Die Wange sei noch geschwollen, das Sprechen sehr undeutlich lässt uns Marion Maerz wissen, deshalb müsse sie das Interview mit SWR4 Baden-Württemberg leider absagen. Tochter Mascha Litterscheid (43) übernimmt die Kommunikation und erzählt, dass eine schwierige Zahnoperation ihrer Mutter zu schaffen macht. Noch teilen sich die beiden Frauen ein Haus in ländlicher Gegend an der Elbe, doch die Ältere wird demnächst nach Wedel umziehen. Kein Führerschein und ihr ungebrochen starkes kulturelles Interesse, das sind die Gründe "Da wird’s im Alter auf dem Dorf schwierig", hat die Tochter Verständnis. Widerspruch wäre ohnehin zwecklos, denn Marion Maerz hatte schon immer ihren eigenen Kopf, doch ohne den hätte es ihre Karriere auch gar nicht gegeben.
Singen statt tippen
Denn auf der Bühne stehen und singen, das war es, was Marion Litterscheid immer wollte. Davon konnte sie auch die Ausbildung zur Fremdsprachen-Korrespondentin nicht abhalten. Parallel dazu nahm sie an einem Talentwettbewerb teil, holte prompt den zweiten Platz und hatte damit ihren ersten Plattenvertrag. Doch die Debüt-Single "Terry", 1964 unter ihrem bürgerlichen Namen veröffentlicht, schlägt nicht ein.
Das konnte die junge Interpretin aber keinesfalls aufhalten. Zielstrebig suchte sie den Komponisten Christian Bruhn auf, der gerade in Berlin einen Musikverlag mitgegründet hatte. Bruhn bot ihr den Titel "Er ist wieder da" an, in der festen Überzeugung, dass dieser wie kein anderer zu ihr passt. Marion Maerz weiß noch heute: "Ich habe mich sofort in das Lied verliebt."
Im Aufzug mit Paul McCartney
Wenig später stand "Er ist wieder da" in den Geschäften, allerdings als Rückseite der Single. Denn der Plattenboss hatte entschieden, den Titel "Blau, blau, blau" auf der A-Seite zu platzieren. Der Geschmack der Hörer war aber ein anderer, die B-Seite schaffte den Sprung in die Hitparaden und blieb über acht Wochen in den Top Ten.
Auch international machte sich die Newcomerin schnell einen Namen, sie veröffentlichte ihre Titel in verschiedenen Sprachen und produzierte dazu auch im Ausland. Bei Aufnahmen in London, so erinnert sie sich noch genau, kam es im Aufzug der Produktionsfirma zu einer Begegnung mit Paul McCartney, der sich sehr lobend über ihre Musik äußerte.
Als erste deutsche Sängerin wurde "Marion", wie sie sich damals nannte, in den legendären "Beat Club" von Radio Bremen eingeladen und die "Bravo" zeichnete sie 1967 mit dem "Bronzenen Otto" aus. Doch trotz der Erfolge entsprach das Songmaterial nicht ihren Vorstellungen. Sie wollte mehr Chanson und weniger Schlager. Weil sie bei diesem Thema uneins war mit den Verantwortlichen der Plattenfirma, zog sie sich ab 1969 weitgehend von der Bühne zurück.
Zweite Chance, zweiter Name
Sie nahm Schauspiel- und Klavierunterricht und trat erst 1971 wieder ins Rampenlicht. Für das Comeback bekam Marion den Nachnamen Maerz und mit einem Album anspruchsvoller Burt-Bacharach-Kompositionen gleich eine aufsehenerregende Produktion (beides Ideen ihres damaligen Produzenten). Die Kritiker lobten die Neuausrichtung, lediglich das Publikum konnte sich nicht dafür begeistern, die Platte wurde ein Reinfall. Allerdings ist "Seite eins" mittlerweile ein begehrtes Kultobjekt für Schallplattensammler.
Als 1972 "ein Lied für Edinburgh" gesucht wurde, nahm Marion Maerz an der deutschen Vorentscheidung teil, konnte sie sich aber mit "Hallelujah Man" nicht durchsetzen. Klaus Doldinger hatte diesen Titel komponiert und produziert, mit Dr. Michael Kunze, Peter Orloff, Giorgio Moroder und Peter Maffay arbeiteten in den Folgejahren weitere Musikgrößen mit ihr zusammen.
Mama statt Musikerin
Mit ihren hohen Qualitätsansprüchen tat sich Marion Maerz mitunter schwer beim Publikum, so blieb beruflich der große Wurf weiter aus. Privat hingegen war 1975 mit der Geburt ihrer und Frank Elstners Tochter Mascha ein richtiges Glücksjahr. Fortan gilt ihre ganze Aufmerksamkeit dem Nachwuchs und zunehmend nicht mehr der Musik. "Meine beste Freundin" so Mascha Litterscheid spontan auf die Frage nach ihrem Verhältnis zur Mutter. Das mag auch daran liegen, dass Marion Maerz ledig blieb, "weil Sängerinnen starke Frauen sind, vor denen viele Männer Angst haben", so ihre Vermutung.
Erst Anfang der 1990er Jahre meldete sie sich mit Volksmusik in zeitgemäßem Sound zurück. Ergänzend dazu verfolgte sie ihre Karriere als Schauspielerin, stand unter anderem in Köln und in Hamburg in den Musicals "Sekretärinnen" und "Himmel auf Erden" (Vorlage für "Sister Act") auf der Bühne.
Worüber sie noch nie sprach
In ihrer langjährigen Laufbahn hat Marion Maerz viele Höhen und Tiefen des Künstler-Daseins erlebt. Doch immer lobten die Kritiker unisono ihre ungeheure Musikalität und ihre hervorragende Stimme. Vor Jahren liebäugelte sie sogar nochmals mit einer Tournee. SWR4 Baden-Württemberg gegenüber erwähnt sie nun erstmals die überstandene Brustkrebserkrankung, deretwegen sie 2009 diese Pläne aufgeben musste. Mascha Litterscheid, selbst Jazz-Musikerin, möchte die Mutter aber doch noch zu einer neuen Produktion überreden. Vielleicht gelingt ihr das ja beim Spaziergang am Strand von Sankt Peter-Ording. Der Urlaub dort ist das Geburtstagsgeschenk der Tochter, von deren Papa Frank Elstner kommt übrigens jedes Jahr pünktlich ein Blumenstrauß.
Marion Maerz - der Steckbrief
Geboren | 17. August 1943 in Flensburg als Marion Litterscheid |
Hits | Bestplatzierter Titel war "Er ist wieder da", der 1965 Platz 6 erreichte. Weitere Chartplatzierungen erreichte sie zum Beispiel mit "Wir halten zusammen" und "Du gehst fort". |