- Der Sieg beim Gesangswettbewerb öffnete Milva alle Türen
- "La Rossa" wird zur "Pantera"
- Milva startet eine zweite Karriere abseits des Schlagers
- Brecht und Schlager sind zwei Seiten desselben Berufs
- "La Rossa" fühlt sich Deutschland sehr verbunden
- "Hurra, wir leben noch" wurde eines ihrer populärsten Lieder
- Die Sängerin verabschiedet sich von der Fernsehbühne
- Rekordhalterin beim Sanremo-Festival
Maria Ilva Biolcati war 16 Jahre jung, als aus ihrer Leidenschaft zu singen plötzlich eine große Verantwortung wurde. Ihr Vater verlor durch einen schweren Autounfall und geschäftliche Fehlentscheidungen seine ganze Habe. Plötzlich musste sie mit ihrem Gesang den Familienunterhalt mitfinanzieren. Zuvor hatte sie zu allen möglichen Anlässen wie Hochzeiten, Geburtstagen und beim Gottesdienst gesungen. Jetzt trug Milva, wie sie sich später nannte, zusätzlich in den Tanzlokalen von Bologna Schnulzen vor.
Der Sieg beim Gesangswettbewerb öffnete Milva alle Türen
Der Anfang ihrer Karriere war mühsam. Milva begann sogar, ihren Gesang zu hassen, der ihr vom Schicksal aufgezwungen schien. Die Wende kam 1959, als die italienische Rundfunk- und Fernsehgesellschaft RAI einen Gesangswettbewerb ausschrieb. Mehr als 7.000 Bewerbungen gingen ein und das Publikum sollte per Postkarte entscheiden, wer der oder die Beste sei. Milva nahm daran teil und wurde Siegerin. Die RAI nahm sie unter Vertrag und zahlte ihr ein festes Monatsgehalt. Sie erhielt noch dazu Gesangsstunden und Schauspielunterricht.
"La Rossa" wird zur "Pantera"
Der Durchbruch kam 1961 beim bekannten Sanremo-Festival in Italien. Ihr explosiver Interpretations-Stil brachte Milva den Beinamen "La Pantera" ("Die Pantherin“) ein. Wegen ihrer Haarfarbe und ihrer politischen Gesinnung wurde sie auch gerne "La Rossa" (die Rote) genannt. Italienische Schallplattenkritiker kürten sie zur "besten Sängerin des Jahres".
Bereits ein Jahr später stand sie zusammen mit Gina Lollobrigida zum ersten Mal für einen Film vor der Kamera. In dieser Zeit lernte Milva den Regisseur Maurizio Corgnati kennen. Er sollte für ihren weiteren Lebensweg von entscheidender Bedeutung sein. Der Regisseur kritisierte sie, machte sich über sie lustig und verliebte sich in sie. Wenige Monate später standen die beiden vor dem Traualtar.
Milva startet eine zweite Karriere abseits des Schlagers
Die Sängerin und der Regisseur war ein vollkommen gegensätzliches Paar: Milva verkörperte noch das typische Provinzmädchen mit hochtoupiertem Haar, schwarzumrandeten Augen und stark geschminkten Lippen. Maurizio Corgnati war hochgebildet und einige Jahre älter als seine Frau.
Corgnati spielte seiner Frau klassische Musik vor und machte sie mit Protestsongs, Gospels und Spirituals bekannt. Damit wurde der Grundstein zu ihrer "zweiten Karriere" abseits der Schlagerwelt gelegt. Auf Anregung ihres Mannes sang Milva schließlich auch Lieder von Bertolt Brecht. Brecht war ein berühmter deutscher Dichter, der viele Gedichte, Bücher und Theaterstücke wie zum Beispiel "Die Dreigroschenoper" geschrieben hat.
Brecht und Schlager sind zwei Seiten desselben Berufs
Milva und Bertolt Brecht war eine Art "Liebe auf den ersten Blick". Sie kannte die armen Verhältnisse, die in Brechts Werken eine große Rolle spielen, allzu gut. Niemand könnte diesen Charakteren aus der Unterwelt besser Leben einhauchen. Sie identifizierte sich mit seinen Liedern, die für sie ein Stück Jugend aufleben ließen.
"La Rossa" fühlt sich Deutschland sehr verbunden
In Deutschland war Milva schon früh präsent: "Es verbindet mich sehr viel mit diesem Land. Mit einem Deutschen, Bertolt Brecht, begann für mich meine zweite Karriere. Meine Konzerte, TV-Auftritte und die in deutscher Sprache gesungenen Platten haben mich dem Land sehr nahe gebracht." Sie eröffnete 1975 die Berliner Festwochen mit Brecht-Liedern und ein Jahr später sah man sie in der TV-Show "Milva, was möchten Sie singen?", in der es hauptsächlich darum ging, ihre stetige Entwicklung zu dokumentieren.
"Hurra, wir leben noch" wurde eines ihrer populärsten Lieder
Dass sie auch mit der leichten Muse stets auf der Höhe der Zeit blieb, dokumentieren einige Produktionen, die sie mit erfolgreichen Rock- und Popkünstlern erarbeitete. Hierzu zählt "Hurra, wir leben noch", das zu einem ihrer populärsten Lieder wurde.
Ihr Auftritt in der legendären "ZDF-Hitparade" ist unvergesslich, denn gegen Ende passierte Milva ein Missgeschick: Ihren leidenschaftlichen Gesang unterstrich sie mit entsprechenden Gesten. Hierbei rutschte ihr das Mikrofon aus den Händen, Die Sängerin rettete die Situation, indem sie reaktionsschnell nach dem Kabelende griff. Unberührt setzte sie ihren Live-Gesang fort. Ein wahrer Profi!
Die Sängerin verabschiedet sich von der Fernsehbühne
Hierzulande zeigte sich Milva 2012 letztmalig im Fernsehen. Davor hatte sie sich bereits aus gesundheitlichen Gründen ins Privatleben zurückgezogen. Die Trägerin des Bundesverdienstkreuzes kann auf eine Erfolgsbilanz mit vielen Höhepunkten zurückblicken: Dazu zählen auch die Ernennungen zum Ritter der Ehrenlegion und zum Offizier des "Ordre des Arts et des Lettres" sowie die Verleihung des Titels "Kommandeur des Verdienstordens der Italienischen Republik".
Rekordhalterin beim Sanremo-Festival
Am 17. Juli 2019 feierte Milva ihren 80. Geburtstag. Deshalb erschien im selben Jahr unter dem Titel "Il mare nel cassetto" eine Doppel-CD mit 50 Aufnahmen der Jahre 1960 bis 1962. Mit dem titelgebenden Lied hatte sie 1961 ihr Debüt beim berühmten Sanremo-Festival in Italien gegeben. Bis 2007 war sie insgesamt 15 Mal mit von der Partie und stellte damit einen Rekord in der Geschichte des Song-Wettbewerbs auf.
Am 23. April 2021 starb Milva im Alter von 81 Jahren nach langer schwerer Krankheit.
Die wichtigsten Fakten aus Leben und Karriere von Milva
Geboren am | 17. Juli 1939 in Goro als Maria Ilva Biolcati |
Gestorben am | 23. April 2021 in Mailand |
Familie | verheiratet mit Maurizio Corgnati, 1963-69 Tochter Martina, geboren 1963 |
Erster Künstlername | Sabrina |
Erste Schallplatte | "Le Rififi" unter ihrem bürgerlichen Namen, 1958 |
Auszeichnungen (Auswahl) | Goldene Gondel (Italien) Preis der deutschen Schallplattenkritik Goldene Stimmgabel (Deutschland) |
Bühnenwerke (Auswahl) | "Lulu" von Frank Wedekind (Titelrolle) "Die Fledermaus" von Johann Strauss, Sohn (Prinz Orlofsky) "Die sieben Todsünden der Kleinbürger" von Kurt Weill und Bertolt Brecht (Anna) |
Erfolgreichste Hits (Auswahl) | "La filanda" (1971) "Zusammenleben" (1978) "Freiheit in meiner Sprache" (1979) "Non pianger più, Argentina" (1977) "Wenn der Wind sich dreht" (1988) |
Autobiografie | "Milva - L’ultima diva" (in italienischer Sprache) |