In Bad Mergentheim (Main-Tauber-Kreis) ist eine Eigentümergemeinschaft Anordnungen der Stadt gut zwei Jahre lang nicht nachgekommen. Jetzt müssen rund 80 Mieterinnen und Mieter eines Gebäudes in der Löffelstelzer Straße bis zum 5. November ausziehen. Das Gebäude sei in einem "eklatanten Zustand", schreibt die Stadt in einem Brief an die Mieterinnen und Mieter. der dem SWR vorliegt Es herrsche "Gefahr für Leib und Leben", heißt es darin. Vorwürfe, die Eigentümergemeinschaft habe die Anordnungen der Stadt ignoriert, weist die Hausverwaltung auf SWR-Anfrage zurück.
Wohnblock in Bad Mergentheim weist massive Mängel auf
Der Behörde geht es vor allem um massive Mängel beim Brandschutz. Nach mehreren Feuerwehreinsätzen sah sich die Stadt gezwungen zu handeln. Sie untersagte die Nutzung des Gebäudes bis auf Weiteres. Die Menschen werden in dem Schreiben gebeten, bei Freunden oder Verwandten unterzukommen. Wem die Wohnungslosigkeit drohe, der könne sich an die Stadt für eine befristete Notunterkunft wenden.
Zuerst hatten die Fränkischen Nachrichten über den Fall berichtet, der auch zu Diskussionen in den sozialen Medien geführt hatte. Dort beschreibt eine Userin den verkommenen Allgemeinzustand des Gebäudes. Die Rede ist von monatelang kaltem Wasser, Müll bis zur Decke, keiner Heizung und abgestelltem Allgemeinstrom.
Angespannte Stimmung
Vor Ort ist die Stimmung angespannt; ein Interview zu bekommen nicht einfach. Auch weil nicht alle Bewohnerinnen und Bewohner Deutsch können. Simone Hoffmann wohnt seit eineinhalb Jahren in dem Wohnblock. Sie erzählt uns von den Zuständen im Haus, vom Wasser in den Steckdosen, ihrer Angst vor Brandstiftung, aber auch vom Zusammenhalt untereinander.
So ist beispielsweise der Aufzug außer Betrieb, weil der TÜV abgelaufen ist. Vor allem für die alten und kranken Menschen in den oberen Stockwerken sei das ein großes Problem, sagt sie. Sie hat bereits eine neue Wohnung gefunden, dafür sei sie dankbar. Auch Leonid Koss hat eine neue Bleibe gefunden. Seine Wohnung im Block, in der er seit acht Jahren wohnt, sei verschimmelt, berichtet er, die Waschmaschinen kaputt.
Wohnblock in desolatem Zustand: Stadt sieht sich zu Unrecht am Pranger
Auch die Stadt Bad Mergentheim wird von Userinnen und Usern kritisiert. Die sieht sich allerdings zu Unrecht an den Pranger gestellt. Zu verantworten habe die Situation allein die Eigentümergemeinschaft, sagte ein Sprecher dem SWR. Die Stadt habe handeln müssen, sonst hätte sie sich strafbar gemacht.
Sie sei zum Beispiel in Vorleistung getreten, damit der Allgemeinstrom wieder angestellt wurde. Auch setzte die Stadt einen Sicherheitsdienst zur Brandwache ein, dank der der letzte Brand frühzeitig bemerkt wurde, so der Sprecher weiter.
Hausverwaltung weist Vorwürfe zurück
Die Hausverwaltung schreibt auf SWR-Anfrage, dass die Eigentümergemeinschaft die Anordnungen der Stadt nicht ignoriert habe. Sie habe ein Brandschutzkonzept beschlossen, das auch der Stadt vorliege. Die Umsetzung sei jedoch gescheitert, da die Haupteigentümergesellschaft nicht gezahlt habe. Es liefen entsprechende Gerichtsverfahren. Der aktuelle Sperrmüll im Haus stamme von Mietern, weil die ja zurzeit alle ausziehen müssten. Sonst seien von Mietern abgestellte Gegenstände regelmäßig aus den Fluren und Treppenhäusern entfernt worden. Auch seien Rauchwarnmelder im gesamten Allgemeinbereich des Gebäudes installiert worden.