Für viel Aufregung sorgt derzeit ein Werbespot des Lebensmitteldiscounters Lidl mit Sitz in Bad Wimpfen (Kreis Heilbronn). In zahlreichen Kommentaren auf der Nachrichten-Plattform X, ehemals Twitter, wird dem Unternehmen vorgeworfen, das Thema Altersarmut für Werbezwecke zu missbrauchen. In dem Spot wird eine ältere Frau gezeigt, die Pfandflaschen sammelt. Am Ende spendet sie an einem Pfandautomaten des Discounters ihren Wertbon an die Tafel.
Kritische Kommentare auf der Nachrichten-Plattform X
Es sei "heuchlerisch und zynisch", mit der Armut anderer zu werben, wird in verschiedenen Kommentaren kritisiert. Eine Nutzerin fordert die Marketingabteilung auf, ihr Jahresgehalt an Obdachlose und arme Rentnerinnen und Rentner zu spenden und sich zu entschuldigen. Andere kündigen an, nie wieder bei dem Discounter einkaufen zu wollen. Ein weiterer Kommentar hinterfragt, ob ein Unternehmen, das so viel Gewinn macht, qualifiziert sei, seinen Kunden mit der Moralkeule zu kommen.
"Traurig, aber wahr", der Spot spiegele die Realität, schreibt ein weiterer Nutzer auf der Nachrichten-Plattform. In den Kommentaren ist auch von einer starken Botschaft die Rede, zudem wird die Diskussion um den Werbespot als "billige Empörung" kritisiert.
Die Kritikerinnen und Kritiker wenden sich aber auch an die Politik. Diese sei für die Altersarmut verantwortlich. Es sei eine Schande, dass es Menschen gäbe, die im Alter Pfandflaschen sammeln müssen, um ihre Rente aufzubessern, ist auf X zu lesen.
Diakonie Heilbronn begrüßt Spot
Die Diakonie Heilbronn betreibt in der Region mehrere Tafelläden und ist ebenfalls auf den Werbespot des Discounters aufmerksam geworden. Diakonie-Geschäftsführer Karl Friedrich Bretz begrüßt den Werbespot, da er die zunehmende Armut in der Region Heilbronn und in Baden-Württemberg anspreche. Zudem sei Lidl neben den reinen Warenspenden seit Jahren der größte Unterstützer der Tafeln in Deutschland.
Ohne die Pfandspenden, die von den Kunden über den Discounter weiter gegeben werden, könnte im Heilbronner Land nur noch die Hälfte der Tafeln betrieben werden. Zuletzt habe die Diakonie Heilbronn mit diesen Spenden Kühlaggregate finanziert, da auch in den Tafeln die Kühlkette eingehalten werden muss. Außerdem werden Bretz zufolge unter anderem die Fahrzeuge, mit denen die Warenspenden von den Supermärkten abgeholt werden, oder die Mieten für die Tafelläden finanziert. Der Discounter mache mit dem Spot zwar Werbung für sich, aber auch für die Tafeln, glaubt Bretz und hofft auf wachsende Unterstützung. Denn die Tafeln seien derzeit "wirklich in Not", da die Nachfrage nach den Waren der Tafelläden um etwa die Hälfte gestiegen sei.
Discounter distanziert sich von Kommentaren
Auf Anfrage des SWR distanziert sich der Discounter von den Kommentaren auf der Nachrichten-Plattform X. Als einer der führenden Lebensmitteleinzelhändler in Deutschland verstehe sich Lidl als Teil der Gesellschaft. In diesem Rahmen sei die Partnerschaft mit den Tafeln ein wichtiger Baustein. Anlass des Werbespots sei das Erreichen einer Spendensumme von über 30 Millionen Euro gewesen, die die Kundinnen und Kunden in den letzten 15 Jahren über die Pfandautomaten des Discounters gespendet hätten.