Das Jugendradio DT 64
DT 64 war das Jugendradio der DDR, das von Berlin aus das ganze Land erreichte. Die Hörer waren meist Schüler, Azubis und junge Erwachsene. Nur hier gab es auch eine ordentliche Portion Rock und Pop aus der westlichen Welt im Verhältnis 60:40 zugunsten der einheimischen Musik und der aus den benachbarten Bruderstaaten.
Das sind schon die Hauptgründe für das unterschiedliche Abstimmverhalten der Hörer von SDR3 aus dem Westen und denen von DT64 aus dem Osten Deutschlands. Die waren oft Teenager und standen eher auf Depeche Mode als auf die Rolling Stones.
Unterschiedliche Wertungen in Ost und West
Dire Straits auf Platz 1 im Westen
Hätten im Sommer 1990 die SDR3 Hörer allein abgestimmt, wären die Dire Straits mit "Brothers In Arms" die Sieger gewesen, und "Stairway To Heaven" auf Platz 2 gekommen.
Depeche Mode auf Platz 1 im Osten
Bei DT64 hätten Depeche Mode mit "Enjoy The Silence" gewonnen vor Sinnead O’Connors "Nothing Compares To You".
Da dieser Song auch bei SDR3 sehr hoch nämlich auf Platz 4 kam, ergab sich aus dem gemeinsamen Voting für Sinnead O’Connor der Gesamtsieg - ein bisschen enttäuschend für alle.
Das Radio in der DDR
Der Musikfan in der DDR frönte seiner Leidenschaft vor allem vor dem Radio. Fast überall im Land, außer im viel zitierten Tal der Ahnungslosen im Raum Dresden und Chemnitz, fielen die Stationen der westlichen Bundesländer und Radio Luxemburg ein.
Platten aus dem Westen
Platten hatte nur der mit Westverwandtschaft und großem Glück, dass die Pakete nicht abgefangen wurden. Denn erlaubt war nur das sogenannte Kulturerbe, was dazu geführt hat, dass meine "Araxas" LP von Santana in der Hülle von Ravels Bolero steckte und Pink Floyds "Dark Side Of The Moon" in der Verpackung von Beethovens 9. Sinfonie. Aber es gab auch schwarze Märkte vorwiegend in Ostberlin, wo die Dealer aus dem Westen vor Ort waren, wie im Film "Sonnenallee" wunderbar zu sehen ist.
Tatsächlich wechselten neue LPs für über 200 Ostmark den Besitzer, was einem Drittel des Durchschnittslohnes eines Facharbeiters entsprach. Da habe auch ich lieber Radio gehört und oft die ganze Nacht mitgeschnitten auf Spule und Kassette. So entstand ein Musikgeschmack, der nicht nur von Hitparaden und Verkaufsstrategien der Plattenfirmen gesteuert wurde.
Fakten, Fakten, Fakten
Jahr: | 1990 |
Name: | Top 2000 D - erste gemeinsame deutsch-deutsche Hitparade |
Anzahl: | 2000 Titel - die längste Hitparade der Welt |
Platz 1: | gemeinsame Nummer 1: "Nothing Compares to You" von Sinead O’Connor Nr.1 im Osten: "Enjoy your Silence" von Depeche Mode Nr.1 im Westen: "Brothers in Arms" von Dire Straits |
Wann: | Freitag, 17. bis Samstag, 25. August 1990 (neun Tage lang) |
Moderation: | vier Teams - immer gemischt DT64 und SDR3: im Westen moderieren Matthias Holtmann/Günter Schneidewind und Stefan Siller/Uwe Wassermann und im Osten Marion Brasch/Thomas Schmidt, Lutz Bertram/Friedemann Leinert |
Wo: | in Stuttgart und Ost-Berlin |
Finale: | ... auf dem Stuttgarter Wasen, ein deutsch-deutsches Rockkonzert mit der DDR Band Rockhaus und Rio Reiser, dem ungekrönten König von Deutschland. Die Toten Hosen waren Überraschungsgast und spielten live „Hier kommt Alex“, auch live war Matthias Reim mit „Verdammt ich lieb dich“ dabei. ... dazu ein Abschlussfest in Dresden unter anderem mit Nena |
Die Top 10:
Platz | Titel | Interpret |
1 | Nothing Compares 2 U | Sinead O'Connor |
2 | Brothers in Arms | Dire Straits |
3 | Stairway to Heaven | Led Zeppelin |
4 | Enjoy the Silence | Depeche Mode |
5 | Wish You Were Here | Pink Floyd |
6 | Leningrad | Billy Joel |
7 | Another Day in Paradise | Phil Collins |
8 | Poison | Alice Cooper |
9 | Black Velvet | Alannah Myles |
10 | Satisfaction | Rolling Stones |