Krisensicherer Job, Beamtengehalt, ordentliche Pension - früher waren das mal Anreize genug für eine Arbeit im öffentlichen Dienst. Doch diese Zeiten sind vorbei. Kaum eine Kommune, kaum ein Landkreis, der nicht verzweifelt nach Mitarbeitern sucht. Auch Quereinsteiger werden inzwischen mit Kusshand genommen.
Auf dem Arbeitsmarkt hat längst ein Hauen und Stechen um die wenigen verfügbaren Fachkräfte begonnen – und auch Städte und Kreise müssen sich immer mehr einfallen lassen, um noch gute Leute zu bekommen.
380 Stellen in Pforzheim unbesetzt
Zehn bis 15 Stellenanzeigen würden am Samstag wieder in den regionalen Zeitungen erschienen, wie beinahe jede Woche, sagt Stefan Hauswirth, Personalchef im Rathaus von Pforzheim. Fast 380 Stellen seien derzeit unbesetzt.
Gesucht werden Erzieherinnen, Sozialarbeiter, Verwaltungsfachleute, Bauingenieure - Mitarbeiter für so gut wie jedes städtische Amt, von der Aushilfskraft bis zum Hochschulabsolventen. Jede fünfte Stellenausschreibung bleibe erfolglos, so die bisherige Erfahrung.
Psychischer Druck auf Mitarbeiter im Enzkreis steigt
Nicht viel besser sieht es im Enzkreis aus. Vor allem im IT-Bereich, sagt Personalleiterin Evelyn Foerster, stehe man in großer Konkurrenz zur freien Wirtschaft, mit deren Gehältern man nicht konkurrieren könne. Die akute Personalnot überall spürten die Bürger an längeren Bearbeitungszeiten und die Mitarbeiter an immer mehr Überstunden. Das Gefühl, Aufgaben nicht mehr so erledigen zu können, wie man sollte, erzeuge zudem psychischen Druck.
Hier und da mussten schon Angebote oder Öffnungszeiten eingeschränkt werden, sagt Stephan Hauswirth, wie etwa bei den Schwimmbädern, weil Bademeister fehlen. Da sich keine Entspannung abzeichne, werde man wohl nicht umhin kommen, nicht unbedingt notwendige Aufgaben einfach mal zu lassen.
Lockangebote von kostenlosem Deutschland-Ticket bis zum Sabbatjahr
Der chronische Personalmangel hat viele Gründe: Die Babyboomer gehen in Rente, Kommunen bekommen immer neue Aufgaben, der Ausbau der Kinderbetreuung, die Flüchtlingsproblematik und so weiter. Was also tun?
Trommeln, so laut es nur geht, sagt Evelyn Foerster. Und mit allen nur denkbaren Verzügen und Begünstigungen das Arbeiten im Enzkreis so attraktiv wie möglich machen. So wirbt das Landratsamt mit einer ganzen Reihe sozialer Leistungen wie der Möglichkeit, von zu Hause zu arbeiten, einer eigenen Kantine bis hin zu Dienstfahrrädern und einem möglichen Sabbatjahr.
Brezelrunden mit dem Oberbürgermeister für ein gutes Betriebsklima
Die Summe vieler kleiner Maßnahmen sei es, die den Unterschied mache, meint auch Stephan Hauswirth. So will man dort das neue Deutschland-Ticket allen Mitarbeitern kostenlos anbieten. Auch Betriebsausflüge und regelmäßige Brezelrunden in lockerer Atmosphäre mit dem OB gibt es. Und: Neue Mitarbeiter bekommen als Begrüßungsgeschenk eine Trinkflasche mit dem Pforzheim-Logo. Kleine Gesten, um Wertschätzung und Anerkennung auszudrücken, sagt Hauswirth.
Doch vor allem, meint der Personalchef, müsse man wieder deutlicher kommunizieren, was Arbeiten im öffentlichen Dienst eigentlich bedeute: Ich tue etwas Gutes für den Klimaschutz, für Zusammenhalt, für Demokratie, für sozial Schwächere. Hier unterscheide sich die Arbeit bei der Stadt deutlich von der Wirtschaft. Mit solchen Themen, so Hauswirth, müsse Pforzheim noch offensiver werben.