Wegen gestiegener Personal- und Energiekosten stehen einige Pflegedienste in Baden-Württemberg vor dem Aus, heißt es aus der Branche. Einer der Gründe: Seit September müssen Pflegekräfte nach Tarif bezahlt werden. Das war zuvor in der häuslichen Pflege nicht immer der Fall. Die Einnahmen der Dienste von den Pflege- und Krankenkassen sind jedoch gleichgeblieben. Um das auszugleichen, wird teils die Zeit pro Hausbesuch verkürzt.
Altenpfleger Ahmad Ayoub aus Stuttgart hat nur wenig Zeit für seine Pflegebedürftigen. Den Spaß an der Arbeit will er sich dennoch nicht nehmen lassen:
Pflegedienste verkürzen Zeiten, um wirtschaftlich zu bleiben
Hatte der Stuttgarter Pfleger Ahmad Ayoub früher noch zehn Minuten Zeit, Medikamente vorzubereiten, sind es jetzt nur noch fünf. Die Arbeit sei oft hart und müsse in immer kürzerer Zeit erledigt werden. Zwar freue er sich, dass er jetzt 14,70 Euro statt 13 Euro pro Stunde bekomme. Andererseits mache er seit Monaten Überstunden, weil er sich für seine Patientinnen und Patienten Zeit nehmen wolle. Er weiß, wie wichtig er für viele der älteren Menschen ist, die oft einsam seien. Umso schlimmer findet er es, dass er jetzt kürzer und seltener bei ihnen sein soll.
Das Stresslevel der Pflegekräfte sei gestiegen, sagt auch Ayoubs Pflegedienstleitung bei "Zuhause leben", Gerda Mahmens. Das sei nicht okay - und dennoch müsse sie auch auf die Wirtschaftlichkeit achten.
Wenn die Löhne steigen, müsse man auch die Sätze für die Pflegedienste und die Bedürftigen anheben, sagt sie. Sonst seien die älteren Menschen die Leidtragenden.
Wie kann die häusliche Pflege besser finanziert werden? Darum geht es auch in dieser Ausgabe von "Zur Sache Baden-Württemberg":
Sozialverband: Finanzierung muss angepasst werden
Es brauche nicht nur Applaus für die Pflegenden, sondern auch eine gute Entlohnung, sagt Thomas Schärer, Geschäftsführer des Sozialverbands VdK. Er ist daher froh, dass es das Tariftreuegesetz gibt. Die Politik müsse jedoch auch dafür sorgen, dass die Finanzierung stimme. Der VdK fordere eine schnellere Anpassung der Sätze.
Immerhin seien die Leistungsbeiträge für Sachleistungen zum 1. Januar 2022 um fünf Prozent angepasst worden, so die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Heike Bahrens. Die aktuellen Kostensteigerungen seien damit natürlich noch nicht berücksichtigt. Wichtig ist aus ihrer Sicht auch, dass die Dienste die gestiegenen Tarifkosten auch mit den Leistungsträgern, also in der Regel den Pflegekassen, verhandeln.