Höllisch schwer
Maurice Ravel war zwar musikalisch, hatte als Student aber überhaupt keine Lust zum regelmäßigen Klavierüben. Undenkbar, wenn man am ehrwürdigen Pariser Konservatorium unterrichtet wurde und offiziell Pianist werden wollte! Ravels Lehrer Charles de Bériot sah das genauso und schimpfte: "Sie sind ein Verbrecher! Sie sollten der Klassenbeste sein – und sind der Letzte!" Maurice Ravel komponierte allerdings viel lieber als stundenlang virtuose Etüden zu spielen. Erstaunlicherweise sind seine Klavierwerke im Gegensatz zu seinem tatsächlichen pianistischen Können revolutionär virtuos. Sein Stück "Gaspard de la nuit" sollte sogar noch schwerer sein als das damals als unspielbar geltende "Islamey" von Mili Balakirew. Ravel ließ sich zu dem Klaviertriptychon von drei Prosagedichten Aloysius Bertrands (1807-1841) inspirieren: "Ondine", "Le Gibet" und "Scarbo" aus der Gedichtsammlung "Gaspard de la nuit". Sie waren 1842 veröffentlicht worden, ein Jahr nach Bertrands Tod.
Ravel war schon als Student beeindruckt von der grotesken, fantastischen Texten. Doch das war nicht der einzige Grund, weshalb er von Mai bis September 1908 daran arbeitete, die Spukgestalten und die düstere Stimmung der Gedichte in Musik umzusetzen. Nach einem Schlaganfall seines Vaters rechnete Ravel täglich damit, dass dieser sterben würde. Und obwohl Maurice Ravel sonst normalerweise nicht autobiografisch komponierte, spürt man in "Gaspard de la nuit" doch ganz deutlich die Allgegenwart des Todes. In "Le Gibet" – auf Deutsch "der Galgen" – erklingt 153 Mal ein B, in nur 52 Takten! Es symbolisiert die Glocke, die an den Mauern der Stadt läutet, während die untergehende Sonne den Leichnam des Gehängten rötet. Dicht aufeinander folgende Arpeggien erinnern an perlende Wassertropfen und charakterisieren die Wassernixe "Ondine". Das dritte Stück "Scarbo" handelt von einem listigen Kobold, der die Menschen in ihrem Schlaf stört.
"Gaspard de la nuit" sind zu Klang geronnene Alpträume. Es gehört zum Radikalsten, was Ravel je geschaffen hat. Der spanische Pianist Ricardo Viñes hat das dreiteilige Werk im Januar 1909 in Paris uraufgeführt, in einem Konzert der Société Nationale. Das Stück wurde gut angenommen und zählt heute zu den bedeutendsten Stücken Ravels. Dessen Vater erlebte diesen Erfolg seines Sohnes allerdings nicht mehr. Er starb nur einen Monat nach Vollendung des Werks, am 13. Oktober 1908, an einer Gehirnthrombose.
Der Pianist Herbert Schuch
Herbert Schuch wurde 1979 in Temeschvar, Rumänien geboren und erhielt dort seinen ersten Klavierunterricht bei Maria Bodo. Kurz vor dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes übersiedelte die Familie nach Deutschland. Dort studierte er zunächst bei Kurt Hantsch in Rosenheim, ehe er – zwölfjährig – ans Salzburger Mozarteum in die Klasse von Karl-Heinz Kämmerling aufgenommen wurde.
2004/2005 wurde Herbert Schuch beim Casagrande-Klavierwettbewerb in Terni, beim London International Piano Competition, sowie dem Internationalen Beethoven-Klavierwettbewerb in Wien jeweils mit einem 1. Preis ausgezeichnet. Daran anschließend debütierte er im Wiener Musikverein unter der Leitung von Pierre Boulez mit Beethovens 5. Klavierkonzert.
Seither arbeitete er u.a. mit Orchestern wie dem RSO Frankfurt, der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken/Kaiserslautern, dem London Philharmonic Orchestra, der Camerata Salzburg, der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, dem Orchestre National de Lyon und ist regelmäßig Gast bei Festspielen wie dem Rheingau Musik Festival, dem Kissinger Sommer, oder dem Klavier-Festival Ruhr.
Sein Interesse für Kammermusik - geweckt durch eigenes Geigenspiel zur Kinderzeit – teilt er mit Musikern wie Adrian Brendel, Mirijam Contzen, Julia Fischer, Marie-Elisabeth Hecker, Sebastian Klinger, Alina Pogostkin, Martin Spangenberg.
In jüngster Zeit erfährt Herbert Schuch in besonderer Weise Prägung in der Begegnung und Arbeit mit Alfred Brendel. 2005 erschien seine Debüt-CD mit Werken von Schumann und Ravel beim Label OehmsClassics. Ab März 2009 ist Herbert Schuchs dritte CD-Produktion mit "Nachtstücken" im Handel.
Herbert Schuch engagiert sich neben seiner Konzerttätigkeit in der von Lars Vogt gegründeten Organisation "Rhapsody in School", welche sich für die Vermittlung von Klassik in Schulen einsetzt. Dem von Yehudi Menuhin gegründete Verein "Live Music Now" gehörte er zwischen 1996 und 2006 an.