Wie kam Bill Ramsey vom Schlager zum Jazz? Wer sich diese Frage stellt, folgt einem völlig falschen Ansatz. Denn der junge Bill wuchs mit Blues, Boogie Woogie und Jazz auf, spielte diese Musik in seinem Geburtsort Cincinnati im US-Bundesstaat Ohio selbst als Amateur auf dem Klavier und sang dazu. Jazzmusiker wie Hazel Scott oder Louis Jordan zählten zu seinen Vorbildern.
Der Koreakrieg brachte den jungen Bill Ramsey nach Deutschland
Während seines Studiums der Soziologie und der Volkswirtschaft an der Yale University unterhielt er eine eigene kleine Band und arbeitete dazu als Regie-Assistent beim NBC-Fernsehen. Dann kam der Koreakrieg und Bill Ramsey wurde zur US-Airforce eingezogen. Statt in Asien landete er 1952 in Frankfurt am Main. Beim amerikanischen Soldatensender AFN arbeitete er als Produzent von Jazz-Sendungen. Am Wochenende trat er oft als Entertainer auf. Hierbei knüpfte er Kontakte zu der deutschen Jazz-Szene und lernte Kurt Edelhagen, James Last, Paul Kuhn sowie seinen späteren Produzenten und Komponisten Heinz Gietz kennen.
Erster Hit: Marsmensch "Wumba-Tumba" verkauft Eis auf der Erde
Nach der Entlassung aus der US-Armee ging Bill Ramsey wieder nach Amerika, kehrte zwei Jahre später aber nach Deutschland zurück, um in Frankfurt zu studieren. Er meldete sich bei Heinz Gietz, der ihm anbot, eine Platte aufzunehmen: "Rock'n'Roll oder etwas Lustiges?" Die Entscheidung ist bekannt und er startete seine Karriere als komödiantischer Schlagersänger. Kurt Feltz kam zum Team dazu, er hatte als Texter und Produzent ein Gespür dafür, was beim Publikum ankam. Die Raumfahrt war 1958 das bestimmende Thema. So entstand die Geschichte vom Außerirdischen "Wumba-Tumba", der vom Mars auf die Erde kommt, um hier Eis zu verkaufen - Bill Ramsey's erster Hit.
Als "Onkel Bill" machte er auch Schallplatten für Kinder
Im Folgejahr gelang mit "Souvenirs, Souvenirs" der Durchbruch. Bill Ramsey wurde mit seiner "Reißnagelstimme" zum festen Bestandteil im deutschen Unterhaltungsgeschäft. Rund 28 Spielfilme und unzählige TV-Auftritte kamen im Laufe der Jahre zusammen. Ab Mitte der 1960er Jahre erweiterte er sein Repertoire um Musical und Operette und nahm als "Onkel Bill" Kinderplatten auf.
Bill Ramsey fand zurück zu seinen Wurzeln zurück
Doch Ramsey hatte noch viel mehr drauf. Der Jazzfreak und Experte in Sachen Folk, Country und Blues präsentierte sich ab Anfang der 1970er Jahre von dieser eher unbekannten Seite. Darüber hinaus stand er als Produzent und Moderator - häufig beim ehemaligen Südwestfunk in Baden-Baden - vor der TV-Kamera. Auf unbekannten Labels und schwer erhältlichen Platten entstanden hervorragende Jazz-Produktionen mit Musikern wie Toots Thielemans. In dieser Zeit entstanden viele Bigband-Produktionen, unter anderem auch beim SWR in Stuttgart oder Baden-Baden.
Deutsche Staatsbürgerschaft und Bundesverdienstkreuz
Der Kunstkenner, Hundeliebhaber und Weltreisende lebte seit vielen Jahren mit seiner Frau Petra in Hamburg. 1984 erhielt er die deutsche Staatsbürgerschaft. Zu diesem Anlass kalauerte Hans-Joachim Kulenkampff damals im Fernsehen: "Jetzt müssen wir Wilhelm Ramsei zu ihm sagen". Für sein langjähriges, herausragendes musikalisches Wirken wurde Bill Ramsey 2020 vom Bundespräsidenten mit dem Verdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.
Radiolegende mit Swing
Ob im großkarierten Smoking oder bei seinen Auftritten mit weißem Vollbart, Weste und Medaillon: Bill Ramsey ist ein wirklicher Könner, der alles von der Pike auf gelernt hat. So trat er bis vor wenigen Jahren immer noch auf und begeisterte sein Publikum. Mit viel Leidenschaft und Sachverstand moderierte er außerdem rund drei Jahrzehnte lang auf der Kulturwelle hr2 die Sendung "Swingtime". Diese Ära ging am 1. März 2019 zu Ende, als er sich im Alter von fast 88 Jahren in den Ruhestand verabschiedete. Am 2. Juli 2021 starb Bill Ramsey.
Ein Kompliment von Ella Fitzgerald
Bill Ramseys Lieder werden immer noch gerne gehört, sie sind längst zu Evergreens geworden. Bereits 1953, lange vor seinem Durchbruch in Deutschland, hat Ella Fitzgerald ihn bewundert: "All you have to do is close your eyes" - man müsse nur die Augen schließen, dann sei dieser Sänger unter akustischen Gesichtspunkten schwarz. Ramsey machten diese Worte ungemein stolz: "Das ist die schönste Kritik, die ich je hatte."
Bill Ramsey: Sein Leben - kurz und knapp
Geboren | 17. April 1931 in Cincinnati, Ohio |
Gestorben | 2. Juli 2021 in Hamburg |
Nr.-1 Hits | Souvenirs (1959) und Pigalle (1961) |
Film | 1978 spielte Bill Ramsey in "Die Schweizermacher" (Emil Steinberger) einen Kontrabassisten und im Tatort "Ausgespielt" (Manfred Krug, NDR, 1997) einen Barbesitzer. |
Privat | Ramsey war viermal verheiratet, zuletzt ab 1991 mit Petra, einer Ärztin, die zugleich seine Managerin war. |