Die Kriminalbeamten der Augsburger Polizei gehen bei ihrer Arbeit offensichtlich sehr akribisch und gewissenhaft vor. 66 Tage nach dem Böllerwurf von Augsburg sitzt ein 28-jähriger Tatverdächtiger aus dem Raum Göppingen immer noch in Untersuchungshaft.
Am 11. November 2023 war die Augsburger Arena während der Bundesliga-Partie zwischen Gastgeber Augsburg und der TSG Hoffenheim (1:1) durch einen lauten Knall erschüttert worden. Ein Sprengkörper war explodiert. Das Spiel wurde in der 57. Minute durch Schiedsrichter Dr. Felix Brych unterbrochen. Ermittlungen der Polizei ergaben, dass 13 Fans durch einen Böllerwurf im Hoffenheimer Fanblock verletzt wurden. Etliche Personen erlitten ein Knalltrauma. Ein TSG-Fan, der mit seinen zwei Kindern im Fanblock stand, berichtete gegenüber SWR Sport von dem schlimmen Erlebnis.
Lange U-Haft
Zunächst wurden zwei jeweils 28-jährige Tatverdächtige aus dem Raum Göppingen noch während des Spiels identifiziert und im Hoffenheimer Fanblock festgenommen. Einer von ihnen wurde einige Tage später wieder aus der Untersuchungshaft entlassen.
Der andere Beschuldigte, der den Böller gezündet haben soll, sitzt dagegen schon seit neun Wochen in U-Haft. Dieser Zeitraum sei per se "nicht außergewöhnlich", ordnet Bernd H. Kiefer, Fachanwalt für Strafrecht in Fellbach, gegenüber SWR Sport ein. In diesem Fall müssten Zeugen vernommen, Videomaterial und Fotos gesichtet oder auch Atteste begutachtet werden. Nach Kiefers Einschätzung deutet die lange U-Haft des Tatverdächtigen darauf hin, "dass sehr wahrscheinlich Anklage erhoben wird."
Ermittlungen kurz vor Abschluss
Dies könnte schon bald geschehen. Dr. Andreas Dobler, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Augsburg, teilte auf Anfrage unserer Redaktion mit, die Ermittlungen befänden sich "auf der Zielgeraden". Voraussichtlich Ende Januar soll entschieden werden, ob gegen den Tatverdächtigen Anklage erhoben wird. Der Verbrechens-Tatbestand lautet "Herbeiführen einer Sprengstoff-Explosion" und wird gewöhnlich mit einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr geahndet. Hinzu kommen die Körperverletzungsdelikte bei 13 geschädigten Personen.
Hoffenheim hofft auf milde DFB-Strafe
Die TSG Hoffenheim, die sich rund um die Vorfälle in Augsburg vorbildlich verhielt und aktiv an der Aufklärung mitwirkte, hält nach wie vor Kontakt zu den Opfern des Böllerwurfs. "Da wir intensiv an der Aufarbeitung mitgewirkt haben, hoffen wir, dass die Strafe des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) nicht zu hoch ausfällt", sagte ein Vereinssprecher dem SWR. Dass es eine Strafe geben wird, ist nach den strengen DFB-Regularien sicher - auch wenn der Verein für die Vorfälle in Augsburg nicht verantwortlich gemacht werden kann.
Wie der DFB dem SWR mitteilte, ist das Ermittlungsverfahren derzeit noch beim DFB-Kontrollausschuss anhängig. Auskünfte zu einem möglichen Strafmaß könne man nicht geben, "das wäre derzeit noch rein spekulativ." Das Urteil des DFB-Sportgerichts wird in den kommenden Wochen erwartet.