Ex-VfB-Trainer Felix Magath wird 70

Fußball | Bundesliga

Skeptiker des Fußball-Zeitgeistes: Felix Magath feiert 70. Geburtstag

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Felix Magath ist eine der bemerkenswertesten Figuren der Bundesliga. Als Spieler holte er den Europapokal, als Trainer prägte er einen Stil, der heute aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Jetzt wird er 70.

Felix Magath ist gefragt - doch aus der Bundesliga fragt niemand bei ihm an. In den Tagen und Wochen vor seinem 70. Geburtstag an diesem Mittwoch ist der frühere Spieler, Manager und Trainer medial präsent wie schon lange nicht mehr. Dass vor seinem Geburtstag sein Buch "Gegensätzliches" erschienen ist, mag ein Grund für seine Interview-Tournee sein. Dass Magath meinungsstark ist, ein anderer.

Wenn jemand wissen will, was im deutschen Fußball schief läuft, bekommt von Magath ehrliche Antworten. Er ist ein Skeptiker des Fußball-Zeitgeistes. Arbeit, Leistung, Siegeswillen - was er als Spieler und Trainer als Tugenden lebte, findet er seiner Ansicht nach heute nur noch selten. Zuletzt kritisierte er im SWR auch die Verantwortlichen des VfB Stuttgart, den er 2001 vor dem Abstieg in die 2. Liga gerettet und anschließend zurück in die Spitzengruppe der Bundesliga geführt hatte.

Für ihn steht und stand der Erfolg der Mannschaft über allem. "Über die Probleme des deutschen Fußballs reden? Dafür bräuchten wir eigentlich mehrere Stunden", sagte Magath. Seit dem WM-Titel 2014 habe sich eine Abwärtsspirale entwickelt. "Ich habe 2011 schon die Nachwuchsarbeit kritisiert. Wenn ich zwölf Jahre später höre, dass keine Stürmer und Innenverteidiger nachkommen, denke ich mir: Was für ein Wunder." Es kämen zu wenige Spieler nach, sagte er. "Wir fordern zu wenig Leistung ein. Die Ausbildung in den Nachwuchsleistungszentren macht die Spieler schon seit Jahren international nicht mehr wettbewerbsfähig."

 Kritik an Klubs-Spielern und Verbänden

Fußball-Deutschland habe seine Identität verloren. "Früher stand die deutsche Nationalmannschaft für Einsatz, Disziplin und Willensstärke. Heute hat niemand mehr Respekt vor uns", kritisierte er. "In den Klubs und Verbänden wird oft mehr über Marketing oder Zeichen setzen geredet als über Fußball." Die Spieler beschäftigten sich mehr mit anderen Dingen statt mit dem Spiel. "Wenn ich einen zweistelligen Millionenbetrag durch das Fußballspielen verdiene, dann brauche ich nicht noch nebenbei etwas dazuzuverdienen." 

Magath würde liebend gern beweisen, dass mit seinen Tugenden auch heute Erfolg möglich ist. Zuletzt rettete er Hertha BSC vor einem Jahr in der Relegation - ausgerechnet gegen seinen Hamburger SV - vor dem Bundesliga-Abstieg. "Hertha tat mir gut. Ich zog daraus diese Erkenntnis: Ich bin absolut sicher, dass ich mit meinem Wissen und Input noch jeder Mannschaft in Deutschland und international helfen kann, in der ersten, zweiten, dritten oder vierten Liga" sagte Magath im "kicker"-Interview. Auch die Berliner fragten ihn nicht, ob er weiter machen wolle. Hertha stieg ab.

"Natürlich hätte ich mir zugetraut, den Verein nicht nur in der Bundesliga zu halten, sondern so zu entwickeln, dass er in der Bundesliga weiter nach oben kommt", sagte Magath. Dass er mit seiner Art Erfolg hatte, ist unbestritten. Zugleich brachte sie ihm den Namen "Quälix" ein. "Ich habe meinen Job nicht gemacht, um beliebt zu sein", sagte er in der NDR-"Talk Show".

Der frühere Frankfurter Stürmer Jan-Aage Fjörtoft beschrieb Magaths Methoden ebenso lustig wie anerkennend. "Ich weiß nicht, ob Magath die Titanic gerettet hätte. Die Überlebenden wären auf jeden Fall topfit gewesen", sagte der Norweger nach der geglückten Rettung der Eintracht 2000. Ein anderer Spruch: "Das Training von Felix Magath ist wie ein Zahnarzttermin. Man fürchtet sich vorher, aber hinterher geht's einem besser."

Double-Sieger mit den Bayern

Magath gewann als Trainer mit Bayern München jeweils das Double 2005 und 2006. 2009 führte er den VfL Wolfsburg zum Meister-Titel. Ebenso bedeutend: Magath stieg nie mit einem Verein ab - obwohl er die ein oder andere heikle Rettungs-Mission übernahm. 

Die Erinnerungen an seine Spieler-Zeit sind eng mit dem HSV verbunden. Sein Siegtreffer zum 1:0 gegen Juventus Turin im Finale des Europapokals der Landesmeister vor 40 Jahren hat ihm einen herausragenden Platz in der Club-Historie gebracht. Dazu gewann er mit dem HSV dreimal die deutsche Meisterschaft und den Europapokal der Pokalsieger (1977).

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Fußballtrainer | 21.7.2023 Felix Magath: Fußball Legende, Meister-Trainer & VfB-Retter

Als Fußballer war er u.a. Europameister, als Trainer hatte er den Spitznamen "Quälix" (»Qualität kommt von Qual«). Als "Feuerwehrmann" rettete er nicht nur den VfB vor dem Abstieg.

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Magath hat noch viel zu sagen

Genug Gründe, um mit 70 Jahren zufrieden zurückzublicken und sich feiern zu lassen. Doch das ist nicht seine Sache. "Ich bin es nicht gewohnt, Geburtstage zu feiern", sagte der Sohn einer Deutschen und eines Puerto Ricaners dem NDR. In seiner Kindheit in Aschaffenburg mit seiner Mutter und seiner Großmutter sei nie das Geld dafür da gewesen. Und später als Spieler und Trainer fiel sein Geburtstag in die Saisonvorbereitung. Vielleicht gibt es am Mittwoch statt einer Feier wieder eine Interview-Anfrage. Zu sagen hat Magath noch viel.

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