Franziska Harsch ragt heraus. Nicht nur wegen ihrer 1,82 Meter Körpergröße, mit der sie alle im Team überragt, ist die 27-Jährige der Fixpunkt im Spiel der TSG Hoffenheim. Denn "Franzi", wie sie alle in der Mannschaft nennen, ist nicht nur sportlich ein wichtiges Bindeglied im Mittelfeld der Kraichgauerinnen. "Ich bin schon eine Person auf dem Feld, die mit Zweikämpfen, aber auch mit Ballbesitz Struktur ins Spiel bringen, Pässe an den Mann bringen und dadurch das Spiel nach vorne tragen will", erzählt sie im Interview mit SWR Sport.
Harsch im Zentrum der TSG Hoffenheim
Das wissen auch ihre Vorgesetzten zu schätzen: "Sie ist eine spielerisch starke Spielerin, die auch taktisch ein sehr gutes Verständnis mitbringt", meint ihr Coach Theodoros Dedes, der die Frauenmannschaft der TSG Hoffenheim im Sommer von Stephan Lerch übernommen hat. "Das ist etwas, das jeder Trainer braucht, nämlich Spielerinnen, die das Konzept verstehen, umsetzen und auch verkörpern können."
Kroos, Xavi, Iniesta und Busquets als Idole
Ihre Idole: Toni Kroos, Xavi, Iniesta, Busquets. "Wie die die Bälle im Zentrum haben laufen lassen, das sind schon Vorbilder. Da habe ich mir schon früh ein bisschen was abgeguckt, so will ich Fußball spielen", sagt Harsch, "doch Kroos, Xavi, Iniesta und Busquets haben das Spiel nicht nur verstanden und Konzepte umgesetzt, sie waren auch Persönlichkeiten, an denen sich ihr Team orientieren konnte".
Harsch coacht und koordiniert im Hoffenheimer Mittelfeld
Doch auch diese Qualität bringt Franziska Harsch auf den Platz. Torhüterin Martina Tufeković, die sich mit Harsch seit Jahren das Zimmer teilt, adelt ihre Mitspielerin: "Franzi ist einer der herzlichsten Menschen, die ich überhaupt kenne. Sie hat immer ein offenes Ohr und ist total unkompliziert. Tufeković sagt auch: "Sie koordiniert sehr viel, baut das Spiel auf, verteilt auch gerne die Bälle. Sie nimmt auch die neuen Spielerinnen mit und coacht sie."
Das macht sie auch für Trainer Dedes so wertvoll: "Sie übernimmt sehr oft die Initiative, wenn es um Integrationsprozesse geht. Sie ist ein offener Mensch, der sehr schnell auf Leute zukommt und dann auch diese Lockerheit verkörpert, die es in seinem so familiären Umfeld wie dem der TSG Hoffenheim braucht." Diesbezüglich gilt Harsch als Vorbild: "Ich sehe Fußball definitiv als Sache, die ich als Kind angefangen habe, weil ich es geliebt habe. Und das versuche ich wirklich jedes Spiel und in jedes Training reinzubringen."
Auf dem Weg zur Grundschullehrerin
Abseits des Spielfelds hat Harsch Grundschullehramt mit den Hauptfächern Deutsch und Sport studiert. "Das merkt man ihr an. Wenn man vielleicht mal einen grammatikalischen Fehler in seinem Satz hat, korrigiert sie einen. Aber ich denke, das haben Lehrer so an sich", scherzt Zimmergenossin Tufeković. Als "Schlaumeier" würde Harsch sich jedoch nicht beschreiben: "Was? Nein. Durch das Studium habe ich vielleicht Deutsch-Kenntnisse erworben, die ich vorher nicht hatte, und bin ich stolz darauf. Aber 'Klugscheißen' ist jetzt nicht meine Haupt-Charaktereigenschaft."
Schließlich ist sie als Lehrerin noch nicht ganz fertig: "Die Masterarbeit will ich auf jeden Fall jetzt schreiben. Und das Referendariat ist ein bisschen so ein Thema. Chantal Hagel hat das vergangene Saison während des Spielbetriebs gemacht - und ich habe einen riesen Respekt davor. Da bleibt nicht viel Zeit für Alltag. Ich denke daher eher, dass ich das Referendariat nach dem Fußball mache, um dann nochmal richtig ins Thema Grundschullehrerin einzutauchen, das abzuschließen und dann auch direkt unterrichten zu können."
Franziska Harsch hat die Hoffenheimer Geschichte mitgestaltet
Harsch spielt "schon ewig" bei der TSG Hoffenheim. 2012 wechselte sie vom Stuttgarter Vorort-Klub TSV Birkach in die Jugendabteilung der Kraichgauerinnen. Seit 2014 ist sie Teil des Profi-Team und hat seitdem 127 Bundesliga Spiele absolviert. "Sie hat hier die Geschichte mitgestaltet und hat zu allen Erfolgserlebnissen, die hier in den letzten Jahren stattgefunden haben, beigetragen", sagt Coach Dedes. "Deswegen ist ist eine wichtige Personalie - auch im menschlichen Bereich. Ich bin sehr zufrieden, sie hier zu haben."
An diese Erfolgserlebnisse möchte Harsch in der kommenden Saison wieder anknüpfen. Denn die vergangene Spielzeit verlief aus Hoffenheimer Sicht - Platz fünf und zehn Punkte Rückstand aufs angepeilte internationale Geschäft - eher durchwachsen. "Dieses Jahr versuchen wir, uns gerade im taktischen Bereich weiterzuentwickeln. Die anderen Vereine werden darin auch immer besser. Das haben wir letzte Saison deutlich gemerkt. Also müssen wir auch eine Schippe drauflegen", sagte Harsch, aber wir sind auf einem guten Weg".
Harsch will mit Hoffenheim zurück in die Champions League
Denn bei ihr kommt der Fußball über den Spaß. Und Hinterherlaufen und verlieren mache ihr definitiv keinen Spaß. "Außer bei Gesellschaftsspielen. Aber im Fußball mag ich das gar nicht". Darum arbeitet sie mit der TSG Hoffenheim in der Vorbereitung unter anderem am progressiven Angriffspressing: "Je eher wir den Ball erobern, desto mehr Spaß macht es. Das trainieren wir gerade, und deswegen macht auch die Vorbereitung Spaß."
Auch im Angriff will Harsch das Spiel dominieren: "Wenn wir den Ball haben, wollen wir uns in Richtung Tor kombinieren - egal ob hoch ob flach. Wir wollen auf jeden Fall strukturierter Fußball spielen." Vor allem will sich die TSG Hoffenheim in der kommenden Saison wieder nach oben orientieren, in Richtung Champions League. Auf dem Weg dorthin möchte Franziska Harsch erneut herausragen. Die nächste Chance dazu bekommt sie beim Bundesliga-Auftakt am Sonntag (1.9./14 Uhr) in Essen.