Eigentlich absolviert Naemi Breier gerade eine Ausbildung. Doch ihr Hobby Schiedsrichterin ist mittlerweile zu einer Art zweitem Beruf geworden: fünf Mal pro Woche Training plus ein Spiel am Wochenende, maximal einen Tag frei - das ist das Pensum, das sie als Schiedsrichterin der Frauen-Bundesliga und der Männer-Oberliga jede Woche neben ihrem eigentlichen Job absolviert. "Es passiert oft, dass wir von der Arbeit direkt zum Spiel fahren", erzählt Breier, die die Kritik des 1. FC Nürnberg an der Leistung der Bundesliga-Schiedsrichterinnen "wie aus dem Nichts" traf.
Nürnbergs Kritik teilweise respektlos
Aufsteiger 1. FC Nürnberg hatte Anfang Februar massive Kritik an den Leistungen der Schiedsrichterinnen geübt und die Öffnung der Liga für männliche Unparteiische gefordert. Der sportliche Leiter der Nürnbergerinnen, Osman Cankaya, bezeichnete die Lage nach zahlreichen Fehlentscheidungen als "alarmierend" sowie "nicht mehr hinzunehmen" und prangerte "qualitative Missstände und strukturelle Defizite" beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) an. "Dass der Verein Kritik äußert, ist vollkommen in Ordnung. Aber die Frage ist, wie äußere ich sie, und das war respektlos uns gegenüber", erklärt Breier.
Finanzielle Absicherung für Schiedsrichterinnen
"Man muss das alles jetzt aufarbeiten. Das ist jetzt eine neue Herausforderung, der wir uns stellen müssen", will Breier gar nicht so sehr zurück schauen, sondern sie denkt konstruktiv in die Zukunft. Sie und ihre Kolleginnen stünden immer stärker im Fokus, auch der Medien, weshalb sie eine Hauptforderung hat: "Wir müssen professioneller werden."
Ein großes Problem ist für sie die fehlende finanzielle Unterstützung. Zum Vergleich: Eine Schiedsrichterin erhält pro Spiel 700 Euro, ein Schiedsrichter in der Bundesliga der Männer 5.000 Euro plus mindestens 62.000 Euro Grundgehalt. "Wir müssen eine gewisse Absicherung haben. Dafür muss aber nicht nur der DFB sorgen, sondern auch die Vereine müssen mit ins Boot geholt werden. Wenn sich die Vereine mehr Professionalität wünschen, müssen wir dann überlegen, wie wir das gestemmt kriegen."
Männer bei Frauenspielen denkbar
Der Forderung, künftig auch Männer in der obersten Spielklasse der Frauen pfeifen zu lassen, steht Breier grundsätzlich positiv gegenüber. "Männer können natürlich auch unsere Klassen pfeifen, das kann man sich durchaus vorstellen. Da sind wir Frauen nicht abgeneigt. Aber das braucht Zeit", weiß Breier. Christine Beitinger, Sportliche Leiterin der Schiedsrichterinnen beim DFB, sieht das ähnlich. "Voraussetzung muss sein, dass männliche Schiedsrichter Teil der Frauen-Bundesliga sind. Dann sind wir grundsätzlich offen dafür. Schiedsrichter sollten also dem Kader der Frauen-Bundesliga angehören." Beitinger räumte für die Frauen-Bundesliga ein: "Es hat zweifelsohne einige Fehlentscheidungen in dieser Saison gegeben, die uns natürlich nicht freuen."
Bedingungen verbessern
Von einem Qualitätsproblem will die frühere FIFA-Unparteiische aber nichts wissen und verweist wie Breier auf eine grundsätzlich Misere im Spitzenbereich: Man dürfe nicht vergessen, "dass unsere Schiedsrichterinnen fast alle noch voll im Berufsleben stehen und teilweise Kinder zu Hause haben. Das verlangt ziemlich viel. Wir wollen die Gegebenheiten verbessern, damit sie mehr Freiräume haben." Ziel sei es, diese Möglichkeiten und das Budget beim DFB dafür zu schaffen.
Aus Fehlern lernen
Wenn das gelänge, wäre sicherlich allen geholfen. Für Naemi Breier heißt es derzeit: weiter trainieren, pfeifen und ihr Bestes geben. Sie liebt den Job als Schiedsrichterin. "Natürlich ist es schwierig, immer die richtigen Entscheidungen zu treffen. Aber genau das prägt die Persönlichkeit: Dass man aus Fehlern lernt und immer positiv denkt, um in Zukunft die Dinge besser zu machen."