SWR1: Im Rheumabus gibt es einen Schnelltest. Wie funktioniert der?
Prof. Andreas Schwarting: Der Rheuma-Schnelltest erfasst, ob Sie Entzündungsaktivität im Blut haben, was sozusagen ein Faktor ist, um zu sagen, es liegt eine entzündlich rheumatische Erkrankung vor.
SWR1: Bei Rheuma denkt man ja oft an steife Knochen, an Schmerzen in den Gelenken. Was für Symptome kann die Krankheit noch haben?
Schwarting: Das besondere ist die Vielschichtigkeit. Oftmals ist es so, dass viele Patienten darüber klagen, dass sie zu Beginn eine Kraftlosigkeit in den Händen, eine Morgensteifigkeit haben und dann kommen oftmals schmerzende Schwellungen der Gelenke hinzu.
Aber es gibt über 150 verschiedene Erkrankungen. Das Besondere an den rheumatischen Erkrankungen ist […], dass der Zeitfaktor bis zur Diagnosestellung ganz entscheidend ist. Denn wenn Sie das nicht früh genug diagnostizieren und auch behandeln, dann kommt es zu irreversiblen Schäden am Knorpelgelenk.
SWR1: Man sollte also zum Beispiel solche Schmerzen am Morgen sehr ernst nehmen?
Schwarting: Wir sagen, die Schmerzen sollten schon über sechs Wochen anhalten. Und eigentlich sagt die Leitlinie: Wenn Sie Beschwerden vor allem auch mit schmerzhaften Schwellungen haben, dann sollte der Patient innerhalb von sechs Wochen doch beim Rheumatologen vorgestellt werden. Das ist allerdings bei dem Mangel an Rheumatologen nahezu unmöglich.
SWR1: Erkrankte können sich am Rheumabus auch beraten lassen. Auch zu Hilfsangeboten?
Schwarting: Was wir versuchen, ist, dass wir unter dem Motto "Rheuma kann jeden treffen" schnell erkennen und gezielt handeln. Das wir auf der einen Seite informieren, dass wir beraten, dass wir Untersuchungen starten, Sie haben den Schnelltest erwähnt.
Wir haben auch als Weltneuheit jetzt einen Ultraschallroboter an Bord. Das ist ein Ultraschallgerät, das selbstständig, die Fingergelenke untersucht und feststellen kann, ob dort Entzündungen vorliegen.
Was aber auch wichtig ist, zu dem Team gehören auch die Ehrenamtlichen der Patientenselbsthilfegruppen, die Deutsche Rheumaliga Landesverband Rheinland-Pfalz, Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew und die Vaskulitis Selbsthilfegruppe in Mainz. Es ist ja oftmals so, dass die Patienten der Selbsthilfegruppe auf bestimmte Fragen der Patientinnen und Patienten noch ganz andere Ratschläge haben, als wir das vielleicht als Ärzte oder Fachärzte haben.
SWR1: Trotzdem brauchen wir so eine Aktion wie den Rheumabus zur Aufklärung. Unterschätzen wir die Krankheit an sich?
Schwarting: Das glaube ich weniger. Ich glaube, es liegt tatsächlich daran, dass wir eine Versorgungsproblematik haben hinsichtlich der rheumatologischen Versorgung. Der Rheuma-Bus soll eigentlich signalisieren, es gibt tatsächlich ein Problem. Wir werden mit dem Rheuma-Bus und mit dieser einwöchigen Tour die Versorgungsproblematik nicht lösen.
Es gibt vielfältige Lösungsansätze, die wir nach und nach versuchen, auch anzugehen. Ich bin wirklich dankbar, dass unsere Rheuma-Bus-Tour unter der Schirmherrschaft von Gesundheitsminister Clemens Hoch steht. Das heißt, dass auch die Politik sagt, wir müssen hier etwas tun.
Ich möchte es noch mal betonen. Das Entscheidende ist, dass wir frühzeitig die Diagnose stellen. Es gibt andere rheumatische Erkrankungen, oder wir sagen Musculus-Gelital-Erkrankungen, die Muskeln, Knochen, Sehnen oder Gelenke befallen, bei denen ist der Zeitfaktor nicht so kritisch. Und dann ist es natürlich schwierig für den Rheumatologen, dass er eigentlich besonders die Patienten sehen möchte, bei denen es um diesen Zeitfaktor geht.
Das Gespräch führte SWR1 Moderator Christian Balser.
Mehr Informationen zum Rheumabus finden Sie auf der Homepage der Rheuma-Liga.