Bereits mit vier Jahren hatte die kleine Mireille ihren ersten Auftritt vor Publikum. Der Traum, Sängerin zu werden spornte sie an, ihre Stimme zu trainieren. Ihr großes Vorbild war Edith Piaf. Deren Chansons waren es, mit denen Mireille Mathieu Anfang der 1960er Jahre an einigen Gesangswettbewerben - erfolglos - teilnahm. Erst als sie 1964 mit großem Vorsprung siegte, kamen die Dinge in Bewegung.
Ein Tag verändert alles für Mireille Mathieu
Der entscheidende Tag in Mireilles Leben war der 21. November 1965: sie trat in der Fernsehsendung "Télé Dimanche" auf und wurde innerhalb weniger Minuten in ganz Frankreich bekannt. Überall diskutierte man über das Mädchen aus Avignon mit der unvergleichlichen Stimme. Bereits am nächsten Tag machte der Starmanager Johnny Stark mit Mireilles Vater einen Vertrag und vier Wochen später trat sie zusammen mit Sacha Distel im "Pariser Olympia" auf und wurde umjubelt. Bei dieser Gelegenheit wurden auch die Amerikaner auf die kleine Französin aufmerksam und engagierten sie für einen Auftritt in der "Ed Sullivan Show". Eine unvergleichliche internationale Karriere nahm ihren Anfang.
"Martin" war okay, aber die B-Seite...
Auch in Deutschland hatte man Mireille Mathieu im Blick. Der Komponist Christian Bruhn und der Texter Georg Buschor waren schon länger von der Stimme der Sängerin begeistert und boten ihrer Plattenfirma zahlreiche Liedideen an, allerdings ohne Erfolg. Erst 1969 flog Manager Johnny Stark nach München, um sich bei den beiden zwei Lieder anzuhören, die für ein deutsches Schallplattendebüt in Frage kamen. Vom ersten Vorschlag "Martin" war der Manager spontan sehr angetan, jedoch bei Liedvorschlag Nummer zwei blieb die Begeisterung aus. Da eine Schallplatte bekanntlich zwei Seiten hat, musste augenblicklich ein adäquater Ersatz gefunden werden.
Ein kleiner Schwindel rettet die Situation
Den zündenden Einfall in dieser Situation hatte der Texter Georg Buschor, der sich - wenn man so will - eines kleinen Schwindels bediente und spontan voller Überzeugung sagte: "Wir haben doch noch 'Hinter den Kulissen von Paris'". Christian Bruhn erinnerte sich später an die Begebenheit: "Das stimmte zwar, doch wir hatten nur diese eine Zeile." In der Not improvisierte Bruhn, spielte was ihm gerade einfiel und es schien anzukommen. Nach einigen Takten sprang Johnny Stark auf und rief: "C’est ca! Justement! - Das ist es". Damit stand der Deutschland-Premiere von "Mimi" (wie die Künstlerin liebevoll genannt wird) nichts mehr im Wege. Angereichert mit allem, was die Frankreich-Klischee-Kiste hergab, wurde die erste deutschsprachige Single produziert. Die "Angst" vor deutschen Silben war schnell vergessen und der Umsatz stieg auf über 250.000 Exemplaren innerhalb kürzester Zeit.
Die Devise "never change a winning team" bewährte sich auch in diesem Fall: Christian Bruhn und Georg Buschor schrieben noch ein weiteres Jahrzehnt für Mathieu einen Hit nach dem anderen: "An einem Sonntag in Avignon", "Kinder vom Montparnasse", "Paris vor hundert Jahren", "Drei Matrosen aus Marseille" oder "Ganz Paris ist ein Theater".
11.000 Rosen für den "Spatz von Avignon"
Als Mireille Mathieu 1971 im Rahmen ihrer zweiten Deutschland-Tournee ihren damals neuen Titel "Akropolis adieu" vorstellte, erntete der "Spatz von Avignon" damit einen Sensationserfolg. In den 38 restlos ausverkauften Konzerten erhielt sie den meisten Beifall. Die Plattenfirma Ariola, bei der "Mimi" unter Vertrag stand, meldete voller Stolz: Bei 25 Konzerten musste sie dieses Lied zweimal singen, bei 13 sogar dreimal! Ein Triumph, der sich anhand weiterer Zahlen verdeutlichen lässt: Über insgesamt 121.000 Zuschauer lauschten den zusammengerechnet 1.216 Chansons, die sie im Laufe der Tournee sang. Pro Abend gab sie sechs Zugaben und erhielt von ihren Fans zum Dank summa summarum 11.000 Rosen geschenkt.
Die Rose von Monsieur Chevalier
Mireille Mathieus Aufstieg entwickelte sich zu einer der längsten und dauerhaftesten Karrieren im internationalen Showbusiness. So selbstverständlich sie heute Konzerte in aller Welt gibt, so groß war ihr Lampenfieber vor dem ersten Auftritt im Pariser "Olympia". Ein ganz Großer ihres Fachs half Mireille damals, die Nervosität zu überwinden: Maurice Chevalier, der unvergessene Grandseigneur des französischen Chansons. Er mochte die Sängerin vom ersten Augenblick an und spürte ihre Aufregung. Chevalier schenkte ihr eine Rose - für Mireille Mathieu ein Glücksbringer auf Dauer. 1980 setzte sie ihm ein musikalisches Denkmal und sang: "Ich denk’ an Ihre Rose, Monsieur Chevalier…sie hat mir Kraft gegeben, für die Show zu leben".
Im Frühjahr 2016 verstarb ihre geliebte Mutter, was die Künstlerin sehr belastet. "Mama mochte es immer, wenn ich singe. Also muss ich weitermachen - allein für sie. Sie würde ganz sicher nicht wollen, dass ich aufhöre zu singen", äußerte sie damals gegenüber der Zeitschrift "Meine Melodie". Nach wie vor gibt sie Konzerte und geht auf Tournee. Ihre Homepage verrät, dass sie gegen Ende des Jahres in Slowenien und der Tschechischen Republik auftreten wird.
Mireille Mathieu lebt zusammen mit ihrer Schwester Monique in einem Pariser Vorort und fühlt sich wohl. Dazu trägt ihre bewusste Lebensweise mit viel Schlaf und gesunder Ernährung bei. Zudem schöpft sie aus ihrem Glauben Kraft. Sie sei sehr religiös und bete täglich, äußerte sie gegenüber einem französischen Frauenmagazin.
Aktuell wurde zur Freude vieler Fans ihr erstes Album von 1966 neu aufgelegt.
Geboren | 22. Juli 1946 in Avignon |
Jugend | Die unter Legasthenie leidende Mireille verlässt mit 14 Jahren die Schule und arbeitet in einer Papierfabrik. Sie war das älteste von 14 Geschwistern. |
Zahlen | Laut ihrer Webseite hat sie 185 Mio. Schallplatten verkauft, über 1200 Titel in 11 Sprachen gesungen und allein in Deutschland 400 Titel aufgenommen. |
Hits | "La Paloma ade" bleibt ihr einziger Nr.1-Hit in Deutschland |
Markenzeichen | Ihre Pagenfrisur und ihre meist schwarze Kleidung, die auch Markenzeichen ihres Vorbild Edith Piaf war. |