Zentrum für Psychiatrie Weinsberg - Maßregelvollzug

Werden Fluchten wie zuletzt aus Weinsberg künftig seltener?

Bundestag stimmt für Reform des Maßregelvollzugs

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Durch einen unscharf formulierten Paragraphen sind Straftäter in die Kliniken des Maßregelvollzugs gelangt, die dort eigentlich nicht hingehören. Damit soll nun Schluss sein.

Nach der erneuten Flucht eines Patienten aus dem Maßregelvollzug am Zentrum für Psychiatrie (ZfP) in Weinsberg (Kreis Heilbronn), rückt die Sicherheit der Einrichtungen wieder in den Fokus der Öffentlichkeit. Bereits nach dem Ausbruch von vier Straftätern im September 2021 hatte die Klinik eine hohe Überbelegung durch zu viele Einweisungen kritisiert; vor allem von Menschen, die dort nicht unbedingt hingehörten. Das sei ein bundesweites Problem und ein Sicherheitsrisiko für Personal und Patienten.

Bessere Bedingungen als im Gefängnis

Durch den unscharf formulierten Paragraphen 64 des Strafgesetzbuches landeten immer mehr Straftäter in den Entzugskliniken, die zum Beispiel gar nicht suchtkrank sind. Die Bedingungen sind angenehmer als im Gefängnis und die Haftzeit kann sich stärker verkürzen.

Gesetz wird verschärft - Falsche Anreize fallen weg

Am 22. Juni hat der Bundestag nun einer Reform des Gesetzestextes zugestimmt. Die Anforderungen wurden konkretisiert. Außerdem sei die Verkürzung der Haftzeit an die im Gefängnis angeglichen worden, sagte der ärztliche Direktor des ZfP in Weinsberg, Matthias Michel, dem SWR. Baden-Württembergs Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) teilte auf Anfrage schriftlich mit:

"In den Entziehungsanstalten brauchen wir dringend Entlastung, weshalb ich mich seit langem für eine Reform des § 64 StGB einsetze. Ich unterstütze die Reformvorschläge und hoffe, dass der Suchtmaßregelvollzug hierdurch künftig wieder stärker auf Personen ausgerichtet werden kann, die der dortigen Behandlung bedürfen."

Dem Gesetzentwurf muss nun noch der Bundesrat zustimmen. Dies soll am 7.7.2023 passieren.

Klinik in Weinsberg hat aufgerüstet

Nach dem Ausbruch 2021 habe die Klinik in Weinsberg weiter aufgerüstet, sagte Michel. So wurde zum Beispiel die bei der Flucht genutzte Schwachstelle der Fassadenelemente im Flur baulich geschlossen. Ein Element hatten die Flüchtigen damals mit einer Tischplatte aufgedrückt und sich abgeseilt.

Für Sicherheit sorgen aber nicht nur Technik und Bau, sondern vor allem das Personal. Udo Frank ist Experte beim Sozialministerium in Stuttgart. Er sagte dem SWR: "Die Kliniken sind personell ordentlich ausgestattet". Es sei eine Herausforderung, Fachkräfte zu finden. Dies gelinge den Zentren für Psychiatrie aber gut.

Zentrum für Psychiatrie (ZfP) Weinsberg - Maßregelvollzug
Zentrum für Psychiatrie (ZfP) Weinsberg - Maßregelvollzug

Aktuelle Flucht: "keine akute Gefahr für die Bevölkerung"?

Neben Suchtkranken werden im Maßregelvollzug auch psychisch kranke Straftäter (§63 StGB) therapiert. Sie werden dort unter anderem auf ein Leben außerhalb der Klinik vorbereitet. Am 26. Juni war ein 38-jähriger Sexualstraftäter aus der Klinik in Weinsberg geflohen und wenige Stunden später im Raum Ludwigsburg gefasst worden. Wie er entkam, habe der Mann der Klinik mittlerweile verraten, sagte Direktor Michel. Details möchte Michel aus Sicherheitsgründen nicht nennen.

Der Mann war 2003 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt worden und sitzt seitdem im Maßregelvollzug. Während seiner Flucht hieß es: "für die Bevölkerung geht keine akute Gefahr aus". Michel sagte: "Wir kennen den Patienten lange genug, dass wir eine unmittelbare Gefahr ausschließen konnten". Mittel- bis langfristig werde seine Prognose bislang skeptischer eingeschätzt.

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