Stefan Brünner hat eine alte Werkstatt in Esslingen, in der früher Feilen hergestellt wurden, zu einem modernen und nachhaltigen Wohnhaus umgebaut. Wichtig war ihm dabei, den industriellen Charakter der ehemaligen Feilenhauerei zu erhalten.
Das Gebäude wurde 1893 errichtet und diente zunächst als Hutfabrik. An der Ostfassade des Gebäudes ist noch ein breiter, weißer Schriftzug erkennbar: "Hutfabrik Heinrich Kastner". Ab 1918 wurde das Gebäude dann über einen längeren Zeitraum als Feilenhauerei genutzt. Bis in die 1980er Jahre hinein arbeitete und lebte der letzte selbständige Feilenhaumeister Esslingens in diesem Gebäude und stellte Feilen und Raspeln her.
Früher war das Haus die letzte Feilenhauerei Esslingens
Durch eine Immobilienanzeige im Internet ist Stefan auf das Gebäude aufmerksam geworden. Er musste seine Mietwohnung auf der anderen Seite des Neckars aufgeben und war auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Kurzerhand konnte er die alte Manufaktur besichtigen und beim Makler ein Gebot abgeben. Zwei weitere Gebote lagen für das heruntergekommene Gebäude vor, aber Stefan bekam den Zuschlag. Das war 2005.
Nach dem Kauf ließ er sich zunächst ein Jahr Zeit, alle Umbaumaßnahmen in Ruhe zu überdenken. Dabei zählte er von Anfang an auf die Hilfe eines befreundeten Architekten. "Als Laie war ich ein wenig überfordert mit der Größe und dem Zustand dieses Hauses und musste mir erst mal ein Konzept überlegen."
Kostengünstige Lösungen gesucht
Auch budgettechnisch hatte Stefan genaue Vorstellungen und machte sich selbst strenge Vorgaben. Er wollte auf keinen Fall mehr ausgeben als er hatte. Bei manchen Entscheidungen musste er sich daher selbst bremsen und eine günstigere Lösung suchen, wie z. B. bei der Aufarbeitung der Türen. Auch die Fenstergriffe mit Porzellan-Umrandung, die Stefan eigentlich so schön fand, waren mit 85 Euro pro Stück und bei insgesamt 36 Fenstern einfach zu teuer und hätten das Budget gesprengt – es fand sich eine günstige Alternative. Den genauen Kaufpreis und die Sanierungskosten möchte Stefan allerdings nicht nennen.
Industriestil und Werkstattcharakter vereint
Bei der Renovierung war es ihm wichtig, den Industrie- und Werkstattcharakter des Gebäudes zu erhalten: die Klinkerfassade, die vielen Fenster, die offene Raumaufteilung. Bei der Auswahl des Bodenbelags im Wohnzimmer entschied er sich deswegen auch gegen das geflammte Parkett, das ihm zunächst gut gefiel. Mit der Hilfe von Freunden und guten Handwerkern konnte Stefan seine Pläne vom besonderen Wohnen umsetzen.
Einzug nach einem Jahr Sanierungsarbeit
Nach einjähriger Sanierungsarbeit hat er das Haus schließlich 2007 mit seiner Familie beziehen können. In der ehemaligen Härterei – dem größten Raum im Erdgeschoss – in dem früher Metalle gehärtet wurden, befindet sich seine Praxis für psychosoziale Beratung und Betreuung.
Die alte Feilenhauerei ist 17 Meter lang und hat eine Wohnfläche von ca. 240 m². Im Erdgeschoss befinden sich Wohnzimmer, Küche, Gäste-WC und Praxis. Im ersten Stock gibt es drei Zimmer sowie ein Badezimmer und im Dachgeschoss zwei weitere Schlafzimmer mit Badezimmer.
Nachhaltige Dämmung und eigene Photovoltaikanlage
Beim Umbau wurde viel Wert auf Nachhaltigkeit gelegt. Was erhaltenswert war, wurde erhalten, gedämmt wurde mit Holzfaser, die Wände sind aus Lehm. Auf dem Dach befindet sich eine Solar- und Photovoltaikanlage. Bei der Einrichtung achtete Stefan darauf, sich auf das Notwendige zu konzentrieren, um dem Industriecharme keine Konkurrenz zu machen. Im Vordergrund sollten die Klinkersteine stehen, die Stahlträger, die großen Rundbogenfenster. Die alte Esslinger Feilenhauerei ist nun ein stylisches und nachhaltiges Haus mit Industriecharakter.
Mehr Room Tour
Wohnen im Wahrzeichen: Krämerbrücke Erfurt
Britta Schatton residiert auf drei Etagen auf der längsten durchweg bebauten und bewohnten Brücke Europas, der Krämerbrücke in Erfurt.