Dass es nicht nach Heilbronn geht, scheint schon mal klar zu sein - sonst wirft das Bild aber viele Fragen auf. Ein Fahrgast in einer Stuttgarter S-Bahn, mit dabei ein circa zwei Meter langes Schild, wie es an oder auf der Autobahn verwendet wird. Gepostet vom Verkehrsverbund Stuttgart (VVS), dem Kommentar zufolge aufgenommen in der S3, die zwischen dem Stuttgarter Flughafen und Backnang verkehrt.
Nutzer reagieren mit Humor
Der VVS kommentiert das Bild mit einem Verkehrshinweis in eigener Sache und der eher launig angetexteten Bitte, das "Straßenschild wieder zurückzubringen". "Manche Dinge haben aber ihren festen Platz und das ist auch gut so!", schreibt der VVS weiter. Auch die Kommentare aus dem Netz nehmen das Bild mit Humor, es handle sich wohl um eine Dienstfahrt, da immer mehr Behörden statt einem Dienstwagen das Deutschlandticket buchen, schreibt ein User.
Tatsächlich könnte es sich aber auch um einen Diebstahl und damit eine Straftat handeln. Gerade wenn Verkehrsschilder gestohlen werden, hat die Polizei aus Sicherheitsgründen wenig Humor und verfolgt die Straftäter. Möglich ist allerdings auch, dass es sich um ein gefälschtes Bild handelt.
Eine technische Überprüfung des SWR auf der Basis des vorliegenden Bildmaterials ergab: Das Bild ist wohl echt. Ursprünglich wurde es auf dem Instagram-Kanal "Stuttgarter.meme" verbreitet. Allerdings heißt es von dort, dass die Fotografin oder der Fotograf anonym bleiben möchte. Auch findet sich in den Kommentaren auf den VVS-Post auf Facebook ein zweites Foto.
Auch Privatkunden dürfen Verkehrsschilder bestellen
Hendrik Rehm von der Schilderfabrik Seitz in Ludwigsburg lacht, als er von dem Bild hört. Grundsätzlich dürfen auch private Kunden derartige Verkehrsschilder bestellen. Ein "Tempo 30"-Schild, passend zum Geburtstag, das kommt häufig vor, erzählt Rehm. Allerdings weist das Unternehmen die Kunden darauf hin, dass Verkehrsschilder nicht einfach im öffentlichen Verkehrsraum aufgestellt werden dürfen. Dafür braucht es eine verkehrsrechtliche Anordnung.
Selbst auf dem eigenen Grundstück darf das Schild nicht aufgestellt werden, wenn es von außen sichtbar ist. Sonst handle es sich um einen Eingriff in den Straßenverkehr, klärt die Schilderfabrik Kunden, die ein Verkehrsschild bestellen, auf.
Rehm kommt ins Grübeln, er schätzt das Schild auf eine Größe von circa 50 auf 200 Zentimeter. Dass ein Kunde, der einen Bezug zur Autobahn hat, ein solches Schild bestellt, sei möglich, bei ihnen aber noch nie vorgekommen. Er vermutet einen Diebstahl, auch weil ein Schild in dieser Größe - "Profilverstärkt" - wie der Fachmann bemerkt, mindestens 400 Euro koste und damit den üblichen Rahmen für ein Geschenk überschreite.
Polizei hat keinen aktuellen Schilder-Diebstähle registriert
Das Foto aus der S-Bahn zeigt einen "Pfeilwegweiser" gemäß der "Richtlinie für die wegweisende Beschilderung außerhalb von Autobahnen" oder nach "Richtlinie für die wegweisende Beschilderung auf Autobahnen".
Zuständig für die Autobahnen rund um Stuttgart ist das Polizeipräsidium Ludwigsburg. Von dort wird mitgeteilt, dass nach einer ersten Prüfung in ihrem Bereich kein entsprechendes Autobahnschild gestohlen wurde. Allerdings sei die Abfrage im "Lagebildsystem" mit "einigen Unschärfen" verbunden, da es für den "Diebstahl von Verkehrsschildern" keine feststehende und damit leicht zu findende Delikt-Bezeichnung gebe.
Auch die Polizeipräsidien Heilbronn und Stuttgart haben nach vorläufiger Prüfung keine Kenntnis davon, dass ein derartiges Verkehrsschild weg gekommen wäre. Laut dem Polizeipräsidium Heilbronn komme es aber immer wieder vor, dass Verkehrsschilder gestohlen werden. Vermehrt allerdings im Sommer, wenn mehr Menschen zu Fuß unterwegs sind, so die Polizei. Am beliebtesten seien allerdings Ortsschilder. Das sei Diebstahl und werde entsprechend verfolgt. Je nach Schild kommen aber auch Straftatbestände in Frage, wenn durch den Diebstahl wie bei einem "Stop"-Schild die Sicherheit im Straßenverkehr gefährdet wird, so die Polizei Heilbronn.
Autobahnmeistereien vermissen kein Schild
Auch bei den Autobahnmeistereien: Fehlanzeige. Wie die Autobahn GmbH Südwest auf Anfrage mitteilt, wurde auf den Autobahnstrecken im Bereich Heilbronn "kein Schilderdiebstahl festgestellt." Alle Autobahnstrecken würden regelmäßig kontrolliert und dabei auch die Beschilderung überprüft. Dass Schilder auf der Autobahn unbefugt abmontiert werden, komme extrem selten vor und stelle einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr dar.
Da scheinbar kein Schild vermisst wird, zeigt das Bild aus der Stuttgarter S-Bahn wohl doch ein legal erworbenes Schild. Zumindest haben die naheliegenden Stellen aus dem näheren Umkreis, die von einem Diebstahl wissen müssten, keine oder noch keine Kenntnis über einen entwendeten "Pfeilwegweiser". Gut möglich, dass das gut zwei Meter lange Schild doch ein ziemlich kostspieliger Wink mit dem Zaunpfahl ist - vermutlich, damit der Beschenkte den schnellsten Weg nach Hause, nach Heilbronn, nicht vergisst.