in der ARD:
Neben Fischer zwei weitere Abgeordnete im Visier
Fischer war Mitglied der deutschen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats und dort zwischen 2016 und 2018 Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP). Neben Fischer ist auch der frühere CSU-Bundestagsabgeordnete Eduard Lintner aus Unterfranken angeklagt. Er soll als Lobbyist für Aserbaidschan gearbeitet und über Briefkastenfirmen Millionen erhalten haben.
Auch gegen die ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Karin Strenz wurde in diesem Zusammenhang ermittelt. Sie soll zwischen 2014 und 2017 Bestechungsgeld in Höhe von 149.900 Euro bekommen haben. Strenz starb im März 2021 auf einem Flug von Kuba nach Deutschland.
Transparency International begrüßt Aufarbeitung vor Gericht
Transparency International, eine Organisation zur Korruptionsbekämpfung, hat die Aserbaidschan-Affäre jahrelang intensiv begleitet. Der Prozessbeginn sei insofern auch international von Bedeutung, als die juristische Aufarbeitung der Affäre bislang schleppend verlaufen sei, heißt es in einer Mitteilung.
Transparency International kritisert in diesem Zusammenhang die "Passivität" vieler Mitgliedsstaaten im Europarat. Die Ausnahme sei nunmehr Deutschland, wo nach mehr als vierjähriger staatsanwaltschaftlicher Ermittlungstätigkeit ein bedeutsamer Fall mutmaßlicher strategischer Korruption strafrechtlich aufgearbeitet werde.
Transparency Deutschland hatte bereits im Jahr 2019 Strafanzeige gegen Eduard Lintner und Karin Strenz wegen Bestechung und Bestechlichkeit gestellt.
Aserbaidschan-Affäre: umfangreiche Ermittlungen in 15 Ländern
Im Rahmen der Ermittlungen in der Aserbaidschan-Affäre wurden laut Staatsanwaltschaft 20 Wohnungen und Büros durchsucht, darunter auch Abgeordnetenbüros im Deutschen Bundestag. Das Bundeskriminalamt wertete Schriftstücke und Speicherdaten im großen Umfang aus.
Es seien 15 europäische Ermittlungsanordnungen oder Rechtshilfeersuchen gestellt worden, zum Beispiel nach Zypern, Liechtenstein, Belgien, Estland, Lettland und Aserbaidschan sowie in die Schweiz und in die Türkei, so die Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungsakten umfassen 46 Ordner, die Anklageschrift 160 Seiten.
Für die Verhandlung vor dem Oberlandesgericht München sind insgesamt 39 Tage angesetzt. Der Prozess soll bis Ende August dauern.