150 Brote backen? Für Maika und Wolfgang gar kein Problem. Ihre Küche war früher nämlich mal eine Backstube. Der riesige originale Backofen darin funktioniert noch immer tadellos. Die Bäckerei gehört zu einem alten Mühlenanwesen in der Pfalz, das die beiden vor 18 Jahren gekauft haben.
Durch einen Brand waren die Gebäude renovierungsbedürftig
Als Wolfgang und Maika das Anwesen besichtigten, sah Maika vor allem eins: unendlich viel Arbeit. Wolfgang dagegen sah die Einzigartigkeit und die Möglichkeiten. Er war begeistert von der Idee, hier kulturelles Erbe zu erhalten. Etwas zu haben, das nicht jeder hat und etwas daraus zu machen – das war genau sein Traum. „Nach der Besichtigung hatte er Herzchen in den Augen“, sagt seine Frau Maika. Heute weiß sie, was Wolfgang schon damals vor seinem inneren Auge sah.
Alte Bäckerei zum Traumhaus umgebaut
Vor allem in den riesengroßen alten Backofen war Wolfgang sofort schockverliebt. 1960 war der topmodern, da wurde in der Backstube noch mal richtig Geld in die Hand genommen! Ein Original der Firma Leibrecht. Nach Wolfgangs Recherche gibt’s so einen höchstens noch im Museum. Die Maklerin riet ihm, den riesigen Backofen aus der zukünftigen Küche rauszureißen, um mehr Platz zu schaffen. Für Wolfgang aber war sofort klar: Das wird das Highlight und der Lebensmittelpunkt im neuen Zuhause. Genauso ist es gekommen: Mehrmals im Jahr gibt es nun eine große Backaktion. 150 Brote passen rein. Und auch zum Heizen kann man das gute Stück nutzen. Oder mal schnell die Wäsche davor trocknen.
Alten Charme der Backstube und Backofen erhalten
Im Dorf kennt fast jeder das Zuhause von Wolfgang und Maika und ihren drei Kindern. Direkt neben der Bäckerei war früher auch der Tante-Emma-Laden, sowas wie der Dorfmittelpunkt. Die alte Ladentheke und das Krämerregal stehen inzwischen im Heimatmuseum. Im ehemaligen Verkaufsbereich befindet sich jetzt ihr Wohnzimmer, eingerichtet in warmen, dunklen Farben. Das alte Backhaus und den alten Laden hat Wolfgang mit einem kleinen Fachwerkbau verbunden, den er selbst neu gebaut hat. Sein Motto: Alt und gut sollte es aussehen. So, als ob es schon immer so gewesen wäre. Denkmalschutzauflagen gab es nicht.
Wohnen auf der Baustelle
Als Maika und Wolfgang 2006 einzogen, waren nur eine provisorische Küche, ein Bad und ein Zimmer fertig. Drei Monate später wurde das erste von drei Kindern geboren. Gefühlt haben sie fast acht Jahre auf einer richtigen Baustelle gelebt. Einen Sandkasten brauchten die Kinder nicht. Wolfgang renovierte unermüdlich in Eigenleistung. Alle handwerklichen Tätigkeiten hat sich der Pädagoge selbst beigebracht. Familie und Freunde halfen. Immer war und ist Wolfgang auf der Suche nach alten Baumaterialien. Auf diese Weise konnten sie die Kosten geringhalten. Zudem erhielten sie im Rahmen der Dorferneuerung zur Backhaussanierung und Wohnraumerweiterung einen Zuschuss von 10.000 Euro.
Handwerkliches selbst beigebracht
Unzählige Arbeitsstunden hat Wolfgang in seinen Wohntraum investiert. Ein ehemaliges Gesindehaus wurde teilweise abgerissen. Die Scheune benötigte ein neues Dach. Allein hier mussten 17.000 Biberschwänze vom Dach runter und dazu drei Kilometer Dachlatten wieder rauf. Wolfgangs Vision: Im Sommer soll der Hof der Mittelpunkt sein. Einen Platz für den Grill und eine Feuerstelle zu haben, war für den Pfälzer damals Kaufkriterium.
Wohnen wie im Antiquitätenladen auf dem Land
Wolfgang ist ein leidenschaftlicher Sammler. Das sieht man überall in Haus und Hof. Aber auch Maika mag den Charme alter Dinge. Manche sagen, es sei bei ihnen wie in einem Antiquariat. Für sie ist es Gemütlichkeit. Sie stammt aus Dortmund und wollte eigentlich nie aufs Dorf. Nun will sie hier nie wieder weg aus ihrer alten Bäckerei in der Pfalz.
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