Mein Sportmoment 2024

"Ein Wahnsinn" - Deutschlands Handballer schlagen Frankreich dank irrem Tor in letzter Sekunde

Stand
Autor/in
Nicole Schmitt

Trotz des verlorenen Finales gegen Top-Favorit Dänemark haben die deutschen Handballer bei den Olympischen Spielen in Paris ein überragendes Turnier gespielt. Die Krönung und der Sportmoment des Jahres 2024 für SWR-Sport-Redakteurin Nicole Schmitt war der Viertelfinal-Krimi gegen Frankreich.

Sechs Sekunden waren im olympischen Viertelfinale zwischen Frankreich und Deutschland noch zu spielen. Rückraumspieler Renars Uscins hatte gerade per Siebenmeter den 28:29-Anschlusstreffer erzielt. Mehr schien für das deutsche Team nach großem Kampf in diesem Handball-Krimi an jenem 7. August aber nicht drin zu sein.

Schließlich war Frankreich nun in Ballbesitz und musste die letzten Sekunden nur noch über die Zeit bringen. Die Halle bebte, die 27.000 Zuschauer im umgebauten Fußballstadion Stade Pierre-Mauroy bejubelten schon den Halbfinal-Einzug von "Les Bleus". Und auch meine Kollegen aus dem Olympia-Online-Team und ich waren uns sicher: Das wird nix mehr. So standen wir also ziemlich bedröppelt zusammen vor einem der vielen Fernseher in den Redaktionsräumen der Sportschau in Köln und waren enttäuscht, dass diese bislang so großartige und mitreißende Reise der deutschen Handballer bei den Olympischen Spielen gleich vorbei sein sollte.

Deutschland schafft das Unmögliche und rettet sich in die Verlängerung

Dann aber passierte, was laut Spielmacher Juri Knorr "nur einmal in der Karriere so passiert": Frankreichs Starspieler Dika Mem verlor sechs Sekunden vor Schluss beim Anspiel die Nerven und spielte einen zu kurzen Pass. Julian Köster machte sich lang, pflückte den Ball aus der Luft und spielte zu Uscins, der sich auf halblinks in Position gebrachte hatte. Zwei schnelle Schritte, Sprung und der Ball landete mit der Schlusssirene - durch die Beine des französischen Keepers - im Netz. Das 29:29. Schwarz-rot-goldene Ekstase im Stade Pierre-Mauroy und bei uns in der Redaktion. Dieses jetzt schon epische Handballspiel ging in die Verlängerung.

Ich war froh, dass mein Spätdienst an diesem Nachmittag noch nicht begonnen hatte und ich dieses "Jahrhundertspiel", wie es später betitelt wurde, einfach nur als Handball-Fan genießen konnte. Wobei das Wort "genießen" eigentlich nur auf den Schlusspfiff zutraf. Zu nervenaufreibend und packend war die zweimal fünfminütige Verlängerung, die nach dem späten Ausgleich folgte. Deutschland und Frankreich schenkten sich nichts. Mit intensiven Zweikämpfen, spektakulären Toren und einer unglaublichen Spannung brachten die beiden Teams ganz Paris - und auch mich - zum Beben.

Überragender Uscins führt Deutschland zum Sieg

Als der erst 22-jährige Uscins - wieder sechs Sekunden vor dem vermeintlichen Ende - einen Kracher in den Winkel auspackte, mit seinem 14. Tor (!) an diesem Nachmittag zum 35:34 für Deutschland traf und Torhüter David Späth im Gegenzug den letzten Wurf der Gastgeber parierte, war der Wahnsinn perfekt. "Ich weiß selber nicht, was da gerade passiert ist", sagte Uscins, der überragende Mann des Spiels. "Ich bin einfach sehr glücklich über diesen riesigen Fight."

Das bin ich auch. Denn dieses olympische Viertelfinale war das spektakulärste und emotionalste Handballspiel, das ich eh je gesehen habe. Chapeau, an das junge deutsche Team für diese Leistung und Danke für diesen Sportmoment 2024!

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Autor/in
Nicole Schmitt