Filmlegende

Casablanca - der Kult-Film und sein Kult-Lied

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Autor/in
Hans-Jürgen Finger
Hans-Jürgen Finger

"Ich seh' Dir in die Augen, Kleines" - ein Satz der Kopf-Kino in Gang setzt. Der Filmklassiker "Casablanca" mit Ingrid Bergman und Humphrey Bogart wurde vor 75 Jahren uraufgeführt. Das Lied "As time goes by" schrieb Musikgeschichte.

Humphrey Bogart als Richard 'Rick' Blaine und Ingrid Bergman als Ilsa Lund Laszlo blicken sich in dem Filmklassiker "Casablanca" von 1942 tief in die Augen
Humphrey Bogart und Ingrid Bergman blicken sich in "Casablanca" tief in die Augen

"Casablanca" - das sind Ingrid Bergman, Humphrey Bogart und das Lied "As time goes by". Die Liebesgeschichte in den Wirren des Zweiten Weltkriegs, erlebte am 26. November 1942 - vor genau 75 Jahren - ihre Uraufführung. Der Kinostart von Michael Curtiz‘ legendärem Filmklassiker verlief enttäuschend. Doch dem Erfolg half wenige Wochen später ein welthistorisches Ereignis auf die Sprünge: In Casablanca trafen sich die Staatsoberhäupter der Anti-Hitler-Koalition zu einer Konferenz. Die Produktionsgesellschaft Warner Brothers konnte sich freuen, denn danach wurde der Film zum Publikumsmagnet und zu einem Kino-Klassiker, der mit drei Oscars ausgezeichnet wurde.

Die Musik zu dem Film schrieb Max Steiner - allerdings mit einer Ausnahme: "As time goes by". Im Original stammte der Song aus der Feder von Hermann Hupfeld. Der arbeitete in den 1920er und 1930er Jahren ziemlich erfolglos als Komponist und Bühnenautor am New Yorker Broadway. 1931 erdachte er für sein Musical "Everybody’s welcome" jenes Lied, welches von der Schauspielerin Frances E. Williams, die aus einer ganzen Reihe von Marx-Brothers-Filmen bekannt war, auf der Bühne erstmals gesungen wurde.

Durchbruch in Bing Crosbys Radioshow

Wie etlichen seiner Werke erging es auch "Everybody’s welcome" - nach 139 Vorstellungen senkte sich der Bühnenvorhang endgültig und das Stück war bald vergessen. Allerdings notierten die Kritiker, dass in der Show auch ein sehr schönes melodisches Lied vorkomme. Dies blieb auch bei den Musikschaffenden nicht unbemerkt. Der zu dieser Zeit sehr populäre Sänger Rudy Vallée nahm "As time goes by" erfolgreich auf Schallplatte auf und Bing Crosby sang den Titel im Rahmen seiner Radioshows. Auf diese Weise wurde der Song rasch bekannt.

Vom Song zum Bühnenstück

Filmgegisseur Michael Curtiz
Michael Curtiz, der Regisseur von "Casablanca"

Darüber hinaus nahm Frances E. Williams, die das Lied auf der Bühne aus der Taufe hob, eine Version für die Schallplatte auf. Genau diese Fassung fand großes Interesse bei dem Drehbuchschreiber Murray Burnett. Er liebte diese Aufnahme über alles, so dass er Jahre später ein Bühnenstück rund um sein Lieblingslied verfasste und es mit "Everybody comes to Rick’s" betitelte.

Vom Bühnenstück zum Film

Inspiration für das Buch hierzu erhielt Burnett 1938 auf einer Reise nach Wien. Er war fassungslos über die dortigen Aktivitäten der Nazis. Auf seiner Rückreise machte er Halt in einer Bar in Frankreich, in der er auf ein exotisches Klientel traf. Dort spielte auch ein Farbiger zur Unterhaltung der Gäste am Klavier. Zurück in New York verarbeitete er diese Impressionen zusammen mit der Autorin Joan Alison in einem Stück, dessen Handlung er in Nordafrika ansiedelte.

Warner Brothers kaufen die Rechte

Am Broadway interessierte sich niemand für diesen Stoff. "Zu politisch und zu anzüglich" lautete das Urteil. Stattdessen wurde Hollywood darauf aufmerksam und Murray Burnett verkaufte die Rechte an dem Werk für 20.000 Dollar an die Filmgesellschaft Warner Brothers. Eine unglaubliche Summe in Anbetracht der Tatsache, dass das Stück von unbekannten Autoren stammte und darüber hinaus niemals aufgeführt worden war.

Filmplakat aus dem Jahr 1942 zu "Casablanca"
Filmplakat aus dem Jahr 1942 zu "Casablanca"

Drehbeginn im April 1942

Die Filmbosse änderten an dem Buch nur wenig und auch die Idee, dem Lied "As time goes by" eine zentrale Rolle einzuräumen, blieb bestehen. Unter dem Titel "Casablanca" starteten Ende April 1942 die Dreharbeiten. Keiner der daran Beteiligten hatte zu diesem Zeitpunkt die leiseste Ahnung davon, welcher Erfolg sich einstellen würde. Das Drehbuch wurde tagtäglich umgeschrieben und niemand wusste, wie der Film enden sollte. Doch am Ende fügte sich alles perfekt zusammen. Viele Kritiker halten "Casablanca" für den besten Film aller Zeiten. Seine Handlung bietet einerseits eine bewegende Romanze, andererseits eine spannende politische Geschichte mit kriminalistischem Einschlag. Die Musik ist emotional berührend.

Sam, der Barpianist

Das Drehbuch schrieb folgenden Ablauf vor: Wenn Ilsa (Ingrid Bergman) zum ersten Mal in Ricks (Humphrey Bogart) Bar kommt, soll sie den schwarzen Klavierspieler Sam auffordern, "As time goes by" zu spielen. Die Rolle des Barpianisten war mit Arthur 'Dooley' Wilson besetzt, der bis zu diesem Zeitpunkt nur ein mäßig erfolgreicher Musical-Darsteller war. "Sam" sollte die Rolle seines Lebens werden.

Musikalisches Leitmotiv

Obwohl "As time goes by" nie komplett im Film zu hören war - mal spielte Wilson es nur am Klavier oder sang einen kurzen Auszug daraus - wurde es zum Leitmotiv des ganzen Films. Dabei wollte der Soundtrack-Komponist Max Steiner ursprünglich das Lied gegen ein eigenes ersetzen. Allerdings war es nicht möglich, die Szenen mit Ingrid Bergman, in denen das Lied vorkam, neu zu drehen - sie war nicht verfügbar. So arrangierte sich Steiner mit dieser Tatsache und maß "As time goes by" die Bedeutung zu, wie es Murray Burnett in seiner Vorlage vorgesehen hatte.

"A kiss is just a kiss"

Mit dem Film trat auch "As time goes by" den Siegeszug um die Welt an. Nicht nur in "Casablanca" spielte es eine Rolle. Später begegnete man dem Lied nochmals, wie 1972 in Woody Allen’s Komödie "Mach’s noch einmal, Sam" oder 1993 in dem Kassenschlager "Schlaflos in Seattle" mit Meg Ryan und Tom Hanks in den Hauptrollen. Es gibt wohl auf der ganzen Welt keine Pianobar, in welcher diese Melodie nicht erklingt. "You must remember this, a kiss is just a kiss, a sigh is just a sigh…" wurde in viele Sprachen übersetzt. Die Liste der Sängerinnen und Sänger, die das Lied in ihrem Repertoire und auf Schallplatte aufgenommen haben ist lang - die Anzahl der verschiedenen Versionen nahezu unzählbar. Eine kleine Auswahl zeigt unsere Bildergalerie.

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