Pforzheims Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) warb bei der Info-Veranstaltung am Mittwochabend erneut für eine Erstaufnahmeeinrichtung für bis zu 1.000 Geflüchtete. Das Land prüft zur Zeit eine entsprechende Einrichtung in Pforzheim im ehemaligen Gebäude des Bader-Versandhauses.
Der OB ist der Überzeugung, dass die Stadt erheblich entlastet würde, weil sie dann deutlich weniger Geflüchtete in den eigenen Einrichtungen unterbringen müsste. So würde die Zuweisungsquote wohl um etwa 80 Prozent gesenkt werden – was derzeit statt 50 Geflüchteten im Monat nur noch zehn bedeuten würde, wie Vertreter des Regierungspräsidiums ausführten.
Die Stadt präsentierte aktuelle Zahlen: 2022 kamen 2.400 Geflüchtete - mehr als im Krisenjahr 2015. Derzeit sind rund 1.200 Flüchtlinge untergebracht. In allen Bereichen sei man am Limit, es gebe keinerlei Kapazitäten mehr.
Diskussion bei Info-Veranstaltung
Rund 120 Besucherinnen und Besucher waren bei der Info-Veranstaltung im Stadtteil Arlinger - zum Großteil Anwohner der möglichen Einrichtung. In der überwiegend sachlich geführten Diskussion anschließend waren viele ablehnende Stimmen zu hören. Etliche Besucher äußerten ihre Ängste vor einer Überforderung der Bürger, vor mehr Kriminalität etwa. In mehreren Stadtteilen sind weitere Infoveranstaltungen geplant.
Kritik aus unterschiedlichen Gründen
Viele in der Stadt lehnen den Plan ab – aus unterschiedlichen Motiven. Der Chef der FDP-Faktion im Gemeinderat etwa, Hans-Ulrich Rülke (FDP), ist entschieden gegen eine solche Einrichtung. Er ist überzeugt, dass eine Erstaufnahmeeinrichtung die ohnehin schon großen sozialen Probleme in Pforzheim noch verstärken würde. Statt als Flüchtlingsunterkunft sollte das ehemalige Bader-Areal für die Stadtentwicklung genutzt werden.
Kirchen wollen kein Massenlager
Für andere, wie die Kirchen und Flüchtlingshelfer, sind Massenlager menschenunwürdig. Die Unterbringung einer großen Zahl von Menschen auf engem Raum mit zu wenig Privatsphäre führe zwangsläufig zu Problemen, heißt es von Seiten der Kirchen. Sie sprechen sich für eine dezentrale Unterbringung in Wohnungen aus.
Noch ist offen, ob das Land die Pläne realisiert. Obwohl dies theoretisch möglich wäre, hat das Regierungspräsidium Karlsruhe versichert, dass keine Entscheidung gegen den Willen der Kommune getroffen würde. Über die Haltung der Stadt will der Gemeinderat am 4. April beraten und eine Entscheidung treffen.