Das kurze Leben der Filmschauspielerin und Sängerin

"Over the Rainbow" - Judy Garland wäre 100 Jahre alt

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Autor/in
Hans-Jürgen Finger
Hans-Jürgen Finger

Judy Garland lebte für die Bühne. Ihre Karriere und ihr Privatleben waren ein Auf und Ab und endeten zu früh. Der Stoff aus dem Legenden sind.

Showbusiness im Blut

1922 wurde Judy Garland als Frances Gumm in die Familie eines Kinobetreibers geboren. In den Filmpausen durfte sie schon als kleines Mädchen mit ihren beiden älteren Schwester vor dem Kinopublikum auftreten. Nach einer Abendvorstellung an Weihnachten 1924 musste ihr Vater die zweijährige Frances von der Bühne tragen, die ihr "Jingle Bells"-Solo nicht beenden wollte.

Die drei "The Gumm Sisters" hatten gemeinsam erste Bühnenerfolge und die jüngste Schwester Frances wurde bald zum Publikumsliebling. Moderator George Jessel schlug den neuen Nachnamen "Garland“ vor. 1934 lieferte der Song "Judy“ den passenden Vornamen. So wurde aus Frances Gumm die Entertainerin "Judy Garland“.

Beginn der Karriere als Kinderstar

1935 nahm "Metro-Goldwyn-Mayer“ (MGM) die junge Judy Garland unter Vertrag. Ihre Karriere nahm an Fahrt auf, als sie im Februar 1937 auf der Geburtstagsparty von Clark Gable das Lied "You made me love you“ mit einem speziellen Text ("Dear Mr. Gable“) sang. Dieses Lied verschaffte ihr so viel Aufmerksamkeit, dass es in den Film "Broadway Melody of 1938“ eingebaut wurde. Der Filmauftritt geriet zur Sensation.

Plattencover Judy Garland MGM
Viele ihrer Hits aus der MGM-Ära bündelte eine Best-Off-Platte. Das Titelfoto stammt aus dem fröhlichen Tanzfilm "Osterspaziergang" ("Easter Parade").

Der Mega-Erfolg "Over the rainbow“

Nun ging alles Schlag auf Schlag und Judy Garland stand für eine Vielzahl von Filmen vor der Kamera. "Vorhang auf für Judy" ("Everybody sing“) von 1938 war der erste Film, der komplett auf sie zugeschnitten war. Es folgte eine ganze Serie an der Seite von Mickey Rooney.

Von Oktober 1938 bis März 1939 arbeitete die 16-jährige am Märchenfilm "Der Zauberer von Oz“ ("The wizard of Oz“), in dem sie das Waisenmädchen Dorothy Gale verkörperte. Eigentlich galt Judy Garland bereits als zu alt und ihre äußere Erscheinung war nur schwer mit den Anforderungen der Rolle in Einklang zu bringen. MGM gab sich die größte Mühe, um ein unschuldiges und mädchenhaftes Image zu schaffen. Es wurden zierliche Kleidchen entworfen, Judys Haare zu Zöpfen geflochten und sogar ihre Brüste eingebunden, um eine kindliche Anmutung zu kreieren.

Szenenfoto aus "Der Zauberer von Oz"
Szenenfoto: Bert Lahr, Jack Haley, Judy Garland und Ray Bolger in "Der Zauberer von Oz".

Im Film wird Judys Figur Dorothy von einem Wirbelsturm in das magische Land von Oz geweht, welches am anderen Ende des Regenbogens liegt. Dort singt sie wehmütig das Lied "Over the rainbow“, das zu ihrer Erkennungsmelodie werden sollte. Hier finden Sie die deutsche Übersetzung des Textes. Fast wäre die Szene wegen ihrer Länge gestrichen worden, doch man sah glücklicherweise von der Kürzung ab. Der Song ging um die Welt, verkaufte sich millionenfach und wurde oft gecovert. 1940 erhielten die Komponisten Harold Arlen und Edgar Harburg den Oscar für den "Besten Song“, Judy Garland gewann den "Juvenile Award“, den damaligen Oscar für Jungschauspieler.

Was meine Gefühle zu "Over the rainbow“ betrifft, so ist es Teil meines Lebens geworden. Das Lied ist so symbolisch für all‘ meine Träume und Wünsche, dass ich mir sicher bin, dass Menschen deshalb manchmal Tränen in die Augen bekommen, wenn sie es hören.

Plattencover "The Best of Judy Garland"
Auf dem Doppelalbum "The Best of Judy Garland" erschienen ihre größten Erfolge noch einmal. Sie waren davor größtenteils noch auf zerbrechlichen Schellack-Platten auf den Markt gekommen.

Der Hollywood-Ruhm und seine Schattenseiten

Nach diesem bahnbrechenden Durchbruch folgten viele Filmprojekte: darunter 1944 der Kassenschlager "Meet me in St. Louis“. Das Werk erhielt vier Oscar-Nominierungen, unter anderem für "The Trolley Song“, den Judy Garland sang. Wieder musste sie, bereits 22 Jahre alt, einen Teenager verkörpern. Hierzu willigte sie erst ein, nachdem sie den Regisseur des Films, Vincente Minelli, kennengelernt hatte. Nach den Dreharbeiten wurden sie ein Paar und heirateten. 1946 kam Tochter Liza Minelli zur Welt.

Doch der Ruhm hatte seine Schattenseiten, der Leistungsdruck war enorm. Schon seit Jahren hatte sie gegen Müdigkeit am Filmset Medikamente erhalten. Damit sie am Ende des Drehtages wieder zur Ruhe kam, nahm sie Schlaftabletten. Um ihre Figur zu halten bekam sie Amphetamine. Diese Abwärtsspirale führte zu einer chronischen Drogen- und Tablettenabhängigkeit.

Trotz gesundheitlicher und psychischer Probleme setzte sie ihre Arbeit unvermindert fort. Nach den Dreharbeiten zu "Osterspaziergang" ("Easter Parade“) mit Filmpartner Fred Astaire verschlechterte sich 1948 ihr Gesundheitszustand dramatisch. Ihre Depressionen führten zum ersten von mehreren Selbstmordversuchen.

Ich habe gehört, wie schwierig es ist, mit Judy Garland zusammen zu sein. Aber wissen Sie, wie schwierig es ist, Judy Garland zu sein? Und dass ich mit mir lebe? Ich musste es tun - und was für ein unfreundlicheres Leben kannst Du Dir vorstellen als das, das ich gelebt habe?

Nach dem Aufenthalt in einem Sanatorium stand sie bald wieder vor der Kamera. Allerdings gestaltete sich die Arbeit mit ihr zunehmend schwierig. Mehrmals musste sie während der Dreharbeiten ersetzt werden. Schließlich hatten die Filmproduzenten genug und kündigten die Zusammenarbeit. Daraufhin besann sich die finanziell klamme Künstlerin auf ihre Wurzeln und startete eine neue Bühnenkarriere.

Ein rauschendes Bühnencomeback

Im "Londoner Palladium“ gelang ihr 1951 ein fulminantes Comeback. Einige Monate später brach sie in New York alle Kassenrekorde und 1956 war sie, mit einem Wochengehalt von 55.000 Dollar, die bis dato bestbezahlte Entertainerin in Las Vegas.

1954 gelang ihr auch der Neuanfang auf der Kinoleinwand. Sie spielte in "Ein neuer Stern am Himmel" ("A star is born“) eine Bühnenkünstlerin auf dem Weg zum Star. Diese Arbeit galt als ihre erfolgreichste Rolle im Erwachsenenalter und brachte ihr eine Oscar-Nominierung ein. Eine weitere Nominierung erhielt sie für ihre Rolle in "Das Urteil von Nürnberg" ("Judgement at Nuremberg“) aus dem Jahr 1961. Im April desselben Jahres gab sie in der New Yorker "Carnegie Hall“ ein legendäres Konzert, welches in die Geschichte des Showbusiness einging. Auch nach der 24. Nummer des Abends verlangte das Publikum mit tosendem Applaus weitere Zugaben.

1962 bekam die Künstlerin mit der "Judy Garland Show" ihre eigene erfolgreiche TV-Show. Zudem gab sie immer wieder Konzerte zusammen mit ihrer Tochter Liza Minelli.

Plattencover Judy Garland "Best of Capitol Years"
Acht Monate vor ihrem legendären Konzert in der Carnegie Hall in New York hat sie dieses in gewisser Weise in den Londoner EMI-Studios mit dem Orchester Norrie Paramor geprobt. Diese CD beinhaltete einige dieser dort entstandenen Aufnahmen.

Der Vorhang fällt

Neben all ihren Erfolgen kämpfte sie fortwährend gegen die Alkohol- und Drogensucht an. Nachdem sie ihr Leben lang Millionen Menschen begeistert hatte, starb Judy Garland am 22. Juni 1969 mit nur 47 Jahren an einer Überdosis Barbituraten.

Ich glaube, die Leute haben ihre Arme um mich gelegt, als ich ein Kinderstar war und haben sie dort belassen, selbst als ich mich in Schwierigkeiten befand.

Wissenswertes über Judy Garland

geborenals Frances Ethel Gumm am 10. Juni 1922 in Grand Rapits, Minnesota
verstorbenam 22. Juni 1969 in London
FamilieSie war fünfmal verheiratet und brachte drei Kinder zur Welt.
posthume Auszeichnungen1997 wurde Judy Garland mit dem "Grammy Lifetime Achievement Award“ ausgezeichnet. Ein Jahr später wurde ihr Album "Judy at Carnegie Hall“ in die "Grammy Hall of Fame“ aufgenommen.
"Over the Rainbow"Sie galt in den 1950er- und -60er Jahren als Ikone der schwulen Community. Diese Fangemeinde hat sie immer anerkannt, auch zu der Zeit, als Homosexualität noch diskreditiert wurde. Ihr Lied "Over the Rainbow“ soll zur Regenbogenfahne inspiriert haben.
Filmbiografie2019 wurde ihre Lebensgeschichte mit Renée Zellweger in der Titelrolle verfilmt. Für "Judy" erhielt Zellweger einen Oscar als beste Hauptdarstellerin.

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