Wir haben Rechtsanwalt Kay Rodegra gefragt: Gibt es eigentlich irgendeine Zeit, an der es mal ruhig sein muss?
SWR1: Müssen Bauarbeiter wenigstens die Mittagsruhe einhalten?
Kay Rodegra: Bauarbeiter nicht unbedingt, aber Privatleute in Wohngebieten. Die müssen ruhig sein, denn da gibt es eine Geräte- und Maschinen-Lärmschutzverordnung. Die besagt, dass zum Beispiel Laubbläser, Graskantenschneider oder auch Laubsammler zwischen 13 und 15 Uhr nicht zum Einsatz gebracht werden dürfen.
Und es geht auch noch strenger, wenn man nach Rheinland-Pfalz geht. Da gibt es die Landesimmissionsschutzverordnung und die besagt, dass zum Beispiel auch das Rasenmähen zwischen 13 und 15 Uhr in Wohngebieten von Privatleuten nicht durchgeführt werden darf.
SWR1: Wer sagt denn, wann es zu viel ist? Da kommt jetzt auch keiner vorbei und überprüft, ob zwischen 13 und 15 Uhr der Laubbläser angeworfen wird.
Rodegra: Das wird schon gemacht. Das Ordnungsamt kann schon mal unterwegs sein und natürlich rückt es an, wenn die Nachbarschaft sich beschwert und es folgt dann durchaus auch eine Anzeige.
Haus und Garten Wie laut dürfen die Nachbarn sein?
Lautes Telefonieren, Baustellenlärm, Kindergeschrei, Mähroboter, Wärmepumpe -Lärm kann auf die Nerven gehen. Welcher Lärm muss hingenommen werden? Und wann kann man sich wehren?
SWR1: Muss man eigentlich jeden Krach oder hinnehmen?
Rodegra: Nein, muss man nicht. Wenn Lärm unzumutbar ist, habe ich als Nachbar einen Unterlassungsanspruch gegen meinen Nachbarn. Das gilt insbesondere in der Nacht ab 22 Uhr, dann gilt die allgemeine Nachtruhe. Musik, Gespräche oder sämtliche anderen Geräusche müssen auf ein zumutbares Maß, nämlich die Nachtruhe, heruntergefahren werden.
SWR1: Jetzt gibt es auch Geräusche, die einen total triggern, zum Beispiel, wenn die Nachbarstochter jeden Sonntagabend Blockflöte übt.
Rodegra: Beim Musizieren ist das so eine Sache, denn das gehört zur freien Entfaltung der Persönlichkeit. Da kann man zwar in einer Hausordnung in einem Mietshaus Ruhezeiten, auch die Mittagsruhe, festlegen. Aber generell verbieten kann man es nicht. Und Hausmusik darf sogar auch sonntags gemacht werden, egal ob es die Blockflöte, Geige, Trompete oder das Schlagzeug ist. Man soll zwar Rücksicht nehmen auf die Nachbarschaft, aber verboten werden kann einem das Musizieren nicht.
SWR1: Lärm ist einer der häufigsten Gründe für den Nachbarschaftsstreit vor Gericht. Das wundert Sie jetzt nicht, oder?
Rodegra: Nein, das kommt in der Tat vor, denn viele sehen ihren Garten oder auch Balkon natürlich als ihre Ruhezone an. Und wenn es dann aus der Nachbarschaft zu lauter Musik, Gesprächen, Kindergeschrei oder eben der Laubbläser kommt, führt das schnell zum Streit. Da rate ich immer erst mal die Kommunikation, nicht die Konfrontation. Denn wenn einmal Streit in der Nachbarschaft ist, dann kriegt man den schwer wieder raus.
SWR1: Gibt es vielleicht zu viele Vorschriften, sind die Gesetze zu schwammig oder wir generell ein bisschen zu empfindlich, was das angeht?
Rodegra: Ich würde sagen, die Gesetze sind eigentlich klar, zumindest was Maschinen angeht. Ansonsten sind wir manchmal ein wenig zu empfindlich, erst recht, wenn es zum Beispiel um Kinderlärm geht. Wenn man in südlichen Ländern unterwegs ist, kriegt man selbst mit, dass Kinder auch nach 22 Uhr noch "hörbar" draußen rumspringen und dass das eben zum Alltag gehört. In Deutschland neigt man dazu, sich über Kindergeschrei dann doch etwas zu schnell aufzuregen, finde ich.
Das Gespräch führte Steffi Stronczyk.