Der holprige Karrierestart der Edith Zuser
Das Singen bereitete der im österreichischen St. Pölten geborenen Edith Zuser, so ihr bürgerlicher Name, von Anfang an großen Spaß. Doch der Start ihrer musikalischen Karriere gestaltete sich holprig, denn ihr Vater bestand auf einen soliden Beruf. Sie besuchte die Handelsschule, startete eine kaufmännische Ausbildung und arbeitete als Kindergärtnerin und Zahnarztassistentin.
Ein Talentwettbewerb öffnet die Tür zum Musikgeschäft
Zielbewusst füllte sie jede freie Minute mit Gesang aus. Bei ihren Bemühungen im Theaterverein, im Domchor sowie bei allen möglichen Veranstaltungen mit lokalem Kolorit auftreten zu können, wurde sie von ihrer Mutter unterstützt. Im Gegensatz zu ihrem Vater fand diese, dass ihre Tochter auch mit der leichten Muse im Leben Erfolg haben konnte. Zudem nahm sie klassischen Gesangsunterricht in Wien und schließlich öffnete ihr ein Talentwettbewerb des ORF die Türen zum Musikgeschäft.
Beim Sender Linz entstanden ihre ersten Gesangsaufnahmen. Der Orchesterleiter Johannes Fehring wurde auf sie aufmerksam und holte sie nach Wien. Im April 1956 bekam Ditta Zusa, wie sie sich mittlerweile nannte, bei einem Unterhaltungsabend die große Chance: "Ich war an sich gar nicht vorgesehen. Musste damals für Gerhard Wendland einspringen! Ich habe anfangs mit viel Herzklopfen "Andalucia" und "Ganz Paris träumt von der Liebe" gesungen."
Lolitas Stimme führt zu großer Begeisterung
Im Publikum saß der Plattenproduzent Gerhard Mendelson, der von ihrer Stimme so begeistert war, dass er ihr sofort einen Vertrag anbot. Im Dezember machte sie die ersten Aufnahmen unter seiner Regie. Sie sang das Lied "Weißer Holunder", mit dem bereits Gitta Lind einen großen Hit hatte. Für die andere Seite der Single folgte wenig später die Rumba "Ananas", bei der es sich ebenfalls um eine Zweitverwertung handelte. Eine Sängerin namens "Manolita" hatte damit bereits Erfolg.
"Da drückt man mir eines Tages die Belegplatte in die Hand und ich lese auf dem Etikett "Lolita"! Ich wollt's erst nicht glauben, dass ich das sein sollte." Ihr Produzent hatte sich den Namen einfallen lassen - nicht ohne Hintergedanken. Er wollte von der Namensgleichheit mit der bereits etablierten "Manolita" profitieren und der Konkurrenz Kunden abjagen. Anfänglich nahm sie noch parallel einige Platten als "Ditta Zusa" auf. Dazu zählte unter anderem ein Duett mit Jimmy Makulis: "Sieben Berge, sieben Täler" konnte sich ebenfalls in den Hitparaden platzieren.
Der erste große Durchbruch mit "Der weiße Mond von Maratonga"
Der erste große Erfolg gelang mit "Der weiße Mond von Maratonga", der sie 1957 bis auf Platz zwei der Hitparaden katapultierte und sie sogar jenseits der Grenzen populär machte. Außerdem konnte sie das Lied im Film "Blaue Jungs" präsentieren, ohne dabei jedoch im Bild zu sein. Sie lieh ihre Stimme einer Südseeschönheit. Damit war der Startschuss für ihre Karriere auf der Kino-Leinwand gefallen. Bis 1962 sollte sie in mehr als einem Dutzend Musikfilmen mitwirken.
Auf dem Plattenteller boomten Fernweh- und Italienschlager. Als am 15. Dezember 1959 Lolita im Studio in Wien für die Aufnahme zu zwei neuen Titeln eintrifft, soll genau dieser Markt bedient werden. "La Luna", die deutsche Cover-Version des italienischen Hits "Quando la luna" hatte Priorität, denn ihr Produzent Gerhard Mendelson war von der deutschen Adaption überzeugt. Für die B-Seite sah man das etwas schlicht gehaltene Lied "Seemann, Deine Heimat ist das Meer" vor.
Der Seemann und das Meer
Mit dem fertigen Produkt ging Gerhard Mendelson auf Promotiontour. Überall stieß er auf dieselbe Reaktion: "La Luna", der potentielle Hit, wurde "zur Kenntnis genommen". Die B-Seite der Single hingegen löste bei den Rundfunkredakteuren Zustimmung, ja sogar Begeisterung aus und der "Seemann" war eindeutig der Favorit. Dennoch blieb Mendelson bei seiner Einschätzung, die sich schnell als Irrweg entpuppte. Am 6. Februar 1960 wurde "Seemann, Deine Heimat ist das Meer" erstmals in der deutschen Hitparade notiert, verblieb dort 40 Wochen und stieß bis auf Platz 2 vor.
Der Erfolg hierzulande war Motor für die Entscheidung, den Titel in Übersee für die deutschsprachigen Minderheiten in Amerika zu veröffentlichen. Im August 1960 kam die Single dort auf den Markt und fand sogar zur Überraschung aller Eingang in die nationalen Hitparaden. Als der "Seemann" die Top 100 erreichte, kam man auf die Idee, den Titel mit einer englisch gesprochenen Rezitation im Mittelteil des Titels zu ergänzen.
Voller Erfolg im Ausland und Übersee
Lolita landete einen sensationellen Hit und arbeitete sich bis auf Platz 5 in den Billboard Charts vor. Seit 1945 war sie die einzige deutschsprachige Sängerin, der eine solch grandiose Platzierung gelungen war. Spitzenplätze meldeten auch andere Länder: In Norwegen führte sie neun Wochen die Charts an. Selbst in Japan wurde sie in der Hitparade notiert. Die Single erschien ebenso in Ländern wie beispielsweise Südamerika, Kanada oder Neuseeland.
Mit diesem internationalen Erfolg hatte niemand gerechnet. Allein in den USA gingen eine Viertelmillion Exemplare mit dem deutsch gesungenen Titel über die Ladentische. Unterm Strich verkaufte ihre Plattenfirma "Polydor" insgesamt mehr als zwei Millionen Tonträger. Lolita war damit die erste Sängerin, die für eine Million verkaufter Schallplatten in Deutschland eine goldene Schallplatte erhielt. Diese Auszeichnung war bislang nur ihren männlichen Kollegen vorbehalten.
Lolita war die beliebteste Schlagersängerin des Jahres
Anfang 1961 genoss Lolita eine außerordentlich hohe Popularität. Unter anderem kürte sie die Leserschaft der Jugendzeitschrift "Bravo" zur "beliebtesten Schlagersängerin des Jahres". Fanpost aus vielen Ländern der Erde flatterte ihr ins Haus. "Mein TerminkaIender kennt keine weissen Blätter" äußerte sie in einem Interview. Als sie 1963 bei den Deutschen Schlager-Festspielen in Baden-Baden auf der Teilnehmerliste stand, galt sie bei vielen als Anwärterin auf einen der Spitzenplätze. Am Ende erreichte ihr Lied "Da kam Jonny" jedoch nur den 6. Platz.
Ein gesundheitlicher Rückschlag
Wenig später erfuhr ihre Karriere eine jähe Unterbrechung. Bei einem schweren Autounfall erlitt sie ernste Verletzungen, die einen monatelangen Krankenhausaufenthalt nach sich zogen. Innere Kopfverletzungen, Lähmungserscheinungen, zeitweiliger Verlust der Stimme und die akute Gefahr einer Erblindung bereiteten große Sorgen. Sie ließ sich jedoch nicht unterkriegen und im Frühjahr 1964 stand sie erstmals wieder im Aufnahmestudio.
Die Musik im Wandel hin zur Volksmusik
Ab 1965 fand sie in Lotar Olias und James Last neue Produzenten. Trotz der Unterstützung dieser Giganten gelang es nicht, dass Lolita an ihre alten Plattenerfolge anknüpfen konnte. Der Publikumsgeschmack hatte sich gewandelt und so gelangen ihr mit Liedern wie "Ich will leben", "Schmiede Dein Glück" oder "Paradies der schönen Träume" lediglich Achtungserfolge.
Schon in der Vergangenheit hatte sie immer wieder musikalische Ausflüge in die Volksmusik unternommen. Nun konzentrierte sie sich vermehrt auf diese Richtung und konnte damit an alte Erfolge anknüpfen. Als Wirtin in der TV-Sendung "Im Krug zum grünen Kranze" brachte sie Volkstümliches auf die heimischen Bildschirme. Später übernahm sie Moderationsaufgaben beim ZDF und präsentierte zusammen mit Maxl Graf die Sendereihe "Lustige Musikanten".
1976 erhielt sie für die Verdienste um die Pflege deutscher Volksmusik die "Hermann Löns-Medaille". Durch den musikalischen Sprung in die alpenländische Musik ist sie den maritim geprägten Schlagern nicht untreu geworden. Dank ihrer Vielseitigkeit war sie in der Lage, beiden Genres gerecht zu werden. Bis ins neue Jahrtausend hinein war sie immer wieder gern gesehener Gast in einschlägigen TV-Sendungen, wie zum Beispiel dem "Musikantenstadl" oder "Melodie der Meere".
Am 1. Juli 2010 erlag Lolita in ihrer Wahlheimat Großgmain im Bezirk Salzburg-Umgebung im Alter von 79 Jahren einer Krebserkrankung. Mit ihren Liedern schrieb sie Schlagergeschichte und bleibt unvergessen.