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Vor der Rückkehr nach Augsburg: Ermedin Demirovic und das schwierige Ankommen beim VfB Stuttgart

Stand
Autor/in
Johann Schicklinski

Ermedin Demirovic wird auch nach etwas mehr als einem halben Jahr beim VfB Stuttgart von vielen Fans kritisch beäugt - wohl hauptsächlich aufgrund seines prominenten Vorgängers. Doch diese Sichtweise wird dem 26-Jährigen nicht gerecht.

In größere Fußstapfen kann man wohl kaum treten - zumindest nicht beim VfB Stuttgart. Ermedin Demirovic wurde im Sommer als Nachfolger von Serhou Guirassy (ging zum BVB) vom FC Augsburg an den Neckar gelotst. 21 Millionen Euro ließen sich die Schwaben den Angreifer kosten. Damit war Demirovic kurzzeitig sogar VfB-Rekordtransfer, ehe er Wochen später von Deniz Undav überboten wurde (wechselte für rund 28 Millionen Euro aus Brighton nach Stuttgart).

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Der Vergleich mit Guirassy war jedenfalls von Anfang an unfair. Der Guineer hatte einen erheblichen Anteil an der sensationellen Vizemeisterschaft des VfB Stuttgart in der Spielzeit 2023/2024. Der 28-Jährige hatte in 28 Bundesligaspielen 28 Tore erzielt, doch sein Wert ging weit darüber hinaus. Guirassy ließ sich oft bis ins Mittelfeld fallen, forderte die Bälle und verteilte sie, initiierte so viele Angriffe, von denen er nicht wenige selbst abschloss. Eine Fabel-Saison von Guirassy, an deren Werten man Demirovic nicht messen darf.

Serhou Guirassy war ein ganz anderer Stürmertyp

Denn der Bosnier ist ein ganz anderer Stürmertyp als sein Vorgänger. Insbesondere mit dem Rücken zum Tor, im Bälle festmachen etwa, reicht er nicht an Guirassy heran. Dementsprechend hat er weniger Einfluss auf den Spielaufbau der Stuttgarter. Auch technisch ist Demirovic schwächer, seine Bewegungen sehen im Vergleich zum geschmeidigen Guirassy fast ungelenk aus. Was natürlich nur so aussieht, denn Demirovic hat einfach einen anderen Stil.

Die Quote von Ermedin Demirovic stimmt

Dafür brachte der 26-Jährige eine andere, eine neue Note ins VfB-Spiel mit ein. Er reibt sich in Zweikämpfen auf, geht keinem "In-Fight" aus dem Weg, liefert sich oft auch verbale Duelle mit seinen Gegenspielern (und rüttelt dadurch nicht selten seine Mitspieler wach) und arbeitet eminent fleißig nach hinten mit. Und im gegnerischen Strafraum, also in seinem Kerngeschäft, ist er auch noch präsent, wie die Quote belegt.

Er mischte in allen 15 Bundesligaspielen mit, erzielte sieben Tore und bereitete einen weiteren Treffer vor. Im DFB-Pokal gelangen ihm in drei Partien drei Scorerpunkte, auch in der Champions League netzte er bereits ein. Und überhaupt verpasste er inklusive Supercup kein einziges Pflichtspiel.

Demirovic hat beim VfB also weitgehend die Erwartungen erfüllt, sofern sie nicht überzogen waren. Dass ihn einige Fans mitunter überkritisch sehen, damit wird er leben können. Er arbeitet an sich und daran, dass komplexe Spielsystem von VfB-Trainer Sebastian Hoeneß weiter zu adaptieren. Er hat im Verlauf der vergangenen Monate bereits viel dazugelernt - und trotzdem noch eine Menge Luft nach oben. Die überwiegende Mehrheit der Anhänger weiß das auch und unterstützt ihn für seinen Einsatz.

Ermedin Demirovic glaubt an "gutes Omen"

Im neuen Jahr will Demirovic jedenfalls noch eine Schippe drauflegen - und zwar direkt beim Wiedersehen mit seinem Ex-Klub FC Augsburg (12.01., 17:30 Uhr). "Das wird ein sehr spezielles Spiel für mich, auf das ich mich sehr freue. Der FCA wird immer einen sehr speziellen Platz in meinem Herzen haben. Ich empfinde extrem viel Liebe für den Verein", sagte der Stürmer bei "VfB-TV". "Ich habe super Erinnerungen an Augsburg und ich glaube, es könnte ein gutes Omen sein, wenn ich das neue Fußball-Jahr mit meinem neuen Verein bei meinem alten Klub starte."

"Mit breiter Brust in der Bundesliga wieder angreifen"

Er und seine Mannschaftskameraden hätten sich durch die Vorbereitung "eine breite Brust geholt, um in der Bundesliga wieder angreifen zu können", so Demirovic weiter. Er erwarte an alter Wirkungsstätte eine schwere Aufgabe, denn "Heimspiele gegen Stuttgart sind für den FC Augsburg immer etwas ganz Besonderes. Wir brauchen 100 Prozent, um dort bestehen zu können. Es wird extrem schwierig dort".

"90 Minuten müssen wir Profis und keine Freunde sein"

Er pflege noch viele Kontakte zum FCA, so der Bosnier weiter. Trotzdem zählen für ihn am Sonntag nur die drei Punkte. "90 Minuten müssen wir Profis und keine Freunde sein", sagte er: "Das empfinden die Augsburger aber auch so. Sie wollen auf gar keinen Fall, dass wir gewinnen. Ich möchte gewinnen. Davor und danach können wir gerne weiter befreundet sein."

Mit einem Sieg und einer guten Leistung, vielleicht sogar einem Treffer, könnte Demirovic dann weitere Eigenwerbung betreiben - und weitere Fans davon überzeugen, dass sein Ankommen beim VfB Stuttgart weiter voranschreitet.

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Johann Schicklinski