Retrospektive Werner Herzog

Mein liebster Feind

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Fünf seiner Filme drehte Werner Herzog zusammen mit dem Schauspieler Klaus Kinski. Dabei waren die Dreharbeiten häufig nicht nur von genialer Schauspielkunst, sondern auch von Wutausbrüchen Kinskis geprägt. In Mein liebster Feind versetzt sich Werner Herzog zurück in die Zeit seiner Zusammenarbeit mit Kinski.

22.06.2022, 15:00 Uhr, 95 min, Cinema.

Inhaltsverzeichnis

Mein liebster Feind - Filminhalt

Herzog reist nach Peru, wo er die Filme Aguirre – Der Zorn Gottes und Fitzcarraldo mit Kinski gedreht hat und trifft frühere Kolleginnen und Kollegen des verstorbenen Schauspielers. Was sich offenbart ist eine ebenso widersprüchliche wie auch faszinierende Freundschaft, die zu gleichen Teilen aus Hass und Bewunderung besteht. Archivmaterial zeigt Klaus Kinski als cholerischen Egomanen und betont zugleich die schicksalshafte Verbundenheit des Schauspielers mit dem ruhigen Werner Herzog. Bereits als Kind lebte Herzog gemeinsam mit Eltern und Geschwistern zusammen mit Klaus Kinski in einer Wohnung. Eindrücklich beschreibt der Regisseur die Wutanfälle, durch die Kinski schon damals auffiel. Herzog beschönigt nichts. So lehnte er zwar beispielsweise das Angebot indigener Männer ab, Kinski für ihn zu töten, bedauerte diese Entscheidung jedoch wenig später. Trotz allem verliert er nicht die Zärtlichkeit, die er gegenüber Klaus Kinski empfindet.

Untermalt durch Archivmaterial und Fotografien transportiert Werner Herzog die unfassbare Energie Kinskis und verdeutlicht die künstlerische Synthese, die aus der gemeinsamen Zusammenarbeit resultierte. Werner Herzogs ruhige Sprechweise und seine einprägsame Stimme begleiten hierbei intime Aufnahmen des Schauspielers und Filmausschnitte, bei denen die Seele Kinskis greifbar erscheint. Nachdem Kinski sich bereits für seinen Film Kinski Paganini psychisch verausgabt hatte, brachte er bei der letzten gemeinsamen Produktion mit Werner Herzog ein unangenehmes Klima ans Set des Films Cobra Verde. Selbst für Herzog war dessen Verhalten nun nicht mehr tragbar. In den Aufnahmen aus Cobra Verde sackt Klaus Kinskis Figur gescheitert und verlassen an der Küste Westafrikas zusammen und stirbt. Die dramatischen Bilder des Films stehen sinnbildlich für Kinskis Leben. Während dieser am Strand liegend von Wellen überschwemmt wird, zieht Herzog ein Resümee über Kinskis letzte Jahre, die er als Vergeudung beschreibt. Nach Cobra Verde brach Herzog die Zusammenarbeit ab. Kinski starb 1991 in seinem Haus nördlich von San Francisco. »Es war, als wäre er verglüht«, kommentiert Herzog in einem berührenden Moment des Films.

Das Werk endet mit dessen wohl bekanntester Szene, die Kinski in einem Moment der Seelenruhe zeigt. Ein Schmetterling setzt sich auf seine Wange und scheint nicht wegfliegen zu wollen. Das Gesicht des Schauspielers ist auf einmal weich und beinahe kindlich. Werner Herzogs Stimme ruft einem erneut ihre besondere Verbundenheit vor Augen. Auch wenn sein Verstand es besser weiß – seine Sehnsucht nach diesem weichen Kinski ist so groß, dass er sich wünschte, er könne ihn immer so im Gedächtnis behalten.

Der Film ist ein Dokument der Beziehung zweier Männer und deren Entwicklung im Lauf der Jahre. Er zeigt Regisseur und Darsteller in ihrer Zusammenarbeit, beide getrieben von ihren Ansprüchen. Die Wutausbrüche, für die Kinski bekannt war, haben jedoch zum heutigen Zeitpunkt einen unangenehmen Beigeschmack. 2013 warf Pola Kinski ihrem Vater sexuellen Missbrauch vor, die jüngere Schwester Nastassja beschreibt ihn als Tyrann, vor dem sie die meiste Zeit Angst gehabt habe. Mein liebster Feind entstand 14 Jahre vor den Anschuldigungen und thematisiert all dies daher nicht, man sollte diesen Aspekt aber heute bei der Rezeption mitdenken. Aus heutiger Sicht würde das sicherlich weitaus stärker problematisiert werden. Doch genau dies ist die Kunst eines großen Dokumentarfilms wie Mein liebster Feind. Er entschwindet nicht mit den Jahren, sondern regt in anderen Zeiten zu einer neuen Rezeption und zu neuen Diskussionen an. Es ist ein Film, der immer wieder neu gesehen und immer wieder neu erfahren werden kann.

Mein liebster Feind - Infos zur Reihe und zum Regisseur

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Der 79-jährige Regisseur, Schauspieler und Produzent schuf mit seinen über 60 Spiel- und Dokumentarfilmen ein unvergleichbares Gesamtwerk. Seine Filme gelten als dicht erzählte Meisterwerke, die die Grenze zwischen Fiktion und Dokumentation verschwimmen lassen. Als Regisseur erschafft er so stilbildende dokumentarische Werke, die sich häufig der Urgewalt der Natur, der Anziehungskraft ferner Orte oder den Tiefen des Menschseins widmen.

Mein liebster Feind - Credits

Filmlänge95 Minuten
Buch und RegieWerner Herzog
KameraPeter Zeitlinger
MontageJoe Bini
TonEric Spitzer
ProduktionWerner Herzog Filmproduktion, Café Productions, Zephir Film
Ko-ProduktionWDR, Arte, BR
Gefördert durchFilmstiftung Nordrhein-Westfalen
FSK12

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SWR