Gut gelaunt schlendert Leo Neugebauer kurz vor Weihnachten durch die Molly-Schauffele-Halle am Olympiastützpunkt in Stuttgart. Hier ein Schwätzchen, da eine Umarmung. Sein Training vernachlässigt Deutschlands bester Zehnkämpfer bei seinem Heimatbesuch im Schwabenländle aber keineswegs. "Ich bin jetzt wieder komplett in der Vorbereitung und gerade sehr fit", sagt Neugebauer im Interview mit SWR Sport, "jetzt fängt ja dann die Hallensaison an. Da freue ich mich drauf."
Neugebauer knackt deutschen Rekord und verpasst WM-Medaille nur knapp
In der neuen Saison will der 23-Jährige am liebsten an seine Leistungen aus dem Jahr 2023 anknüpfen. Da knackte Neugebauer im Juni mit 8.836 Punkten sensationell den 39 Jahre alten deutschen Zehnkampf-Rekord von Jürgen Hingsen. Nach seinem Zieleinlauf brach Neugebauer in Tränen aus und konnte diesen "verrückten" Erfolg zunächst kaum fassen. Denn nicht nur auf nationaler Ebene sorgte Neugebauer mit seinem Erfolg für einen Paukenschlag: Nur acht Zehnkämpfer erzielten weltweit jemals mehr Punkte. "Ich habe mir selbst gezeigt, was ich drauf hab und das war mir das Wichtigste", sagt Neugebauer, der seit vier Jahren in Texas studiert und am College "optimale Trainingsbedingungen" vorfindet.
Zur WM in Budapest zwei Monate später reiste Neugebauer dann als einer der Favoriten. Nach einem grandiosen Tag eins fiel der auf Goldkurs liegende Deutsche dann nach einem verpatzten Start an Tag zwei zunächst aber zurück. Am Ende landete der in Leinfelden-Echterdingen aufgewachsene Neugebauer auf einem starken fünften Platz.
Fahrplan bis Paris
Um es bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris vielleicht noch ein Stückchen weiter nach vorne zu schaffen, richtet Neugebauer alles nach seinem "großen Traum einer Medaille" aus. Die Monate bis zum Zehnkampf-Wettbewerb am 2. August sind komplett durchgetaktet. "In der Hallensaison mache ich zwei Siebenkämpfe, danach direkt einen Zehnkampf, um mich für die College-Meisterschaften zu qualifizieren, dann noch einen Zehnkampf im Juni und danach der volle Fokus auf Olympia", erzählt Neugebauer. "Generell ist immer mein Ziel, ein kleines Bisschen besser zu werden", so der Zwei-Meter-Hüne. Olympisches Edelmetall aber wäre "das Topziel".
Um das zu erreichen, will Neugebauer noch an "vielen Baustellen" arbeiten. Während "beim Speerwerfen wahrschenlich noch am meisten drin ist", zählen Diskuswerfen und Weitspringen zu seinen Lieblingsdisziplinen zählen. "Aber eigentlich mache ich alles gerne. Außer die 1.500 Meter. Aber die mag wirklich niemand", sagt Neugebauer, der seit November für den VfB Stuttgart startet, lachend.
Weihnachten mit der Familie
Über Weihnachten will der Shootingstar jetzt erstmal weiter trainieren und die Zeit mit der Familie und Freunden genießen. "Wir feiern das Weihnachtsfest ganz traditionell mit Oma, Oma, Tante und Onkel - alle sind dabei", erzählt Neugebauer und verrät, dass er sich auf eine Sache in der Heimat besonders freut: "Ich hab definitiv dort das Essen vermisst. Im deutschen Essen ist mehr Geschmack drin, so richtig schönes Sauerkraut fehlt mir schon da drüben".
Bis zum 2. Januar hat Neugebauer noch Zeit, seinen Sauerkraut-Heißhunger zu stillen. "Dann geht's wieder zurück nach Amerika", sagt der 23-Jährige, der im Sommer sein Studium dort beendet. "Wie es dann weitergeht, ist noch völlig offen". Jetzt steht ja ohnehin erst sein "großer Traum" in Paris im Fokus.