Hitparade 1990 | Die Top 2000 D

Die erste gemeinsame deutsch-deutsche Hitparade

Stand
Autor/in
Günter Schneidewind

Im August 1990 wurde die erste gemeinsame deutsch-deutsche Hitparade gespielt. DT64, das Jugendradio der DDR, und SDR3, das damalige Jugendprogramm des Süddeutschen Rundfunks sendeten zusammen die "Top 2000 D". Es moderierten zwei Kollegen von DT64 in Stuttgart, einer von ihnen dann lange bei SWR1 Baden-Württemberg: Günther Schneidewind. Und der erinnert sich an die damalige Zeit...

Das Jugendradio DT 64

DT 64 war das Jugendradio der DDR, das von Berlin aus das ganze Land erreichte. Die Hörer waren meist Schüler, Azubis und junge Erwachsene. Nur hier gab es auch eine ordentliche Portion Rock und Pop aus der westlichen Welt im Verhältnis 60:40 zugunsten der einheimischen Musik und der aus den benachbarten Bruderstaaten.
Das sind schon die Hauptgründe für das unterschiedliche Abstimmverhalten der Hörer von SDR3 aus dem Westen und denen von DT64 aus dem Osten Deutschlands. Die waren oft Teenager und standen eher auf Depeche Mode als auf die Rolling Stones.

Unterschiedliche Wertungen in Ost und West

Dire Straits auf Platz 1 im Westen

Hätten im Sommer 1990 die SDR3 Hörer allein abgestimmt, wären die Dire Straits mit "Brothers In Arms" die Sieger gewesen, und "Stairway To Heaven" auf Platz 2 gekommen.

Depeche Mode auf Platz 1 im Osten

Bei DT64 hätten Depeche Mode mit "Enjoy The Silence" gewonnen vor Sinnead O’Connors "Nothing Compares To You".

Da dieser Song auch bei SDR3 sehr hoch nämlich auf Platz 4 kam, ergab sich aus dem gemeinsamen Voting für Sinnead O’Connor der Gesamtsieg - ein bisschen enttäuschend für alle.

Das Radio in der DDR

Der Musikfan in der DDR frönte seiner Leidenschaft vor allem vor dem Radio. Fast überall im Land, außer im viel zitierten Tal der Ahnungslosen im Raum Dresden und Chemnitz, fielen die Stationen der westlichen Bundesländer und Radio Luxemburg ein.

Platten aus dem Westen

Platten hatte nur der mit Westverwandtschaft und großem Glück, dass die Pakete nicht abgefangen wurden. Denn erlaubt war nur das sogenannte Kulturerbe, was dazu geführt hat, dass meine "Araxas" LP von Santana in der Hülle von Ravels Bolero steckte und Pink Floyds "Dark Side Of The Moon" in der Verpackung von Beethovens 9. Sinfonie. Aber es gab auch schwarze Märkte vorwiegend in Ostberlin, wo die Dealer aus dem Westen vor Ort waren, wie im Film "Sonnenallee" wunderbar zu sehen ist.

Tatsächlich wechselten neue LPs für über 200 Ostmark den Besitzer, was einem Drittel des Durchschnittslohnes eines Facharbeiters entsprach. Da habe auch ich lieber Radio gehört und oft die ganze Nacht mitgeschnitten auf Spule und Kassette. So entstand ein Musikgeschmack, der nicht nur von Hitparaden und Verkaufsstrategien der Plattenfirmen gesteuert wurde.

Fakten, Fakten, Fakten

Kurz und knapp
Jahr:1990
Name:Top 2000 D - erste gemeinsame deutsch-deutsche Hitparade
Anzahl:2000 Titel - die längste Hitparade der Welt
Platz 1:gemeinsame Nummer 1: "Nothing Compares to You" von Sinead O’Connor
Nr.1 im Osten: "Enjoy your Silence" von Depeche Mode
Nr.1 im Westen: "Brothers in Arms" von Dire Straits
Wann:Freitag, 17. bis Samstag, 25. August 1990 (neun Tage lang)
Moderation:vier Teams - immer gemischt DT64 und SDR3: im Westen moderieren Matthias Holtmann/Günter Schneidewind und Stefan Siller/Uwe Wassermann und im Osten Marion Brasch/Thomas Schmidt, Lutz Bertram/Friedemann Leinert
Wo:in Stuttgart und Ost-Berlin
Finale:... auf dem Stuttgarter Wasen, ein deutsch-deutsches Rockkonzert mit der DDR Band Rockhaus und Rio Reiser, dem ungekrönten König von Deutschland. Die Toten Hosen waren Überraschungsgast und spielten live „Hier kommt Alex“, auch live war Matthias Reim mit „Verdammt ich lieb dich“ dabei.
... dazu ein Abschlussfest in Dresden unter anderem mit Nena

Die Top 10:

PlatzTitelInterpret
1Nothing Compares 2 USinead O'Connor
2Brothers in ArmsDire Straits
3Stairway to HeavenLed Zeppelin
4Enjoy the SilenceDepeche Mode
5Wish You Were HerePink Floyd
6LeningradBilly Joel
7Another Day in ParadisePhil Collins
8PoisonAlice Cooper
9Black VelvetAlannah Myles
10SatisfactionRolling Stones

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Günter Schneidewind