Man muss nicht drum rumreden: Wer nicht freiwillig alleine ist an Weihnachten, kann sich schnell verloren fühlen und glaubt genau zu wissen: Woanders ist es jetzt laut und lustig. Oder romantisch in trauter Zweisamkeit. Alle haben es gefühlt schöner als man selbst allein vorm Weihnachtsbaum.
Weihnachten als idealisierte Vorstellung
Mandy Hütter ist Professorin für Psychologie an der Uni Tübingen, und sie unterstreicht: "Der Grund, dass viele so empfinden, liegt in unserer Konditionierung." Weihnachten sei positiv besetzt durch fixe Vorstellungen - Geschenke, Familie, Genuss, bunte Bilder wie aus einem Werbefilm. Die Psychologin rät, Abschied zu nehmen von idealisierten Vorstellungen.
Viele Medienangebote verstärken anscheinend Gefühle von Einsamkeit. Das ist die Erfahrung von Claudia Orthlauf-Blooß von der Telefonseelsorge in Mainz und Wiesbaden. "Es wird befeuert, dass Alleinsein an Heiligabend besonders schlimm ist", sagt sie angesichts stereotyper Weihnachts- und Familienfilme. Alleinsein und Einsamkeit hätten dabei nur bedingt miteinander zu tun. "Ich kann bei meiner Familie sein und mich trotzdem einsam fühlen", weiß sie von vielen Anrufen während der Feiertage.
Mit der Einsamkeit nicht alleine bleiben
Gesellschaft an Weihnachten mache jedoch nicht automatisch glücklich, betont die Theologin. Alleinsein an Weihnachten sei durchaus zu genießen – beispielsweise, indem man etwas Schönes mache. Ein duftendes Bad zu nehmen, schöne Musik zu hören, ein feines Essen zu genießen – all das könne wunderbar sein, selbst wenn man alleine ist.
Dennoch weiß Claudia Orthlauf-Blooß auch, dass manchmal die negativen Gefühle Überhand nehmen und nicht abzuschütteln sind. In diesem Fall kann man die Telefonseelsorge anrufen. Zwar man dort nicht den ganzen Abend lang mit einer Person sprechen, aber: "Wenn man so ganz tief im Loch hängt und denkt, ich brauch mal 10 Minuten eine menschliche Stimme – dann sind wir da!"
