Wencke Myhre - die Schlager-Botschafterin mit dem ansteckenden Lachen

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Hans-Jürgen Finger
Hans-Jürgen Finger

"Er hat ein knallrotes Gummiboot" oder "Er steht im Tor": Wer kennt sie nicht, die Ohrwürmer von Wencke Myhre? Die quirlige norwegische Sängerin hat mit ihren Liedern in Deutschland große Erfolge gefeiert - und hat dafür sogar eine ganz besondere Auszeichnung bekommen.

Karrierestart im Expresstempo
Dieses Talent erregte auch in Deutschland Aufmerksamkeit
Mit James Last ins Hamburger Nachtleben
Den strengen Papa ausgetrickst
Dauergast in den deutschen Hitparaden
Als Schauspielerin und Kabarettistin in Norwegen erfolgreich
"Das größte Showtalent in deutscher Sprache"
Die Familie hilft über den Krebs hinweg
Bundesverdienstkreuz für die "Botschfterin der Herzen"
Eine Auswahl schöner Plattencover von Wencke Myhre

Karrierestart im Expresstempo

Viele große Karrieren haben bei Amateurwettbewerben ihren Anfang genommen. Das Osloer Revuetheater "Chat Noir" war der Schauplatz solch eines Wettbewerbs, aus dem Wencke Myhre 1960 als Siegerin hervorging und als 1. Preis einen Schallplattenvertrag erhielt. Kurz darauf erschien ihre erste Platte. Drei Jahre später war sie Norwegens populärste Sängerin.

Dieses Talent erregte auch in Deutschland Aufmerksamkeit

Der Produzent Bobby Schmidt wurde nach Oslo geschickt, um mit Wencke Myhre die entsprechenden Aufnahmen vorzubereiten. Über diesen Karrieresprung war ihr Vater jedoch alles andere als erfreut. Als er hörte, dass seine 17-jährige Tochter zu Plattenaufnahmen nach Hamburg reisen sollte, nahm er dem Produzenten das Versprechen ab, das Mädchen nie allein zu lassen und gut auf es aufzupassen.

Schwarzweiß-Porträt: Schlagersängerin Wencke Myhre in den 1960er Jahren
Wencke Myhre in den 1960er Jahren

Mit James Last ins Hamburger Nachtleben

Die Auflage ihres Vaters passte Wencke Myhre überhaupt nicht. Sie wollte dorthin, wo das Leben spielt, Spaß haben, Tanzen gehen und die Reeperbahn kennen lernen. Das Produktionsteam, zu dem auch Orchesterleiter James Last gehörte, zeigte Wencke Myhre all das, was sie sich vorgenommen hatte zu sehen - bis in den frühen Morgen. Wenige Stunden später stand sie munter im Aufnahmestudio, um ihre erste Langspielplatte aufzunehmen.

Den strengen Papa ausgetrickst

Wencke Myhre erinnerte sich in einem Interview gerne an diese Zeit, denn ihr Produzent war an ihrer ersten Ehe nicht ganz unbeteiligt: "Als ich mich schwer in einen jungen Dänen verliebt hatte, bat ich Bobby, unsere Aufnahmezeiten sehr, sehr großzügig einzuplanen." Der strenge Papa sollte nichts davon wissen.

"Ich flog nach Hamburg, fuhr vom Flughafen raus ins Studio, sang und flog schon wieder weiter nach Kopenhagen, wo ich mich heimlich mit meinem Freund traf."

1969 läuteten schließlich die Hochzeitsglocken. 

Dauergast in den deutschen Hitparaden

Der Durchbruch in Deutschland gelang Wencke Myhre 1966 bei den Deutschen Schlagerfestspielen in Baden-Baden mit dem Lied "Beiß’ nicht gleich in jeden Apfel". Seitdem war die charmante Osloerin ständig in den deutschen Hitparaden. "Komm allein", "Er steht im Tor" oder "Er hat ein knallrotes Gummiboot" - Erfolg reihte sich an Erfolg, so dass ihr 1968 die MIDEM-Trophäe (für den höchsten Plattenumsatz aller Sängerinnen) verliehen wurde.

Schlagersängerin Wencke Myhre bei einem Auftritt in der Musiksendung ZDF-Hitparade in den 1970er Jahren
Wencke Myhre bei einem Auftritt in der ZDF-Hitparade in den 1970er Jahren

Als Schauspielerin und Kabarettistin in Norwegen erfolgreich

In Skandinavien ging Wencke Myhre andere Wege: Dort profilierte sie sich als ernsthafte Schauspielerin und als Kabarettistin ersten Ranges. So war sie Star der schwedischen Musikshow "Povel og Wencke", in der sie zusammen mit dem Komiker Povel Ramel sang, tanzte, parodierte und jeden Abend zwölfmal das Kostüm wechselte. Die Zeitungen schrieben begeistert:

"Hier tritt plötzlich ein vollendeter Revue-Artist ins Rampenlicht. Intelligent, hübsch wie die Sünde, akademisch klug, mit wunderbarer Stimme, rassigen Tanzbeinen und ergötzlich komisch."

Ausschnitt aus dem Film "Unsere Pauker gehen in die Luft" (1970)
Wencke Myhre und Chris Roberts im Film "Unsere Pauker gehen in die Luft" (1970)

"Das größte Showtalent in deutscher Sprache"

Termine und familiäre Pflichten sorgten dafür, dass Wencke Myhre sich in Deutschland etwas rar machte. Zu ihren kurzen Stippvisiten, die oft nur ein paar Tage dauerten, traf sie aber stets gut vorbereitet ein. Sie konnte sich auf ihr Team verlassen: Bobby Schmidt hatte ihre neuen Lieder auf Tonband eingesungen und ihr die Aufnahmen geschickt. Ihre simple Arbeitsmethode lautete: "Wenn ich morgens die Hausarbeit mache, stelle ich das Gerät an und singe mit." Mit ihrer Personality-Show im ZDF "Das ist meine Welt" erreichte sie zwischen 1974 und 1976 Spitzenquoten. Show-König Peter Alexander urteilte damals: "Sie ist das größte Showtalent deutscher Sprache."

Schlagersängerin Wencke Myhre in der deutschen Fernsehshow "Das ist meine Welt" in den 1970er Jahren
Wencke Myhre in der Fernsehshow "Das ist meine Welt" in den 1970er Jahren

Die Familie hilft über den Krebs hinweg

Das Energiebündel aus dem sonst recht "kühlen" Norwegen ist auch im fortgeschrittenen Alter in der Showbranche tätig und begeistert ihr Publikum. Daran konnte sie auch eine Krebserkrankung nicht hindern. Die Kraft bekommt sie aus ihrer Familie: Seit über zwanzig Jahren ist der schwedische Musiker Anders Eljas ihr Lebenspartner. Zudem ist Wencke mehrfache glückliche Großmutter und ihre Enkelkinder sorgen dafür, dass es nie langweilig wird.

Bundesverdienstkreuz für die "Botschafterin der Herzen"

Im November 2021 bekam Wencke Myhre das deutsche Bundesverdienstkreuz verliehen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier betonte in seiner Laudatio, die Sängerin habe die deutsch-norwegische Kultur nachhaltig mit ihrer "Lebenslust und Strahlkraft" geprägt. Außerdem hob er ihren Lebensmut hervor, den sie während ihrer Krebserkrankung bewiesen habe.

"Liebe Frau Myhre, Ihr künstlerisches Werk schlägt seit den 1960er Jahren eine Brücke zwischen Norwegen und Deutschland. In beiden Ländern sind Sie Ikone und Botschafterin der Herzen."

Schlagersängerin Wencke Myhre unterhält sich mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seiner Frau Elke Büdenbender anlässlich der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender gratulieren Wencke Myhre zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes.
Steckbrief von Wencke Myhre
Geboren15. Februar 1947 in Oslo
Erster AuftrittMit sieben Jahren zusammen mit ihrem Vater und mit ihrem Bruder
HitparadePlatz 4 für "Er steht im Tor" (1969) und Platz 6 für "Beiß nicht gleich in jeden Apfel" (1966)
EheWencke Myhre war von 1980 bis zu dessen Freitod 1991 mit dem Regisseur Michael Pfleghar verheiratet. Aus ihrer ersten Ehe mit einem dänischen Zahnarzt und der Ehe mit Pfleghar hat sie ingesamt vier Kinder.
Krankheit2010 erkrankt sie an Brustkrebs. Über ihre Krankheit schrieb die Künstlerin in ihrer Autobiografie "Die Wencke" (Schwarzkopf-Verlag).

Eine Auswahl schöner Plattencover von Wencke Myhre

Plattencover von Wencke Myhre
Der erste Hit in Deutschland 1966: "Beiß' nicht gleich in jeden Apfel" ließ bei den Deutschen Schlagerfestspielen in Baden-Baden alle hinter sich und die frisch gebackene Abiturientin Wencke Myhre landete auf dem 1. Platz.
Plattencover von Wencke Myhre
Die erste deutsche Langspielplatte 1966. Wencke Myhre schrieb in ihrem Grußwort: "Dies ist meine erste deutsche Langspielplatte. Dass ich sie machen durfte, verdanke ich vor allem Euch, denn Ihr alle habt mit Euren Stimmen mitgeholfen, dass ich bei den letzten Schlagerfestspielen so gut platziert war..."
Plattencover von Wencke Myhre
Wencke Myhre hat auch internationale Hits auf Deutsch gesungen. Zum Beispiel wurde aus dem Bonnie Tyler-Hit "It’s a heartache" im Jahr 1977 "Lass' mein Knie, Joe".

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