In Zeiten des Wirtschaftswunders rief Deutschland nach Arbeitskräften aus dem Ausland. In dafür eigens bereitgestellten Sonderzügen reisten auch viele Frauen an. Die ersten "Gastarbeiterinnen" kamen in den 1950er Jahren aus Italien. Später folgten Frauen aus Spanien, Griechenland oder der Türkei. Ein Grund mehr anlässlich des internationalen Frauentags an sie zu erinnern.
Ein Drittel waren Frauen
Bald war jede dritte Arbeitskraft eine Frau, die oft gezielt von deutschen Anwerbebüros beispielsweise in Istanbul oder Thessaloniki in die Bundesrepublik vermittelt wurden. Doch bis heute dominiert das Bild einer männlich geprägten "Gastarbeiterzuwanderung". Dabei lebten 1973, im Jahr des Anwerbestopps, rund 706.000 solcher Arbeitsmigrantinnen in Deutschland. Das entsprach etwas über 30 Prozent aller ausländischen Arbeitskräfte.
Als Arbeitskräfte erwünscht, aber unterbezahlt
Viele Arbeitsmigrantinnen wurden als un- oder angelernte Arbeitskräfte vor allem in der Textil- sowie in der Bekleidungs- und Nahrungsmittelindustrie aber auch in der Elektro-, Eisen- und Metallindustrie eingesetzt. Gerade für feine oder komplizierte Produktionen im textilen oder technischen Bereich haben die Firmen vor allem Frauen als Arbeitskräfte gesucht. "Gastarbeiterinnen" wurden meist in der sogenannten "Leichtlohngruppe" angestellt, die es für körperlich vermeintlich leichtere Tätigkeiten gab. Dort verdienten sie 30 bis 40 Prozent weniger als Männer in den unteren Lohngruppen aber häufig mehr als in ihren Herkunftsregionen.
Heimweh und Einsamkeit
Sie verließen ihre Eltern, Ehemänner und Kinder um die Existenz ihrer Familie zu sichern. Schlechte Bezahlung, Vorurteile und Heimweh machten ihnen das Leben schwer. Kirchen und Wohlfahrtsverbände unterstützten sie. Die Caritas kümmerte sich vor allem um Arbeitskräfte aus katholischen Gegenden, wie zum Beispiel Italien. Andere wurden von der Diakonie und der Arbeiterwohlfahrt beraten. Doch wer erinnert sich heute an ihre Leistungen? Und wie steht es um eine Anerkennungskultur?
Neue Studie über Migrantinnen
In den über 60 Jahren Einwanderungsgeschichte ist das Thema Migration zu einem wichtigen Forschungsbereich der Wissenschaft geworden. Eine aktuelle Studie des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und des Europäischen Migrationsnetzwerks Deutschland nimmt besonders die Lage der Migrantinnen unter die Lupe. Danach sind sie mit besonderen Integrationshürden konfrontiert, zum Beispiel im Bereich Bildung und Erwerbstätigkeit.
Qualifiziert, aber benachteiligt
Wenn Frauen mit höheren Bildungsabschlüssen - häufig mit Qualifikationen in Bildungs-, Erziehungs- und Gesundheitsberufen - nach Deutschland einwandern, werden ihre einheimischen Abschlüsse nicht immer anerkannt. Der Grund liegt darin, dass in Deutschland hohe Anerkennungsforderungen besonders in den oben genannten Bereichen gestellt werden. Der Studie zufolge ergeben sich daraus geschlechterspezifische Benachteiligungen. Sie kommt auch zu dem Ergebnis, dass Migrantinnen 2020 niedrigere Erwerbstätigenquoten und ein erhöhtes Armutsrisiko haben. Dies beträfe nicht nur geringqualifizierte, sondern auch qualifizierte Migrantinnen.
Hürden bei der Arbeitsmarktintegration
Die Studie nennt einige Hürden, die den Migrantinnen die Integration in den Arbeitsmarkt erschweren. Neben der Bildungsbenachteiligung sind fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten eine zentrale Hürde. Außerdem sind viele Migrantinnen mehrfach belastet: "Sie stehen nicht nur vor der Aufgabe Zugang zum Bildungs- und Arbeitsmarkt zu erhalten, sondern übernehmen häufiger als Männer den Großteil der Haushalts- und Kinderbetreuungspflichten", so die Wissenschaftler.
Handlungsbedarf in wichtigen Bereichen
Der Schlüssel zur Arbeitsmarktintegration ist die Sprache. Das BAMF bietet beispielsweise spezielle Sprach- und Integrationskurse an. Die Kurse werden so angepasst, dass es eine Kinderbetreuung gibt oder auch die Lerninhalte an den Familienalltag angepasst werden, beispielsweise wird das Schulsystem in den Kursen vorgestellt. In anderen Integrationsbereichen wie Wohnen und Gesundheit sind die Bedarfe von Migrantinnen allerdings nach wie vor zu wenig bekannt. Hier sieht die Studie großen Handlungsbedarf.