Ilja Richter und seine ZDF-Sendung "disco"
Am 13. Februar 1971 hatte die "disco" (so die offizielle Schreibweise des ZDF) Premiere und fortan war alles, was im Entertainment Rang und Namen hatte, in der monatlichen Show zu Gast. Darunter nicht nur Stars der Musikbranche, sondern auch viele Größen aus Film, Fernsehen und vom Theater. Pop und Comedy lautete das Konzept der Sendung. Mehr über "disco" und Musik aus der Sendung hören Sie in unserem Beitrag bei "Selten aber super" über die Fernsehsendung.
Was interessiert Sie am meisten?
Fan von altmodischen Filmen und Chansons
Seine Rückkehr zum Theater
Ilja Richters Verhältnis zu seinen Eltern
So wichtig war Ilja Richters Mutter für seine Karriere
Mit Kinderrollen raus aus der Armut
Heidi Brühl war Ilja Richters erste große Liebe
Vom Theater zum Film
Ilja Richter als Deutschlands jüngster Moderator
Sein großes Vorbild Rudi Carrell
Ilja Richters Verehrung für Theo Lingen
Die vielen Seiten des Ilja Richter
Ilja Richter und Marianne Rosenberg
Sein Sohn Kolja Richter
Steckbrief von Ilja Richter
Ilja Richter, der sich eher als Schauspieler denn als Moderator sah, sorgte mit Sketchen zwischen den Musiktiteln für Auflockerung. Wie man heute weiß, hatte er viele dieser komödiantischen Einlagen zusammen mit seiner Mutter erdacht.
Fan von altmodischen Filmen und Chansons
Ilja Richter hob sich von seiner Generation ab. Er wirkte mit seinen gespreizten Manieren und durch sein Outfit mit Anzug und Krawatte bisweilen fremd inmitten seines Publikums. Dies war von ihm so gewollt, denn mit dem Musikprogramm konnte er sich nicht identifizieren. Seine Vorlieben lagen bei altmodischen Filmen und Chansons der 1920er und 1930er Jahre. Diesem Faible kam er ausgiebig in den dargebotenen Sketchen nach.
Ilja Richter kehrt zum Theater zurück
Gerade diese Gegensätze einten das Fernsehpublikum und aus der eigentlichen Jugendsendung wurde ein Familienprogramm. Zwei Tage vor seinem 30. Geburtstag, am 22. November 1982, lief die letzte Ausgabe seiner "disco". "Ich hab' die Glitzerkugel abgeschnitten und spielte damit Fußball", sagte er in einem Interview.
Nach 133 Ausgaben wandte er sich seiner eigentlichen Leidenschaft zu und kehrte zum Theater zurück. Zwischen Boulevard und ernsten Rollen etablierte er sich als singender Vollblutschauspieler.
So prägten ihn seine Eltern
Dass er auf der Bühne landete, war nicht sein, sondern das Bestreben seiner Eltern. Sie prägten auch sein Gedankengut, denn beide schwärmten für die Weimarer Republik. Mutter Eva, eine Jüdin, konnte nur mittels einer gefälschten arischen Identität die Nazizeit überleben. Vater Georg war Kommunist und deshalb unter den braunen Machthabern einige Zeit inhaftiert.
So wichtig war Ilja Richters Mutter für seine Karriere
Ilja Richter wurde als drittes von vier Kindern im Ostteil Berlins geboren. Die Eltern versuchten sich als Kino- und Theaterbesitzer, später dann in der Gastro- und Hotelbranche. Allerdings blieb der berufliche Erfolg aus. So waren Richters Kinder- und Jugendjahre von Armut geprägt. Mit alledem waren mehrere Umzüge verbunden, die schließlich nach West-Berlin führten. Beim SFB (Sender Freies Berlin) nahm die Karriere des kleinen Ilja dann ihren Anfang. Dorthin hatte seine Mutter ihn zum Vorsprechen gebracht.
Hörspiele, Kinderrollen im Theater und Finanznot
Das selbstbewusste Auftreten des jungen Mannes machte Eindruck. Am 27. Januar 1962 wirkte er zum ersten Mal in einem Hörspiel mit: "Pitt im Intervalltraining" war der Titel und seine Gage betrug zehn Mark. Der SFB vermittelte ihn an RIAS Berlin weiter. Schließlich war er bei beiden Sendeanstalten sehr gut beschäftigt und in nur kurzer Zeit in mehr als 60 Hörspielen dabei. Zudem wurde er für Kinderrollen an Berliner Theater weiterempfohlen. Somit befreite Iljas Talent die Familie letztlich aus den finanziellen Nöten.
Heidi Brühl war Ilja Richters erste große Liebe
"Hier ist eine echte Begabung zu spüren. Ein kleiner Meisterspieler", so urteilte ein renommierter Theaterkritiker über Ilja Richter als "Little Jake" im Musical "Annie get your gun". Das Stück hatte 1963 im Berliner "Theater des Westens" seine deutsche Erstaufführung.
Heidi Brühl spielte die Annie und sei seine erste große Liebe gewesen, gestand Richter später. Obwohl er nur eine kleine Rolle bekommen hatte, agierte der kleine Ilja so professionell auf der Bühne, dass er den Großen die Schau stahl und mehrfachen Szenenapplaus bekam.
Vom Theater zum Film
Von nun an ging es steil bergauf. Ende 1963 absolvierte Ilja Richter seinen ersten "bunten Nachmittag" als Co-Moderator von Hans Rosenthal. Ebenfalls im Berliner "Theater des Westens" trat er 1966 neben Vico Torriani im Singspiel "Im weißen Rössl" auf. Ebenfalls viel Beachtung fand er im Zwei-Personen-Stück "Freunde und Feinde" als Partner von Martin Held. Unter Peter Zadek spielte er Theater und wenig später vor der Filmkamera. 1967 kam das Fernsehen hinzu und Ilja Richter war in der ersten Jugend-Serie des ZDF "Till, der Junge von nebenan" zu sehen.
Ilja Richter als Deutschlands jüngster Moderator
Als Antwort auf den "ARD-Beatclub" nahm das ZDF 1969 die Sendung "4-3-2-1 Hot & Sweet" ins Programm, eine Sendung, die "Musik für junge Leute" versprach. Die Sängerin Suzanne Doucet und Ilja Richter moderierten sie erst gemeinsam, später übernahm Richter die Aufgabe allein und galt als Deutschlands jüngster Moderator. Dies war der Vorläufer zur "disco", die ihn durch seine ganze Jugend hindurch begleitete.
Sein großes Vorbild Rudi Carrell
In diese Zeit fielen auch die Filmklamotten über die "tollen Tanten", die seine Popularität zusätzlich steigerten. Dieses Angebot kam unverhofft, denn der Produzent suchte einen Filmpartner für Rudi Carrell. Ilja Richter sagte gerne zu, denn Carrell gehörte damals zu seinen Vorbildern. Die Grundidee, dass Männer in Frauenkleidern auftraten, war nicht neu. Sie war jedoch so erfolgsträchtig, dass man diesen Filmstoff in Variationen mehrfach kopierte.
Ilja Richters Verehrung für Theo Lingen
Ähnliches trifft auf die "Pauker"-Filme zu, in denen Ilja Richter mit Theo Lingen zusammenarbeitete. Er vergötterte den Schauspieler und durfte ihn sogar parodieren. Lingen schrieb ihm später: "Ich habe gestern auf der Leinwand mich, nein Sie, also doch mich gesehen. Es war sehr amüsant." Viel später schrieb Richter sogar ein Theaterstück über ihn mit dem Titel "Komiker aus Versehen".
Schauspieler, Autor und Synchronsprecher
Die 1980er-Jahre gehörten hauptsächlich dem Theater. Dazu war Richter Kolumnist für mehrere Zeitungen und arbeitete häufig als Synchronsprecher. Er lieh vielen bekannten Filmfiguren seine Stimme, so u.a. dem Erdmännchen Timon in "Der König der Löwen".
Als "Holzwurm in der Oper" wirkte er an einer Reihe "Opernführer für Kinder" mit und wurde dafür mit dem "Echo Klassik" ausgezeichnet. Zudem ist er Autor mehrerer Bücher, darunter "Der deutsche Jude", ein Band, in dem er sich (zusammen mit seiner Mutter) ironisch mit der deutsch-jüdischen Geschichte auseinandersetzt.
Ilja Richter und Marianne Rosenberg
Von 1975 bis 1978 hatte Ilja Richter eine heimliche Beziehung mit der Sängerin Marianne Rosenberg. Trotz Verlobung kam es aber nie zu einer Hochzeit. Geheiratet hat er dann die Filmeditorin Stephanie von Falkenhausen, doch die Ehe hielt nur von 1995 bis 1997. Heute lebt er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, der Schauspielerin Barbara Ferun, in Berlin-Pankow und in seiner Zweitwohnung in Mecklenburg.
Sohn Kolja ist sein ganzer Stolz
Als "sein bestes Projekt auf zwei Beinen" bezeichnete er in einem Interview seinen 2001 geborenen Sohn Kolja, der aus einer kurzen Beziehung mit einer französischen Maskenbildnerin stammt. Mit ihm zusammen entstand 2010 sogar ein gemeinsamer Song: "Wir haben auf die Straßenbahn gewartet, welche nicht kam. Dabei haben wir das Lied von der Schnecke erfunden."
Ein Jahr später trat Richter dann kurzzeitig von den Theaterbühnen ab, um die alten "disco"-Zeiten aufleben zu lassen. Anlässlich des 40. Jahrestages der Erstausstrahlung schlüpfte er ins Glitzer-Jackett und wie in den 1970er-Jahren schallte es noch einmal: "Hallo Freunde - hallo Ilja!"
Besondere Plattencover aus der Karriere von Ilja Richter
Ilja Richter im Steckbrief
Geboren am: | 24. November 1952 in Berlin-Karlshorst |
Eltern | Eva und Georg Richter |
Erste Bühnenrolle | 1961 am Berliner Renaissance-Theater in "Belvedere" mit Viktor de Kowa |
Auszeichnungen (Auswahl) | 1975 "Goldener Bravo-Otto" als bester TV-Moderator, 1978 "Goldene Kamera", 2005 "Curt Goetz-Ring" |
Familie | 1995 Heirat mit der Filmeditorin Stephanie von Falkenhausen, 1997 geschieden. 2001 Geburt von Sohn Kolja, die Mutter ist eine französische Maskenbildnerin. |
Biografien | Zum 50. Geburtstag "Spot aus! Licht an!, zum 60. Geburtstag "Du kannst nicht immer 60 sein - Mit einem Lächeln älter werden", zum 70. Geburtstag "Nehmen Sie’s persönlich" |