Bei blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein sind am Freitag bei der wohl größten Reiterprozession Europas in Weingarten (Kreis Ravensburg) laut Veranstaltern 1.779 Reiter und Reiterinnen mit ihren Pferden durch die Innenstadt geritten, begleitet von Musikkapellen. Die Polizei schätzte die Zahl der Zuschauerinnen und Zuschauer auf rund 20.000.
Der Blutfreitag verlief nach Angaben der Polizei friedlich und ohne größere Zwischenfälle. Die Rettungsdienste mussten etwa 15 Menschen zwischenzeitlich medizinisch betreuen. Zwei Pferde ohne Reiter seien durchgegangen, konnten aber eingefangen werden. Ein Pferd hatte einen Krampfanfall. Es sei von Tierärzten versorgt worden, dem Pferd gehe es wieder gut.
Der Blutfreitag startete traditionell vor Sonnenaufgang um 4 Uhr mit einer Reitermesse. Im Mittelpunkt des eigentlichen Blutritts steht eine Reliquie, die der Überlieferung nach einen Blutstropfen Jesu Christi enthält. Das goldene, mit Edelsteinen besetzte Gefäß in Kreuzform wird seit über 900 Jahren verehrt und liegt das Jahr über im Altar der Weingartener Barockbasilika.
So sah der Blutritt in Weingarten 2024 aus:
Reliquie soll Blutstropfen Jesu enthalten
Am Blutfreitag trägt sie der Heilig-Blut-Reiter durch die Stadt und über die Felder und Wiesen nahe Weingarten, um diese mit der Reliquie zu segnen. Die Aufgabe übernahm auch dieses Jahr Basilika-Pfarrer Ekkehard Schmid. Die Reliquie wurde ihm gegen 7 Uhr auf dem Areal der Basilika übergeben, die Teil des ehemaligen Klosters Weingarten ist.
Blutreiter wird von Reitern in Frack und Zylinder begleitet
Begleitet wird Schmid, der auch Leiter des Dekanats Allgäu-Oberschwaben ist, von Hunderten Reitern und Reiterinnen in Frack und Zylinder. Während sie auf Feldwegen allein unterwegs sind und bei Zuschauern das Gebet im Vordergrund steht, wurden die Reiter innerorts von vielen Musikkapellen begleitet.
Die Reitergruppen zogen auch am Rathaus der Stadt Weingarten vorbei, auf dessen Balkon die Ehrengäste die Prozession verfolgten. Darunter waren dieses Jahr Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) sowie Bischof Ivo Muser aus Südtirol. Am späten Vormittag folgte auf dem Kloster-Areal eine feierliche Bischofsmesse für die zurückgekehrten Reiter, ein sogenanntes Pontifikalamt.
Der SWR übertrug den Blutritt auch in diesem Jahr drei Stunden lang im Livestream. Es kommentierte der Weingartener Brauchtumsexperte Jürgen Hohl im Gespräch mit SWR-Reporterin Marion Kynaß.
Stadt verfolgt erneut strenges Sicherheitskonzept
Wegen einer etwaigen Anschlagsgefahr setzt die Stadt seit einigen Jahren auf ein strenges Sicherheitskonzept zusammen mit der Polizei. So waren bei der Großveranstaltung auch vier Reiter der Polizeireiterstaffel Stuttgart dabei.
Bei der Überwachung der Veranstaltung kamen laut dem Polizeipräsidium Ravensburg Drohnen zum Einsatz. Zudem waren viele Straßen der Stadt im Bereich des rund zehn Kilometer langen Reiterprozessionswegs gesperrt.
Beginn der Feierlichkeiten schon an Christi Himmelfahrt
Bereits am Donnerstag begannen die Feierlichkeiten mit einer Abendmesse in der Basilika. Die Festpredigt wurde auch auf dem Vorplatz der Basilika übertragen, da meist nicht alle Pilger in der Kirche Platz finden.
Anschließend zogen Hunderte von Gläubigen in einer Prozession mit Kerzen singend und betend zum nahegelegenen Kreuzberg. Auf ihm gibt es 14 Kreuzwegstationen, die das Jahr über zum meditativen Gebet einladen. Zudem blieb die Basilika in der Nacht auf Freitag zum Gebet und zur Meditation mehrere Stunden geöffnet.
Pferde sind auch in Tiefgaragen untergebracht
Weil viele der Blutreiter bereits an Christi Himmelfahrt anreisten, stellte die Stadt Weingarten Tiefgaragen für die Unterbringung der Tiere zur Verfügung. Andere Pferde kamen samt ihren Reiterinnen und Reitern in Privatquartieren unter, etwa auf umliegenden Bauernhöfen. Manche der Blutritt-Teilnehmer reisten auch mit Kutschen an - so wie dies vor 100 Jahren noch viele taten.