Tischtennis

Grenzau und der TTC Zugbrücke - bedrohter Spitzensport im beschaulichen Westerwald?

Stand
Ein Film von
Christoph Pietsch
Onlinefassung
Maximilian Springer

Meisterschaften und Pokalsiege - der TTC Zugbrücke Grenzau hat eine bewegte Geschichte. Über ein ehemaliges Tischtennis-Wunder, das sich mehr Unterstützung vom Land wünscht.

Spitzensport in einem Dorf mit nur 100 Einwohnern? Das gibt es im beschaulichen Ort Grenzau im Westerwald. Der Tischtennisclub Zugbrücke begeistert dort zwischen altehrwürdigen Fachwerkhäusern die Menschen schon seit 1952. 30 Jahre später begann dann ein wahres Tischtenniswunder. 1982 traten die Westerwälder zum ersten Mal in der höchsten deutschen Spielklasse an. Nur wenige dürften damals geahnt haben, dass sich an der Liga-Zugehörigkeit in den nächsten 42 Jahren nichts mehr ändern sollte.

Goldene Zeiten bis in die 2000er Jahre

Die Erfolgsgeschichte des TTC Zugbrücke Grenzau ging nach dem Aufstieg 1982 erst richtig los. Schon im ersten Bundesliga-Jahr konnte im damaligen ETTU Cup, einem internationaler Pokal, vergleichbar mit der Europa League im Fußball, der zweite Platz belegt werden. In der Saison 1986/87 folgte dann der bisherige Höhepunkt in der Vereinsgeschichte. Mit dem ersten Meistertitel, dem deutschen Pokal und dem Europapokal gingen drei Titel nach Grenzau, das war zuvor noch keinem anderen deutschen Tischtennisverein gelungen.

Manfred Gstettener, Gründer und Ehrenpräsident des TTC Zugbrücke, blickt im Interview mit SWR Sport stolz auf diese Zeit zurück, noch viele weitere Titel sollten folgen: "Wir haben insgesamt 14 deutsche oder internationale Titel geholt, wir sind neben Düsseldorf der zweitbeste deutsche Tischtennisverein aller Zeiten."

Der letzte Titel, den die Mannschaft aus dem kleinen Dorf im Westerwald gewann, war die deutsche Meisterschaft 2001/02. Seit neun Jahren muss sich der ehemalige Dauergast in den Playoffs aber eher in der unteren Tabellenregion behaupten. Ab der Saison 2016/17 stand der TTC fünf mal am Saisonende auf einem sportlichen Abstiegsplatz, konnte sich aber stets durch die Aufstockung der Liga von neun auf 12 Teams und dem Fehlen eines Aufsteigers in der Bundesliga halten. Gründe für den Einbruch des Clubs sind auch finanzstärkere Vereine, gegen die sich Grenzau in der Bundesliga behaupten muss.

Neu-Ulm

Tischtennis | Final Four Borussia Düsseldorf gewinnt deutschen Tischtennis-Pokal

Der deutsche Meister Borussia Düsseldorf hat beim Final Four in Neu-Ulm den deutschen Tischtennis-Pokal und somit den 77. Titel seiner Vereinsgeschichte geholt.

SWR Aktuell Baden-Württemberg mit Sport SWR BW

Nur drei Profis des TTC Zugbrücke sind zur Zeit einsatzbereit

Der Manager des TTC Zugbrücke, Markus Ströher, weiß um die besonderen Herausforderungen, die der ländliche Standort für den Club mit sich bringt. "Bei uns ist es halt einfach so, wir müssen mit Herzblut versuchen unseren Etat zusammenzukriegen, damit wir am Ende des Tages unsere Spieler bezahlen können. Das sind Profis, die davon leben", erklärt Ströher. Der aktuelle Etat des TTC liegt zur Zeit bei etwa 400.000 Euro. Mit diesem sei man im Vergleich zu anderen deutschen Teams "am Ende der Fahnenstange", sagt der Manager des Clubs.

Laut Ströher können andere Teams in der Bundesliga durch einen höheren Etat nicht nur qualitativ bessere Spieler beschäftigen, sondern auch schlicht mehr Spieler unter Vertrag nehmen. Mit Patrick Baum, Feng Yi-Hsin, Maciej Kubik und Sam Walker umfasst der Bundesliga-Kader der Grenzauer zur Zeit vier Spieler. Der Wormser Patrick Baum ist zur Zeit verletzt, was den Kader auf nur drei Spieler begrenzt. Andere Vereine hätten sechs oder sieben Bundesliga-Profis, erklärt Manager Ströher. Dadurch kann die Belastung auf die Spieler während der Saison besser verteilt werden.

Ströher fordert klares Bekenntnis zum Spitzensport vom Land

"Wir laufen auf einem ganz schmalen Grat", sagt Ströher. Die 42. Bundesliga-Saison sei für das "kleine Seelen-Dorf" nicht selbstverständlich. Die "gesamtwirtschaftliche Situation" spiegele sich zur Zeit auch im Sponsoring wieder. Wenn nicht Entscheidendes passiere, "werden wir 50. Jahre nicht erleben", warnt der TTC-Manager.

Um dieses Jubiläum noch zu feiern zu können, fordert Ströher "ein klares Bekenntnis vom Land Rheinland-Pfalz, dass es Spitzensport im Land haben will." Dabei gehe es nicht nur um Tischtennis sondern "um alle Sportarten außer Fußball". Ströher stehe dafür bereits mit dem Innenministerium von RLP in Kontakt, wie er am SWR Sport-Mikrofon erklärt.

Trotz aller Widrigkeiten spielt der Tischtennis-Verein aus dem 100-Seelen-Dorf im Westerwald aktuell eine durchaus solide Bundesliga-Saison. Mit acht Siegen und neun Niederlagen steht der TTC Zugbrücke auf Platz sechs der aktuell elf Teams umfassenden Tabelle. Mit Mainz 05 steht auch schon der Absteiger fest, die 05er gaben im Februar den Verzicht auf eine Lizenz für die kommende Saison bekannt. Auf eine Rückkehr des Playoff-Tischtennis muss Grenzau wohl weiterhin warten. Durch die bittere Niederlage am Montag gegen den TSV Bad Königshofen ist die Meisterrunde in dieser Saison in weite Ferne gerückt.

Stand
Ein Film von
Christoph Pietsch
Onlinefassung
Maximilian Springer