Neubau verzögert sich um Jahre

Atomlager in Karlsruhe: Gegner sprechen von "besorgniserregenden Zuständen"

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Heiner Kunold
Das ist Heiner Kunold

Der geplante Neubau für das Atomforschungszentrum der EU am Karlsruher Institut für Technologie verzögert sich um mehrere Jahre. Deshalb ist die Anti-Atom-Initiative Karlsruhe besorgt.

Wegen der Verzögerung des Neubaus für das Atomforschungszentrum am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist die Anti-Atom-Initiative Karlsruhe besorgt. Das Joint Research Center (JRC), Teil des früheren Kernforschungszentrums auf dem Gelände des KIT, gilt als wichtigster Standort in der EU in Sachen Atomforschung. Hier werden seit Jahrzehnten große Mengen radioaktiver Stoffe gelagert und an ihnen geforscht.

In einem seit Jahren geplanten Neubau sollen die radioaktiven Stoffe in Zukunft sicher gelagert werden. Doch die Fertigstellung verzögert sich um mehrere Jahre. Nun äußert die Anti-Atom-Initiative Karlsruhe Kritik an der Verzögerung des Baus und an der Sicherheit.

Kritik der Anti-Atom-Initiative Karlsruhe

Die Kritik der Anti-Atom-Initiative Karlsruhe bezieht sich hauptsächlich auf den Neubau "Flügel M" des JRC. Er wird gebaut, damit radioaktive Stoffe sicher gelagert und mit ihnen geforscht werden können. Beispielsweise um sie vor Erdbeben oder Flugzeugabstürzen zu schützen. Als Vertreter der Initiative im Oktober den Bau auf dem Campus Nord besichtigten, habe das für "Überraschungen" gesorgt. "Wir erwarteten beim Tag der offenen Tür, dass wir ein fertiggestelltes Gebäude besichtigen dürften. [...] (Der Bau) sah aus wie vor drei Jahren", beklagt die Initiative in ihrer Mitteilung.

Die Lagerung der hochradioaktiven Stoffe im jetzigen Gebäude wird als besorgniserregend angesehen.

Die Atomkritiker aus Karlsruhe halten die Zustände im JRC auf dem Gelände des KIT Campus Nord für besorgniserregend. Aktuell lagern dort unter anderem 180 Kilogramm Plutonium, mindestens 350 Kilogramm Uran und noch einmal 450 Kilogramm Thorium. Es gebe erhebliche Sicherheitsbedenken, bestätigte auch ein Sprecher des BUND in Karlsruhe.

Europäische Kommission bestätigt Verzögerung

Die Europäische Kommission hat den Bericht der Anti-Atom-Initiative Karlsruhe bestätigt. Demnach kommt der Neubau des Atomlagers mit Forschungslabor frühstens 2028. Eigentlich hätte das Gebäude schon längst fertig sein müssen.

Die Kommission bestätigte, dass es Probleme beim Neubau mit einer ausführenden Firma gegeben habe. Dadurch müsse der komplette Innenausbau des Hochsicherheitslabors völlig neu ausgeschrieben werden.

Aus dem früheren Institut für Transurane am Campus Nord des Karlsruher KIT wurde das Joint Research Center JRC der Europäischen Kommission.
Aus dem früheren Institut für Transurane am Campus Nord des Karlsruher KIT wurde das Joint Research Center JRC der Europäischen Kommission.

Lager am KIT seit Jahren im Rohbau fertig

Das neue Gebäude steht mit seinen zwei Meter dicken Betonwänden im Rohbau seit mehreren Jahren fertig da. Allerdings fehlt der komplette technische Innenausbau. Das Hochsicherheitslager mit Labor ist immer noch nicht einsatzfähig. Unter welchen Umständen brisantes Material im Moment am JRC gelagert wird, ist nicht bekannt.

Neubau Flügel M wird mindestens 131 Millionen Euro kosten

Abgesehen von Sicherheitsbedenken wird der neue Flügel M für europäische Steuerzahler zum Millionengrab. Die ursprünglichen Kosten von 76 Millionen Euro können nach einem Bericht der Europäischen Kommission längst nicht mehr eingehalten werden. Inzwischen ist die Rede von mindestens 131 Millionen Euro Baukosten.

Zur Begründung für die Kostenexplosion wurden in Brüssel verbesserte technische Standards in Sachen Nuklearsicherheit angegeben. Sie hätten sich seit 2016 deutlich verschärft. Hinzu komme die aktuelle Inflation und vor allem deutliche gestiegene Baukosten in Deutschland. Die genauen Kosten will die Europäische Kommission im nächsten Jahr vorlegen.

Wird in Karlsruhe an einer neuen Reaktorgeneration geforscht?

Offen bleibt auch ein weiterer Kritikpunkt der Atomgegner. Dabei geht es um die Forschung an neuen Brennstoffen für Atomreaktoren in sogenannten "heißen Zellen". Nach Informationen der Anti-Atom-Initiative sei diese Forschung aktuell auf Eis gelegt. Die Initiative fragt aber grundsätzlich, warum in Deutschland nach dem Atomausstieg überhaupt noch für neue Atomreaktoren geforscht werden muss.

Das Joint Research Center JRC der Europäischen Union in Karlsruhe ist die Nachfolgerin des früheren Instituts für Transurane auf dem Campus Nord. Die Europäische Kommission bündelt hier ihre zivile Nuklearforschung. Derzeit arbeiten hier rund 450 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

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