Die baden-württembergische Landesregierung hat am Dienstag ihre neue Ernährungsstrategie vorgestellt. Diese soll für besseres Essen in Hochschulmensen, Kliniken und öffentlichen Kantinen sorgen.
Bisher sollen Modellprojekte des Landeszentrums für Ernährung für besseres Kantinenessen sorgen. Der zuständige Minister Peter Hauk (CDU) präsentierte die weiterentwickelte Strategie an der Seite von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).
Hauk: "Müssen Gemüse weiter importieren"
In Bezug auf die Lebensmittelproduktion in Baden-Württemberg kündigte Hauk an, das Land werde auch in Zukunft Gemüse importieren müssen. Denn nur ein Viertel des in Deutschland verkauften Gemüses stamme derzeit aus heimischer Landwirtschaft.
Ähnlich niedrig liege die Quote auch in Baden-Württemberg. Doch in den Regionen, die dafür in Frage kämen, bestehe keine Bereitschaft für eine Ausdehnung des Gemüseanbaus. Laut Hauk werden die dafür benötigten großen Gewächshäuser als Eingriff in die Landschaft wahrgenommen. Beim Schweinefleisch liege die Eigenversorgungsquote des Landes bei 40 Prozent, beim Rindfleisch unter 60 Prozent. Allein beim Getreide herrsche in Baden-Württemberg wie in Gesamtdeutschland Vollversorgung.
Landeskantinen sollen mehr Bio- und regionale Lebensmittel anbieten
Um die Ernährung in den Kantinen zu verbessern, sagte Hauk, solle der bioregionale Anteil verwendeter Lebensmittel "entlang der Nachfrage" erhöht werden. Vorschriften wolle das Land jedoch keine machen, so der Minister. Stattdessen wolle das Land "mit gutem Beispiel vorangehen" und sich mit einer "Kantinenrichtlinie" für landeseigene Kantinen verpflichten, die Nachfrage nach bioregionalen Lebensmitteln zu steigern. Diese Richtlinie solle bis Ende des Jahres zwischen Landwirtschafts- und Finanzministerium abgestimmt werden.
Umsatzsteuer auf Schulessen soll gesenkt werden
Darüber hinaus wolle das Land die Umsatzsteuer auf Schulessen senken und für mehr Aufklärung beim Thema Ernährung sorgen. Zu diesem Zweck will das Landwirtschaftsministerium "Beratungs- und Schulungsangebote für alle Lebenswelten" schaffen. Außerdem soll eine sogenannte Messwoche eingeführt werden, anhand der ermittelt werden soll, weshalb Lebensmittel verschwendet werden.
Bei den Lebensmittelpreisen liege die Inflationsrate im Vergleich zum Oktober 2021 bei 19 Prozent, sagte Hauk. Auf die Frage eines Journalisten, wie das Land auf die Preissteigerungen bei Lebensmitteln reagieren wolle, die den Einzelhandel teilweise in Bedrängnis brächten, antwortete Hauk: "Auch dort wird ein Gewöhnungseffekt eintreten." Andernorts sei es völlig normal, dass man 20 bis 30 Prozent seines persönlichen Budgets für Lebensmittel ausgebe. "Bei uns ist es normal, dass man neun Prozent ausgibt. Wir leben zum Discounter-Tarif - das wird der Vergangenheit angehören", sagte der Minister.
Wie Schulessen aussehen kann, wenn sich Gastronomie-Profis darum kümmern, sehen Sie im Beitrag der Landesschau im SWR Fernsehen:
Nur noch vegetarisches Essen in Freiburg
Zuletzt hatte der Freiburger Gemeinderat mit einem Beschluss für ein Einheitsmenü an Kitas und Grundschulen für Aufsehen gesorgt. In den dortigen städtischen Kitas und Grundschulen sollen Kinder vom kommenden Schuljahr an nur noch vegetarisches Essen bekommen. Dieser Vorschlag hatte viel Kritik geerntet. Zu einer ausgewogenen Ernährung gehöre auch Fleisch, erklärte beispielsweise Verbraucherschutz- und Ernährungsminister Hauk. Eine ausschließlich vegetarische Ernährung als Vorgabe unterstütze das Ministerium deshalb nicht.
Der Naturschutzbund Baden-Württemberg (NABU) hingegen begrüßt den Freiburger Vorstoß. "Ein rein vegetarisches Mensaessen in Kitas und Grundschulen spart Kosten, hilft dem Klima und der Umwelt und unterstützt eine gesunde Ernährung von Kindern", so NABU-Landwirtschaftsexperte Jochen Goedecke am Dienstag in einer Pressemitteilung. Die Kritik von Hauk findet Goedecke "unverständlich". Als Verbraucherschutzminister sei es seine Aufgabe, aus Gründen des Klimaschutzes auf weniger Fleisch zu setzen. In der Wissenschaft ist umstritten, ob und wie viel Fleisch Kinder essen sollten.
Kretschmann: "organisatorische Notwendigkeiten"
Ministerpräsident Winfried Kretschmann erklärte am Dienstag auf Nachfrage, er könne den Beschluss nach der Lektüre eines Briefes des Freiburger Oberbürgermeisters nachvollziehen. Es gehe dabei nicht um Ideologie, sondern um organisatorische Notwendigkeiten. Vorher habe er den Beschluss kritisch gesehen.