Mehrere Schülerinnen von hinten, fotografiert in Ailingen (Bodenseekreis). Laut YouGov-Studie beherrschen nur wenige junge Menschen in Deutschland nach eigenen Angaben einen Dialekt.

YouGov-Studie zu Dialekten

"I schwätz koi Schwäbisch": Warum junge Menschen doch Dialekt sprechen

Stand

Die Mehrheit der Deutschen schätzt Dialekte, zeigt eine neue Studie. Viele junge Menschen meinen demnach, sie könnten keinen Dialekt sprechen. Ein Experte meint: das stimmt so nicht.

Egal ob Bairisch, Sächsisch oder Plattdeutsch: Nur wenige junge Menschen in Deutschland beherrschen nach eigenen Angaben einen Dialekt. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Sprachlernplattform Babbel hervor. Einem Sprachwissenschaftler zufolge entspricht das aber nicht der Realität.

Der Studie zufolge sind 95 Prozent derjenigen, die behaupten Mundart zu beherrschen, älter als 24. Insgesamt haben laut Umfrage rund 60 Prozent der rund tausend Studienteilnehmenden einen Dialekt erlernt, mehr als die Hälfte davon ist über 55 Jahre alt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden für die Umfrage um ihre Selbsteinschätzung gebeten.

Experte: Viele nehmen Dialekt nicht wahr

Dass junge Menschen kaum mehr Dialekt sprechen, hält Sprachwissenschaftler Horst Simon allerdings für unwahrscheinlich. Viele würden ihren Sprachgebrauch gar nicht erst als Dialekt definieren, aber dennoch Mundart sprechen. Hierbei spiele auch die ideologische Prägung eine Rolle. "Es kann uncool wirken, Dialekt zu reden. Faktisch tun es die Leute aber", sagte Simon der Deutschen Presse-Agentur. 

Viele Menschen würden nach wie vor mit einer "sehr stark regional geprägten Sprache" aufwachsen und "regional differenziert" reden. Man höre es seinem Gegenüber in der Regel an, aus welcher Gegend die Person stammt. Allerdings ist laut Simon zu beobachten, dass "die extremen Ausprägungen von lokalen Dialekten weniger werden".

Schwäbische Influencer auf Instagram und Tiktok

Dass auch junge Menschen regionale Dialekte schätzen, zeigen zum Beispiel schwäbische Influencer, die auf den sozialen Plattformen Instagram und Tiktok insbesondere mit Videos erfolgreich sind. Darin sprechen sie offen und ungeniert Schwäbisch, meistens mit einem Augenzwinkern. So zum Beispiel Serdar Karibik, der als Dietmar Dieterle schwäbische Comedy-Videos postet. Bei Instagram hat er rund 480.000 Follower. Erfolgreiche "Schwäbfluenzerinnen" sind auch Joy Beck aus Nürtingen (Kreis Esslingen) oder die Newcomerin Diana mit vietnamesischen Wurzeln, die unter anderem mit Videos zu Schwäbisch-Sprachkursen Likes sammelt.

Bairisch: ein attraktiver Dialekt

Bei der Umfrage wurden die Studienteilnehmenden auch gebeten, Dialekte nach verschiedenen Kriterien zu bewerten. So befinden die Befragten Rheinisch als sympathischsten Dialekt. Am attraktivsten gilt Bairisch, während Plattdeutsch mit Eigenschaften wie Intelligenz und Kompetenz in Verbindung gebracht wird. Rund 73 Prozent der Befragten geben zudem an, die Vielfalt der deutschen Dialekte zu schätzen.

Ein Schild mit der Aufschrift in schwäbischer Mundart "Wer vor meiner Garasch parkt, kriegt da Ranza voll".
Allemannisch, Schwäbisch, Fränkisch oder Kurpfälzisch: Baden-Württemberg ist eine Hochburg der Mundarten.

Welche Dialekte werden in Deutschland gesprochen?

Gemessen an der Bevölkerungszahl sprechen laut Umfrage die Befragten in Hamburg, Sachsen und Bayern am meisten Dialekt. Die am häufigsten verbreitete Mundart ist hingegen Plattdeutsch. Der Dialekt wird vor allem im Norden Deutschlands gesprochen und erstreckt sich über mehrere Bundesländer. Dialektsprechende verbinden mit ihrer Mundart laut Angaben der Plattform Babbel vor allem ein Heimatgefühl sowie gefühlte Zugehörigkeit und Nähe. "Wer Dialekt spricht, würdigt die Vielfalt und den Charme der verschiedenen Mundarten und tut dies aus Stolz auf seine Herkunft", erklärt Maren Pauli von Babbel.

In der den Angaben zufolge repräsentativen Onlineumfrage wurden 1.040 Personen deutschlandweit im August 2024 zu ihrer Anwendung und Einstellung gegenüber Dialekten befragt. Die Grundgesamtheit bildete eine Stichprobe der deutschen Bevölkerung, die in ihrem Leben irgendwann einen Dialekt erlernt hat.

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