Podcast-Serie

V13 – Die Terroranschläge in Paris

Stand
Autor/in
Emmanuel Carrère

Dokumentarische Podcast-Serie nach dem gleichnamigen Tatsachenroman
Aus dem Französischen von Claudia Hamm.

Ausgezeichnet als Hörspiel des Monats August 2023 von der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste sowie Deutscher Hörbuchpreis 2024 in der Kategoerie "Bester Podcast".

Die Serie steht ab dem 26.8.2023 für ein Jahr zum Download bereit.

Das Kürzel „V 13” steht für „vendredi 13 novembre 2015“. Steht für die islamistischen Terroranschläge in Paris, unter anderem vor dem Stade de France während des Fußball-Länderspiels Frankreich gegen Deutschland, in verschiedenen innerstädtischen Cafés und in dem Rock-Konzerthaus Bataclan. 130 Menschen starben, fast 700 wurden verletzt, davon 97 schwer. Steht für das extra erbaute Sitzungszimmer im Justizpalast.

Der Prozess: 14 Angeklagte, 1.800 Zivilparteien, 350 Anwälte, eine 53 Meter hohe Akte.
Dauer: September 2021 bis Juni 2022.

Portrait Emmanuel Carrère
Portrait Emmanuel Carrère

Emmanuel Carrère, Jahrgang 1957, ist ein französischer Schriftsteller, dessen Romane wie “Yoga” oder “Limonow” mit ihrem dokumentarischen Ansatz auch in Deutschland eine große Leserschaft finden. Im September 2022 erschien sein Tatsachenroman „V 13“ in Frankreich, im August 2023 folgte seine deutsche Übersetzung im Verlag Matthes & Seitz.

„Ich bin wohl nicht der Einzige, der sich heute fragt, warum ich mich anschicke, ein Jahr meines Lebens fünf Tage pro Woche mit einer Maske vorm Gesicht in einem riesigen Gerichtssaal zu verbringen und in aller Frühe aufzustehen, um meine Notizen vom Vorabend zu sortieren, bevor sie unentzifferbar werden – Warum tue ich mir das an? Wenn ich Anwalt wäre oder irgendein Akteur in diesem riesigen Justizapparat, klar, dann wäre das mein Job. Genauso, wenn ich Journalist wäre. Aber als Schriftsteller, den niemand darum gebeten hat und der, wie Psychoanalytiker sagen, sich nur qua seines Begehrens dazu ermächtigt? Ein sonderbares Begehren.“ (Emmanuel Carrère)

Ein Experiment mit zwei Fassungen desselben Stoffs

Emmanuel Carrère erzählt die Wahrheit des Prozesses gnadenlos literarisch.
Der Roman ist jedoch komplex. Er hat zwei Seiten: die Rekonstruktion des Prozesses und seine subjektiv-literarische Aneignung durch den künstlerischen Blick.

Das SWR-Hörspiel entschied sich zu einem Experiment mit offenem Ausgang beim Produktionsprozess: Erst die Arbeit im Studio sollte entscheiden, ob eine variable ästhetische Umsetzung des gleichen Ausgangsmaterials als „Stück“ und als „Serie“ funktioniert, die mit den zwei Seiten des Romans korrespondiert. Ob sie sich ergänzen, ohne Doubletten zu sein. Nicht zuletzt auch, um verschiedene Online-Rezeptionsvorlieben und – weisen der Hörerinnen und Hörer zu berücksichtigen - und zu testen. Das erfordert zwei, wenn auch leicht unterschiedliche Titel.

Die 8-teilige Podcast-Serie

„V 13“ hat als Stoff den Prozess um die Terroranschläge in Paris. Die Perspektive der “journalistischen“ Rekonstruktion des Prozesses, wenn auch subjektiv gespiegelt, verlangt eine größere Ausführlichkeit in der Ausbreitung des Materials bei gleichzeitig geringerer Aufmerksamkeitsspanne des Publikums. Das komplette gut 3-stündige Ausgangsmaterial wurde so in 8 Folgen aufgeteilt, um die Rezeption auf einzelne Aspekte zu richten, zu „triggern“. Die Regie folgt hier einer Ästhetik der Info-Spannungsdramaturgie, die über Musik und Geräusch den sofortigen, schnellen, emotionalen Einstieg in den Stoff der Serie ermöglicht.

Das 90-minütige einteilige Hörspiel

Diese Fassung versteht sich nicht als „Reader‘s Digest“-Aneignung des Romans. Die Verknappung des 3-stündigen Ausgangsmaterials rückt ins Zentrum die subjektive, künstlerische, der Ästhetik fiktionalen Schreibens folgende Auseinandersetzung Carrères mit dem Prozess. Deswegen folgt sie einer Ästhetik der Reduktion: vom Inhaltlichen bis zum Geräusch und der Musik. Zugleich verlangt sie die Zumutung einer durchgehenden Konzentration, die auch die bewusst eingebauten „Informations-Leerstellen“ als eine Form des Geheimnisses oder der Chiffre akzeptiert. Kurz: trotz der verhandelten Tatsachen den „Kunstanspruch“ verhandelt.

Mit: Ulrich Matthes, Maren Eggert, Constanze Becker und Alexander Simon
Musik: zeitblom
Hörspielbearbeitung und Regie: Leonhard Koppelmann
Produktion: SWR 2023 - Premiere

ARD Radio Kulturnacht | Deutscher Hörbuchpreis 2024 SWR Serie "V13 – Die Terroranschläge in Paris" erhält Preis für besten Podcast

Die Podcast-Serie "V13 – Die Terroranschläge in Paris" wird mit dem Deutschen Hörbuchpreis in der Kategorie "Bester Podcast" ausgezeichnet. Den Preis für das "Beste Hörspiel" gewinnt "Sick Bag Song. Das Spucktütenlied" von Kai Grehn mit Texten von Nick Cave, eine Produktion von Radio Bremen, bei der der SWR als Koproduzent beteiligt war.

ARD Radio Kulturnacht – LIVE SWR2

Buchkritik Emmanuel Carrère – V13. Die Terroranschläge in Paris

131 Tote, das ist die Bilanz der Terroranschläge vom 13. November 2015 in Paris, als islamistische Terroristen ein Blutbad vor dem Stade de France, auf den Terrassen der Cafés in der Hauptstadt und im Konzertsaal Bataclan anrichteten. Eine Nacht voller Grauen, die sechs Jahre später in dem bisher größten Terror-Prozess der französischen Geschichte aufgearbeitet wurden. 14 Angeklagte, 1800 Nebenklägerinnen und Nebenkläger, 350 Anwälte und unzählige Journalistinnen und Journalisten aus der ganzen Welt verfolgten die Gerichtsverhandlung, die mehr als 9 Monate dauerte. Einer von Ihnen: der französische Schriftsteller Emmanuel Carrère. Er hat für die Zeitschrift L’Obs aus dem Prozess berichtet und aus seinen Berichten ein Buch verfasst. „V13“ der Titel - so wurde auch der Mammut-Prozess genannt. Die Abkürzung steht für Vendredi 13 – Freitag der 13. Carrères Schreibstil wird in Frankreich oft als Enquete bezeichnet, eine Art Ermittlung. In seiner Gerichtsreportage widmet er den Überlebenden und Hinterbliebenen den größten und stärksten Teil seines Buches.
Rezension von Sabine Wachs.
Aus dem Französischen von Claudia Hamm
Matthes & Seitz Verlag, 275 Seiten, 25 Euro
ISBN 978-3-7518-0942-9

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