Laura Rinker, Doktorandin für Wirtschafts- und Organisationspsychologie an der Universität Hohenheim, beschäftigt sich mit Freundschaften am Arbeitsplatz. Inwiefern Arbeitsfreundschaften förderlich sein können, erklärt sie im SWR1 Interview.
Vor- und Nachteile von Freundschaften am Arbeitsplatz
SWR1: Sind ausgewiesene Lieblingskollegen und Lieblingskolleginnen nicht eigentlich schlecht fürs Team, weil man doch mit allen gut klarkommen sollte?
Laura Rinker: Wir in der Forschung betrachten Arbeitsfreundschaften ein bisschen als zweischneidiges Schwert. Die frühe Forschung hat sich sehr viel mit den Vorteilen von solchen Freundschaften beschäftigt. Man kennt das ja bestimmt, man ist einfach ein bisschen besser drauf. Man hat Unterstützung durch die Person und kann auch zum Beispiel mit denen besser Wissen austauschen.
Wir in der Forschung betrachten Arbeitsfreundschaften ein bisschen als zweischneidiges Schwert.
Aber tatsächlich kann das zumindest auch Nachteile haben, unter anderem zum Beispiel, weil es ein gesamtes Team auch sprengen kann, wenn sich Cliquen bilden. [...] Da kann durchaus auch Eifersucht entstehen, gerade wenn so eine Freundschaft auch innerhalb des Kontextes sehr stark gelebt wird und dazu führt, dass andere ausgeschlossen werden oder sich ausgeschlossen fühlen.
Jeder hat ein anderes Bedürfnis nach Freundschaft
SWR1: Ist es generell wichtig, mit Kollegen eher befreundet zu sein?
Rinker: So pauschal kann man das gar nicht sagen. Da hat auch jeder ein anderes Bedürfnis. Wir wissen, Menschen sind soziale Tiere, also Freunde braucht jeder zu einem gewissen Punkt. Ob man sich die jetzt auf der Arbeit holt oder in der Freizeit, das ist unterschiedlich. Aber wenn man sich gut versteht im Team, dann finden wir schon, dass die Zusammenarbeit einfach besser funktioniert.
SWR1: Es gibt auch Leute, die ganz bewusst Distanz halten und sagen, "Job ist Job und zu Hause ist zu Hause".
Rinker: Genau, beides kann Vorteile haben. Es kommt eben immer so ein bisschen darauf an, wie da die Konstellation ist. Wenn wir jetzt nur von einem ganz kleinen Team ausgehen, ist es natürlich ungünstig, wenn zwei Personen zusammenarbeiten und der eine hat ein ganz hohes Bedürfnis und der andere ein ganz niedriges. Das passt dann natürlich nicht so gut zusammen.
SWR1: Man sagt, gemeinsame Erlebnisse schweißen zusammen. Sorgt dann nicht eine jahrelange Zusammenarbeit zwangsläufig dafür, dass man irgendwann miteinander befreundet ist?
Rinker: Wir gehen von einer phasenweisen Entwicklung von Freundschaften aus. Bis zu einem gewissen Punkt ist das bestimmt so, dass man, wenn man positive Sachen zusammen erlebt, auch eine positive Beziehung zueinander aufbaut.
Aber es ist auch nochmal sehr stark davon abhängig, [...] ob man jetzt nur Kollege oder Kollegin ist oder dann eben befreundet, wie viel man auch miteinander teilt und wie viel man der anderen Personen vertraut. Das ist durchaus unterschiedlich, wie viel Privates man von sich quasi noch mit in eine Arbeitsbeziehung nimmt.
Kollegen durch Teambuilding besser kennenlernen
SWR1: Würden Sie Teambuilding-Maßnahmen unterstützen, damit ein bisschen mehr Freundschaft entsteht?
Rinker: Das kann schon helfen, um einen Raum dafür zu schaffen. Man kennt das ja selbst auf der Arbeit; manchmal, wenn es da heiß hergeht, hat man nicht so viel Zeit überhaupt über Privates zu reden oder sich ein bisschen näher kennenzulernen außerhalb der reinen Arbeit, die man hat. Da können Teambuilding-Maßnahmen durchaus hilfreich sein.