SWR Sport: Christian Heidel, die ersten 23 Minuten gegen Borussia Dortmund - das war ja schon fast magisch, was Mainz 05 da auf den Platz gezaubert hat oder wie sehen Sie das?
Christian Heidel: Ich habe im Nachgang auch schon ein wenig Fernsehen geschaut und wenn ich dann die Kommentare höre, geht es nur um ein Thema: Gab es da eine Wettbewerbsverzerrung von Borussia Dortmund? Ich glaube, dass da einige vergessen, wie gut unsere Mannschaft die erste halbe Stunde Fußball gespielt hat. Da wäre es für jeden Gegner schwer geworden, weil einfach alles funktioniert hat. Das sollte man dann schon ein bisschen berücksichtigen bei der Einordnung dieses Spiels. Aber wir waren alle total happy. Die Jungs haben da aufgedreht ohne Ende.
Ordnen Sie den Sieg mal ein: War er überlebensnotwendig für Mainz 05?
Als wir uns vor einigen Wochen neu aufgestellt haben, war unser Ziel in unserer eigenen Meisterschaft mit Köln und Darmstadt 16. zu werden. Wir hatten fünf Punkte Rückstand auf den 1. FC Köln und haben mit dem Sieg gegen Dortmund nun diese kleine Meisterschaft gewonnen. Jetzt geht es darum noch einen Schritt nach oben zu gehen und da werden wir alles versuchen. Insgesamt sind wir auf einem prima Weg. Seit Bo Henriksen hier ist, sind wir vierter in der Tabelle (Anm. d. Red.: Das Interview wurde vor dem Spiel Bayern-Wolfsburg geführt).
Wie schaffen es Verein, Umfeld und Stadt immer wieder in so extremen Situationen zurückzukommen?
Das hat natürlich sehr viel mit unserer Historie zu tun. Was wir im Moment erleben ist ein Kindergeburtstag im Vergleich zu dem, was wir hier alles schon erlebt haben. Das schweißt so eine Stadt zusammen. Die Stimmung gegen Dortmund fand ich sehr außergewöhnlich - nicht nur im Stadion, auch in der Stadt. Ich war am Abend auch noch in der Stadt, ich habe dort nur Menschen gesehen, die rot angezogen waren. Das ist jetzt Abstiegskampf und das lebt dieser Verein, der weiß wie es geht und das lebt auch diese Stadt, die weiß wie es geht.
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Der 1. FSV Mainz 05 steht nach einem furiosen 3:0 über Borussia Dortmund vor dem letzten Bundesliga-Spieltag der aktuellen Saison über dem Strich. Die Gefühlswelt der Rheinhessen schwankt zwischen Euphorie und Vorsicht.
Im Abstiegskampf braucht es ja sicherlich auch einen Klebstoff, der die Mannschaft zusammenhält. Es sieht so aus als sei das aktuell in der Rückrunde Nadiem Amiri. Wie sehen Sie das?
Viele haben am Anfang geschmunzelt, als wir ihn verpflichtet haben. Er kam vom quasi fast schon deutschen Meister Bayer Leverkusen hier nach Mainz. Ich habe ein langes Gespräch mit ihm geführt und hatte vom ersten Moment den Eindruck, dass er sich dieser Sache hier verschreiben will und das sieht man auch. Das er ein super Fußballer ist, das haben wir vorher gewusst. Aber wie er sich hier reinhängt, da denkst du: Der ist seit 20 Jahren Mainzer.
Kann Amiri in Mainz gehalten werden?
Er hat einen Vertrag und ich habe auch gar keine Lust diese Diskussion jetzt anzufangen. (Anm. d. Red.: Beim 1. FSV Mainz 05 hat Amiri einen Vertrag bis Ende Juni 2026 unterschrieben)
Wie geht es jetzt weiter? In Wolfsburg sollte auf Grund des Torverhältnisses ein Unentschieden reichen, vielleicht sogar eine knappe Niederlage.
Wir haben es jetzt in der eigenen Hand. Es hat keiner geglaubt, dass das möglich ist. In Wolfsburg müssen wir mindestens einen Punkt holen, wir fahren aber dahin und versuchen zu gewinnen. Das schöne ist, das ist mein Gefühl: Die ganze Stadt wird mitfahren und das ist etwas Besonderes. Wir werden versuchen in Wolfsburg ein Heimspiel zu haben und ich bin sicher, dass momentan alle versuchen, noch irgendwie an Tickets zu kommen. Es würde mich nicht wundern, wenn wir mit 7.000 - 10.000 Leuten nach Wolfsburg fahren. Es ist ein ganz besonderes Spiel, aber es wird brutal schwierig.