Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) warnt vor immer größer werdenden Personalproblemen in Baden-Württemberg. "Wir hatten im letzten Jahr erstmals die Situation, dass wir 150 Ausbildungsplätze nicht besetzen konnten", sagte der Landesvorsitzende der DPolG, Ralf Kusterer, am Freitag. Damit sei ein "Negativ-Rekord" erreicht, denn noch nie seien so viele Stellen unbesetzt geblieben. Hinzu komme, das über 20 Prozent der Auszubildenden ihre Ausbildung wieder abgebrochen hätten.
Die Polizei stellt zu mehreren Terminen im Jahr ein. Normalerweise versuche man, die unbesetzten Stellen aus dem Frühjahr im Herbst einzustellen. Diese Verschiebung sei im letzten Jahr nicht gelungen, so Kusterer.
Polizei im Branchenvergleich attraktiver Arbeitgeber
Im bundesweiten Branchenvergleich schneidet die Polizei in Baden-Württemberg nach Angaben des Innenministeriums jedoch relativ gut ab. Berechnungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) für das Jahr 2022 zeigten, dass 30 Prozent der Auszubildenden in Deutschland ihre Ausbildung abgebrochen haben. In Baden-Württemberg hingegen breche nur rund jeder siebte angehende Polizist die Ausbildung ab.
Die Anzahl der Bewerbungen zeige zudem, dass die Polizei zu den attraktivsten Arbeitgebern im Land gehöre: Im vergangenen Jahr hätten sich 4.400 Bewerberinnen und Bewerber auf 1.340 Ausbildungs- und Studienplatzangebote gemeldet, so das Ministerium. Die Hochschule für Polizei in Baden-Württemberg teilte jedoch auf Anfrage mit, dass die Anzahl der Bewerbungen seit 2018 kontinuierlich sinke.
Gründe für Azubimangel: Lieber Schule, statt Ausbildung
Das Innenministerium sieht die Gründe der Personalsituation in mehreren Bereichen. Neben dem demografischen Wandel gebe es einen Trend, nach dem Schüler und Schülerinnen länger auf der Schule blieben.
Kusterer beklagt neben der Ausbildungslage auch die Zahl der Kündigungen von fertig ausgebildeten Polizisten. Fehlende Wertschätzung und wenig Akzeptanz führen laut Kusterer zu einem "hohen Frustrationspotenzial" bei Polizisten und Polizistinnen.
Personalmangel in allen Altersgruppen
Die Polizeigewerkschaft beklagt auch, dass immer weniger Polizeibeschäftigte einsetzbar seien aufgrund von Erkrankungen, Teilzeit oder Elternzeit. "Nach Berechnungen der Deutschen Polizeigewerkschaft fehlen der Polizei trotz erhöhter Einstellungen über 1.000 Streifenwagenbesatzungen", wie es in einer Mitteilung der Polizeigewerkschaft hieß. Dieses fehlende Personal im öffentlichen Dienst gefährde die Demokratie und führe zwangsläufig zu weniger Sicherheit. Dies sei eine "gefährliche Entwicklung".