Am 11. Juli 2023 verschwindet der 79-jährige Nuh Pektas aus einer Senioreneinrichtung in Bad Rappenau (Kreis Heilbronn). Seit sieben Wochen sucht seine Familie verzweifelt nach ihm. Bislang fehlen auch der Polizei entscheidende Hinweise, um den Mann wiederzufinden.
Wie vom Erdboden verschluckt
Familie Pektas ist mit den Nerven am Ende. Täglich kommen Ehefrau, Brüder, Kinder und Enkel zusammen, geben sich Halt, beraten das weitere Vorgehen und verteilen Fahndungsplakate. Doch langsam setzt Ratlosigkeit ein. Und Entkräftung. Die gesamte Umgebung haben sie abgesucht, Tausende Kilometer weit sind sie gefahren, gehen jedem Hinweis auf Social-Media-Kanälen nach. Doch keine Spur von Nuh Pektas.
Nuh Pektas aus Bad Rappenau ist dement. Zur Tagespflege bringt ihn seine Familie daher häufig in das Seniorenstift am Park. Tochter Herdem Calli macht sich schwere Vorwürfe, dass sie ihren Vater in fremde Hände gegeben hat. Aber auch dem Seniorenstift am Park. In einem unbeobachteten Moment hat der 79-Jährige hier am Vormittag des 11. Juli einen Gruppenraum der Tagespflege verlassen - seitdem hat ihn niemand mehr gesehen.
Seniorenstift weist Vorwürfe zurück
Herdem Calli bleibt mit schmerzvollen Fragen zurück. Wie kann ein Mann aus einer Pflegeeinrichtung verschwinden? Wie kann er unbeaufsichtigt gelassen werden, trotz Kenntnis seiner Demenz?
Das Seniorenstift weist die Vorwürfe zurück. Schriftlich teilt die Geschäftsführung auf SWR-Anfrage mit, der Familie sei vertraglich explizit deutlich gemacht worden:
Es sei allen Beteiligten der Einrichtung wichtig, zu betonen, dass man gedanklich bei Familie Pektas sei und hoffe, dass Nuh Pektas wohlauf gefunden werde, so die Geschäftsführung.
Spur führt zum Bahnhof Bad Rappenau
Daran arbeitet auch das Polizeipräsidium Heilbronn seit den Tagen seines Verschwindens. Mit groß angelegten Fahndungsaktionen durchforsten Ermittler die Gegend. Mantrailer verfolgen Nuh Pektas Spur schließlich bis zum Bahnhof Bad Rappenau. Dort verläuft sie sich. Der 79-Jährige war ohne Geld oder Ausweispapiere unterwegs. Keine der ausgewerteten Überwachungskameras hat ihn erfasst.
Alle Dienststellen in Deutschland sind informiert, so ein Sprecher des Polizeipräsidiums Heilbronn. Doch ohne weitere Hinweise aus der Bevölkerung kämen die Ermittler nicht weiter.
Eine Zahl, die Hoffnung macht
Rund 10.000 Vermisstenfälle gab es in Baden-Württemberg laut Landeskriminalamt allein im vergangenen Jahr. Hoffnung macht die hohe Aufklärungsquote: In fast 99 Prozent aller Fälle tauchen die Vermissten früher oder später wieder auf, knapp die Hälfte bereits nach einer Woche.
Ein kleiner Trost für Familie Pektas, die nach sieben Wochen allmählich die Grenzen des Ertragbaren erreicht hat. Alle beten, dass Nuh Pektas nicht zum statistischen einen Prozent gehört und sie ihn eines Tages wiederfinden - denn am Schlimmsten sei die Ungewissheit.
Das Polizeipräsidium Heilbronn bittet Zeugen, die Nuh Pektas am Dienstag, den 11. Juli 2023, in Bad Rappenau oder Umgebung gesehen haben könnten, von ihm angesprochen wurden oder etwas bemerkt haben, das zur Aufklärung beitragen könnte, sich zu melden. Durch seine Demenz war der Senior wahrscheinlich orientierungslos und verwirrt.