Im Streit um die Besetzung des Präsidentenpostens am Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) hat sich der Richterwahlausschuss am Dienstag für Andreas Singer ausgesprochen, den derzeitigen Präsidenten des Landgerichts Stuttgart. Das teilte das baden-württembergische Justizministerium mit. Ressortchefin Marion Gentges (CDU) beabsichtige, ihn Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zur Ernennung vorzuschlagen. Mit welcher Mehrheit Singer gewählt wurde, wurde nicht mitgeteilt. Dies falle unter das Beratungsgeheimnis, so ein Sprecher.
Die Auseinandersetzung zwischen der Justizministerin und der Richterschaft ist einmalig in der Rechtsgeschichte Baden-Württembergs. Nachdem die bisherige OLG-Präsidentin Cornelia Horz im Mai vergangenen Jahres in den Ruhestand gegangen war, wollte Gentges eine Abteilungsleiterin aus ihrem Haus - Beate Linkenheil - zur neuen OLG-Präsidentin machen.
Richterbund: Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz
Der Präsidialrat, der von den Richtern und Richterinnen gewählt wird, hatte dies abgelehnt und sich für den Gegenkandidaten ausgesprochen, den derzeitigen Präsidenten des Landgerichts Stuttgart, Andreas Singer. Dieser ist FDP-Mitglied und war Sprecher des ehemaligen Justizministers Ulrich Goll (FDP). In der Folge klagte Gentges vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart und wurde dafür heftig kritisiert. Der Deutsche Richterbund sprach von einem Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz.
Für Wahl Zwei-Drittel-Mehrheit benötigt
Letztlich wies das Verwaltungsgericht Gentges Klage ab. Da sie keine Rechtsmittel eingelegt hat, entschied nun der Richterwahlausschuss. Dem Gremium aus 15 Mitgliedern gehören sowohl Vertreterinnen und Vertretern der Richterschaft als auch der Parteien aus dem Landtag sowie einer der Anwaltschaft an. Marion Gentges gehört auch dazu, hat aber kein Stimmrecht. Ein Kandidat oder eine Kandidatin braucht eine Zwei-Drittel-Mehrheit.