Das Opferfest erinnert an den Propheten Abraham, der im Islam Ibrahim heißt. Er war auf Gottes Geheiß bereit, seinen erst geborenen Sohn Ismail zu opfern. Eine ähnliche Überlieferung bietet die jüdisch-christliche Tradition, nach der Abraham die Opferung seines Sohnes Isaak vorbereitete. Der Sohn erging seinem Schicksal nur, weil Gott im letzten Augenblick Ibrahim befahl, stattdessen einen Widder zu opfern. Die gläubigen Muslime feiern den glücklichen Ausgang dieser schweren Glaubensprüfung und erinnern daran, indem sie jedes Jahr zum Opferfest ebenfalls ein Tier schlachten.
Festes Ritual
Meistens wird das Tier, ein Schaf, am ersten Festtag geopfert. Mit einem einzigen Schnitt trennt der Metzger die Halsschlagader und lässt das Tier ausbluten. Diesen rituellen Akt nennt man "Schächten". Das Opfertier wird beim Schächten mit verschiedenen Gebeten begleitet. Genau wie im Judentum ist auch im Islam das Schächten für viele Gläubige unerlässlich, um den Speisevorschriften zu genügen. Das Schächten sorgt in europäischen Ländern immer wieder für Diskussionen. Denn nach Ansicht von Tierschützern ist dieser Vorgang zu qualvoll für das Tier. In Deutschland braucht man für das Schächten ausdrücklich eine spezielle Genehmigung. Die Tiere müssen hier betäubt werden. In der Türkei ist es mittlerweile erlaubt, vor dem Schächten Tiere mit Elektroschock kurz zu betäuben.
Der tiefere Sinn - bedürftigen Menschen helfen
Das Opfertier wird nach islamischer Überlieferung in drei Teile zerlegt. Ein Drittel bekommen bedürftige Menschen, als Zeichen der Hilfsbereitschaft und Solidarität. Das ist auch der tiefere Sinn des Opferfestes. Ein Drittel erhalten, Freunde, Verwandte und Nachbarn. Da schaut man auch danach, wer vielleicht bedürftig sein könnte und ein Drittel bleibt sozusagen in der Familie.
Neue Wege - Spenden und Aufträge
Immer mehr gläubige Muslime, die zum Beispiel im Ausland Leben, machen von einer speziellen Spendenmöglichkeit Gebrauch. Das läuft dann so ab: In der Türkei legt die Zentrale Behörde für Religionsangelegenheiten jedes Jahr fest, wie hoch der Betrag für eine Spende für ein Tieropfer ist. Dieses Jahr beträgt sie zum Beispiel 125 Euro. Der Spender beauftragt mit seiner Überweisung die Behörde, ein Opfertier zu kaufen. Die Türkei lässt damit weltweit viele Tiere in ärmeren Regionen opfern, um Menschen zu helfen, zum Beispiel in Afrika oder in Asien. Im Opferfest spenden Muslime auch für andere wohltätige Zwecke.
Ein Familienfest mit Bräuchen
Die Vorbereitungen beginnen bereits eine Woche vor dem Fest. Wie an Weihnachten oder Ostern wird die Wohnung sauber gemacht. Jede Menge Süßes wird gebacken, wie zum Beispiel Baklava, diese Blätterteigpastete mit Nüssen und Pistazien, ist mittlerweile auch in Deutschland bekannt. Am Vortag des Festes werden die Gräber besucht und Bittgebete gesprochen. Der erste Festtag startet am frühen Morgen mit dem Festgebet in der Gemeinde. Im Anschluss werden die Tiere geopfert und gleich verteilt. Üblich ist, dass die Jüngeren die Älteren besuchen. Die Kinder bekommen bei jeder Begrüßung Geschenke, aber auch Geld, meist dezent, in ein Taschentuch gewickelt. Am Abend gibt es dann ein Festmahl im Familienkreis. Wichtiger ist aber beim Opferfest, dass man miteinander Freud und Leid teilt, den ärmeren Menschen hilft und sich versöhnt.
Das Opferfest - der Höhepunkt der Wallfahrt nach Mekka
Im direkten Zusammenhang mit dem Opferfest steht die jährliche Pilgerfahrt nach Mekka, der Hadsch. Rund eine Million Pilger hat Saudi-Arabien dieses Jahr zugelassen. Erstmals seit Beginn der Pandemie dürfen auch wieder Muslime aus dem Ausland anreisen. Für gläubige Muslime zählt die Wallfahrt zu den fünf Grundpflichten des Islam (Glaubensbekentnis, das tägliche Gebet, Armensteuer(Zakat), Fasten im Monat Ramadan und die Pilgerreise). Das Opferfest gilt als der Höhepunkt der jährlichen Pilgerfahrt nach Mekka. Die Pilger opfern vor Ort Schafe, die dann an bedürftige Menschen verteilt werden.
Der Standpunkt in SWR1 Sonntagmorgen von Dietrich Karl Mäurer