Die Veranstalter ziehen eine positive Bilanz: Das Experiment mit sehr viel weniger Veranstaltungen in einer kleineren Stadt mit gerade mal sieben Prozent Katholiken sei geglückt, sagte die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Für Thomas Söding, den Vizepräsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), ist der Brückenschlag zwischen den mehr als 20.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern und der vielfach nicht-christlich geprägten Stadtgesellschaft gelungen.
Veranstaltungen offen gestaltet
Söding erklärte für die Veranstalter, er habe von keinerlei negativen Kommentaren der Erfurter zu den Veranstaltungen des Katholikentreffs gehört. Viele der kulturellen und religiösen Angebote bis hin zu den großen Gottesdiensten seien so offen gestaltet worden, dass sie das Interesse der Bürgerinnen und Bürger geweckt hätten. In Thüringen sind Christen eine Minderheit. Nur sieben Prozent gehören der katholischen Kirche an.
Katholikentag als Zukunftslabor
Wie zuvor der Vorsitzende der Bischofskonferenz Bischof Georg Bätzing, bezeichnete Söding den dritten Katholikentag in Ostdeutschland seit der Wende als Zukunftslabor für eine Kirche in einer säkularen Gesellschaft. "Wir haben uns aus der Komfortzone herausbewegt", so Söding. Der Katholikentag findet unter dem Motto "Zukunft hat der Mensch des Friedens" statt, ein Zitat aus dem biblischen Buch der Psalmen.
Junge Menschen aus Baden-Württemberg
Zu Beginn des Katholikentags hat sich unsere Kollegin Claudia Bathe vor Ort mit sechs Jugendlichen getroffen, die zum ersten Mal einen Katholikentag besucht haben. Inzwischen haben die sechs Firmlinge und ihre beiden Betreuer einiges erlebt.
Wichtige Themen auf den Podien
Bundeskanzler Olaf Scholz wurde in Erfurt nach einem AfD-Verbot, nach dem Kampf gegen den Klimawandel und nach dem Einsatz deutscher Waffen im Ukraine-Krieg gefragt. Bei der Unterstützung der Ukraine gegen die russische Aggression gehe es um Besonnenheit. Beim Klimaschutz müsse man alle mitnehmen, erklärte Scholz. Die Podiumsdiskussion wurde durch die Zwischenrufe von Aktivisten der Protestgruppe "Letzte Generation" kurz unterbrochen.
Der Krieg darf sich nicht ausweiten
Bundeskanzler Scholz warnte auch vor einer weiteren Eskalation des Krieges in der Ukraine. Er mahnte beim Katholikentag zu einer weiterhin engen Abstimmung der Verbündeten bei der Unterstützung der Ukraine. Die Bundesregierung veröffentlichte eine Erklärung, wonach die Ukraine künftig auch von Deutschland gelieferte Waffen einsetzen darf um Stellungen in Russland anzugreifen, insbesondere um sich gegen Angriffe im Raum Charkiw zu verteidigen.
AfD-Verbot?
Ein AfD-Verbot stehe "erstmal nicht an", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz. "Ein Verbot ist eine ganz schwierige Sache in der Demokratie und deshalb bestehen da sehr hohe Hürden", so der Bundeskanzler. Aus seiner Sicht solle zunächst der Verfassungsschutz seine Arbeit tun, Gesetze müssten umgesetzt werden.
Zeichen gegen Rechts
Im Herbst wird es drei Landtagswahlen in Ostdeutschland geben, bei denen mit großen Zuwächsen für die AfD gerechnet wird. Wie schon in früheren Jahren haben die Organisatoren ihre Haltung gegenüber der AfD beibehalten: AfD-Politiker wurden nicht zu Diskussionsveranstaltungen eingeladen. Der Katholikentag wolle ein deutliches Zeichen gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit setzen, so die Organisatoren vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken, der Laienvertretung der katholischen Kirche in Deutschland, das für das Treffen verantwortlich war.
Kirche und der Kampf gegen die extreme Rechte
Es gibt kaum ein Bundesland, in dem es gemessen an der Einwohnerzahl mehr rechtsextreme Akteure gibt als in Thüringen, vom Verein über das Unternehmen bis hin zum Gemeinderat. Auf mehreren Podien war das beim Katholikentag in Erfurt Thema. Unter anderem ging es darum, welche Rolle die katholische Kirche spielt, wenn es darum geht, sich gegen die extreme Rechte einsetzen.
Missbrauch - Aufarbeitung besser regeln
Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, forderte einen Perspektivenwechsel. "Die Politik muss ein Wächteramt gegenüber den Kirchen einnehmen“, sagte Claus in der Reglerkirche. Ohne die Einbeziehung der Betroffenen werde die Aufarbeitung sexueller Gewalt in den Kirchen nicht gelingen, so Claus.
Transparenz und zügiges Handeln angemahnt
Kirchenrechtler Thomas Schüller kritisierte mangelnde Transparenz bei der Arbeit der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) der Bischofskonferenz. Die Kommission ist zuständig für die freiwilligen Zahlungen der katholischen Kirche in Deutschland an Missbrauchsopfer. Matthias Katsch, Mitbegründer der Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch", äußerte seine Resignation darüber, dass die große Mehrzahl der Fälle sexualisierter Gewalt bereits strafrechtlich verjährt sei. Die UKA sei personell unterbesetzt und im "Wettlauf mit der Zeit", beklagte die Vorsitzende des Gremiums, Margarete Reske.
Mehr Tempo bei den Reformen gewünscht
Die katholischen Bischöfe sehen trotz Widerständen im Vatikan weiter eine Chance auf Reformen der Kirche in Deutschland. Dazu zähle die Mitsprache von Laien und die Weihe von Frauen zu Diakoninnen, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing. Mehr Tempo bei den Reformen forderte die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Irme Stetter-Karp. "Wir brauchen eine Kirche, die attraktiv ist, zu der sich Menschen hingezogen fühlen", so Stetter-Karp. Im Kontext des Missbrauchsskandals sei irrsinnig viel Vertrauen verspielt worden. Rund 96 Prozent der Katholiken in Deutschland würden dringend Reformen wünschen, so die Vorsitzende des Laienverbands.
Schärfung des katholischen Profils
Das Programm des Katholikentags bot rund 500 Veranstaltungen an. Das waren immerhin etwa 1000 Veranstaltungen weniger als beim letzten Katholikentreffen vor zwei Jahren in Stuttgart. Laut Organisatoren soll das Treffen eine "zeitgemäße Profilschärfung" für die katholische Kirche in Deutschland bringen.