SWR1 Sonntagmorgen

Neustart im Leben: Wie er gelingen kann

Stand
Autor/in
Claudia Bathe
Redakteur/in
Cüneyt Özadali

Der Jahreswechsel ist für viele Menschen die Zeit, um über ihr Leben zu reflektieren: Was läuft gerade gut und was sollte sich unbedingt ändern. Bestimmte Faktoren tragen dazu bei, dass so ein Neustart gelingt.

Nihal Sener ist stolz. Sie hat es geschafft. Vor zwei Jahren hat sich die 36-Jährige selbständig gemacht und einen eigenen Friseursalon in der Mainzer Neustadt eröffnet. Ein großer Schritt, den sie gemeinsam mit ihrem Mann, der für die Buchhaltung zuständig ist, genau geplant hat. "Wir waren sehr realistisch und haben gesagt, wir fangen klein an und vergrößern uns nur schrittweise."

Drei Nachbarn sitzen zusammen und unterhalten sich
Als Nachbarn gemeinsam neu angefangen

Der Salon liegt in der nördlichen Mainzer Neustadt. Ein vielversprechender Stadtteil: Hier wird aktuell viel gebaut und es gibt noch nicht sehr viele Friseure. Das erste Jahr als Unternehmerin sei schwierig gewesen, erzählt Nihal Sener. "Die ruhigen Phasen ohne Kunden sind belastend, weil die laufenden Kosten gedeckt werden müssen." Ihr Durchhaltevermögen aber hat sich ausgezahlt. Sie hat inzwischen genug Stammkunden und hofft in den nächsten Jahren so weit zu wachsen, dass sie Mitarbeiter einstellen kann.

Optimismus allein reicht nicht aus

Nihal Sener hat vieles richtig gemacht. Es sei sehr wichtig, bei einem Neuanfang einen konkreten Plan zu haben, sagt Mandy Hütter, Professorin für Psychologie an der Universität Tübingen. "Ich muss mir tatsächlich so konkret wie möglich vornehmen, welchen Schritt ich wann mache und was ich tue, falls ich scheitere." Optimismus allein reiche in der Regel nicht aus, um tatsächlich erfolgreich zu sein. Positive Erwartungen und ein hoher Selbstwert seien allerdings notwendig, um sich zu motivieren und den Mut zu fassen, eine Veränderung anzugehen und Kraft und Ausdauer zu entwickeln. "Ich brauche die Überzeugung, dass mir Dinge gelingen können, die ich angehe", so Hütter.

Zu hohe Erwartungen führen leicht zu Enttäuschungen

Überhöhte Erwartungen können in diesem Zusammenhang schnell zu Enttäuschungen führen. In der Psychologie spricht man auch vom "False Hope Syndrom". "Viele Menschen denken, dass, wenn sie eine Sache ändern, dies ganz viele positive Auswirkungen hat", sagt Mandy Hütter. "Wenn ich nur abnehme, dann finde ich den Partner meiner Träume." Solche unrealistischen Erwartungen können schnell zu Enttäuschungen führen. Die Konsequenz sei, dass man eigentlich positive Veränderungen oft nicht weiterverfolge.

Unfreiwillige Neuanfänge

Es gibt allerdings Lebenssituationen, in denen der Neuanfang durch die äußeren Umstände unvermeidlich ist, etwa bei einer Trennung, einem Todesfall oder einer Erkrankung. In so einem Fall sei es wichtig, sich erst mal eine Trauerphase und Anpassungsphase zu gönnen, sagt Hütter. "Man muss nicht sofort wieder aufstehen, und alles muss funktionieren." Manchmal brauche man einfach die Zeit. Das fördere den Übergang in einen neuen Lebensabschnitt und setze Ressourcen frei für neue Aufgaben, unabhängig davon, ob diese Veränderung selbst gewählt sei oder nicht.

Porträtfoto von Mandy Hütter

Sich klarmachen, was einem Freude bereitet

So einen nicht ganz freiwilligen Neuanfang haben Christiane und Hans Solbach hinter sich. Viele Jahre hatte das Ehepaar in einem Reihenhaus gelebt. Doch Christiane Solbach leidet unter Rheuma. Nachdem sie mehrmals auf der Treppe gestürzt war, wurde der 66-Jährigen klar, dass sie und ihr Mann das Haus mit dem Garten aufgeben und sich eine barrierefreie Wohnung suchen mussten. "Es waren viele kleine Abschiede: von dem Haus, von den Nachbarn, von den Möbeln, die wir weggeben mussten", erinnert sich Christiane Solbach.

Ein soziales Netzwerk als Ressource

Helfen könne es in so einer Situation, sich klarzumachen, woran man Freude hat, was einem wichtig ist und was man nach wie vor machen kann, sagt Psychologieprofessorin Mandy Hütter. Eine weitere wichtige Ressource sei das Gefühl, gebraucht zu werden und Bestandteil eines sozialen Netzes zu sein.

Christiane und Hans Solbach wussten beide, was sie auf keinen Fall wollten: in ein Seniorenheim ziehen. Bei ihrer Wohnungssuche stießen sie auf ein Neubauprojekt der Mainzer Wohnbau: ein Mehrgenerationenhaus mit einem Nachbarschaftscafé als Treffpunkt, in das sich die Bewohner einbringen können. Das Konzept überzeugte sie sofort. "Das gab uns dann plötzlich so eine Energie und Vorfreude", erinnert sich Christiane Solbach. Mittlerweile leben sie schon seit zwei Jahren in ihrer Vier-Zimmer-Wohnung. Die Entscheidung haben sie nicht bereut, denn in ihrer Nachbarschaft gibt es viele junge Familien mit Kindern, zu denen sie einen guten Kontakt haben.

Moderator Hans Michael Ehl

Moderator am Sonntagmorgen Hans Michael Ehl

Moderator am Sonntagmorgen

Moderatorin Silke Arning

Moderatorin am Feiertagmorgen Silke Arning

Moderatorin am Feiertagmorgen

Stand
Autor/in
Claudia Bathe
Redakteur/in
Cüneyt Özadali