Darüber haben wir mit der Expertin für Suchtprävention Michaela Goecke gesprochen. Goecke ist bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) tätig.
Alkoholsucht bei Kindern und Jugendlichen
SWR1: Dass Jugendliche anfangen Alkohol zu trinken, kann viele Gründe haben, beispielsweise durch ihre Freunde. Welche Rolle spielen dabei die Eltern, wenn die zuhause etwas trinken?
Michaela Goecke: Die Eltern sind für die Kinder sehr wichtig als ihre Vorbilder. Die Kinder orientieren sich am Konsumverhalten der Eltern. Da müssen die Eltern sensibilisiert dafür sein, wie sie selbst mit Alkohol umgehen.
SWR1: Ab wann wird Alkohol zu einem Problem bei Jugendlichen?
Goecke: Es wird natürlich zum Problem, wenn häufig und viel getrunken wird. Oder wenn mit einer bestimmten Funktion getrunken wird. Zum Beispiel um Sorgen zu vergessen. Oder um Probleme in der Schule, in Beziehungen oder mit den Eltern wegzudrücken.
Wenn das alles häufiger passiert und vielleicht sogar auch heimlich getrunken wird, sind das Zeichen, an denen man sieht, dass eine Alkoholproblematik vorliegt. Da sollten Eltern dann ganz genau hinschauen.
SWR1: Und wie sollte man dann reagieren?
Goecke: Eltern sollten in jedem Fall mit den Jugendlichen im Gespräch bleiben und die Gründe erfragen, warum so häufig getrunken wird. Es ist wichtig, dass die Nähe und Bindung erhalten bleibt.
Eltern können auch ab einem gewissen Punkt überfordert sein und nicht mehr weiter wissen. Dann sollte man sich auch nicht davor scheuen, Beratung und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es gibt Telefon- und Mailberatungen, auch bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Und es gibt Suchtberatungsstellen vor Ort.
Mediensucht bei Kindern und Jugendlichen
SWR1: Viele Eltern sehen das Problem, dass Kinder mehrere Stunden lang gebannt auf ihre Smartphones schauen. Ab wann wird der Medienkonsum bedenklich?
Goecke: Soziale Medien spielen nicht nur in der Freizeit eine große Rolle, sondern auch in der Schule, im Studium oder im Beruf. Medienkompetenz ist wichtig. Wenn Jugendliche eine gewisse Zeit lang exzessiv mit digitalen Medien spielen oder kommunizieren, muss man sich erstmal keine Sorgen machen, weil es sich in der Regel auch wieder einpendelt.
Auch hier gilt wieder, wenn es funktional, also zum Beispiel als Flucht in eine virtuelle Welt genutzt wird und immer wieder erlebt werden muss oder wenn mit den Medien Probleme weggeschoben werden sollen, dann ist immer etwas angelegt, was in eine problematische Nutzung führen kann.
Eltern sollten daher im Gespräch bleiben und auch fragen, was genau gemacht wird und warum. Und sie sollten natürlich auch die Zeiten im Blick behalten.
SWR1: Wenn es zu viel wird, spricht man von Mediensucht. Oft sieht man auch schon Dreijährige auf ein Smartphone oder Tablet starren. Was können Eltern tun, damit ihr Kind erst gar nicht mediensüchtig wird?
Goecke: Erstmal gar nicht so früh den Kontakt zu den Medien herstellen. Ein Tablet bei Dreijährigen ist nicht angebracht. Medienkonsum sollte den Kindern möglichst spät und möglichst angeleitet näher gebracht werden. Und auch in einem Kontext, bei dem die Nutzung und Funktion in Bezug auf Medienkompetenz im Fokus steht.
Auch in der Freizeitgestaltung sollte klar sein, dass soziale Netzwerke wichtig für die Kinder sind. Aber Eltern sollten immer einen Blick darauf haben und sich dafür interessieren, was ihre Kinder da machen.
SWR1: Ab wann ist die Mediennutzung zu viel?
Goecke: Es ist zu viel, wenn das Handy immer dabei sein muss. Zum Beispiel bei Freizeitaktivitäten oder beim Essen. Da muss man auch sagen, dass die Eltern nicht immer ein gutes Vorbild sind, wenn sie es selbst so vorleben, dass das Handy immer und überall dabei sein muss.
Das Gespräch führte SWR1 Moderator Frank Jenschar.