Mit 18 plötzlich Hausbesitzerin

Stand
Ein Film von
Katharina Feißt (Redaktion)
Frederik Dietz (Kamera)
Paul Heydecke (Ton)
Monika Kostrzewa (Schnitt)

Ein tragischer Unfall machte Fabienne schon mit 18 Jahren zur Hauseigentümerin. Heute wohnt sie mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in dem denkmalgeschützten Fachwerkhaus, das eigentlich ihr Papa gekauft hatte: einer ehemaligen Posthalterei aus dem Jahr 1757.

Fabiennes Papa war Zimmermann und erfüllte sich 2009 den Traum vom eigenen Fachwerkhaus im historischen Ortskern von Lachen-Speyerdorf, einem Ortsbezirk von Neustadt an der Weinstraße. Weil Fabienne ein absolutes „Papakind“ war, entschied sie sich nach der Trennung ihrer Eltern, mit ihrem Vater in das alte Haus zu ziehen. Sie erinnert sich noch, wie sie das erste Mal Tränen in den Augen hatte, als sie die alte Hofanlage sah – so schlecht war der Zustand des denkmalgeschützten Gebäudes.

Mit 18 Jahren plötzlich Hausbesitzerin

Das Gebäude war früher eine Posthalterei, in der die Pferde der Postkutschen auf langen Reisen getränkt und gefüttert wurden. Neben dem Hauptgebäude, in dem früher vermutlich auch eine Gaststätte für die Kutscher untergebracht war, gehört zur Hofanlage auch ein alter Stall.

Fünf Jahre lang sanierte Fabiennes Vater das alte Haus von Grund auf. Die Leitungen mussten raus, die meisten Böden erneuert werden. Nur im Flur des ersten Obergeschosses konnte ein Stück vom originalen Dielenboden erhalten werden. „Ich hatte den Ehrgeiz, den Boden zum Vorschein zu bringen“, erzählt Fabienne. Und sie packte bei der Sanierung auch selbst mit an: In vielen schweißtreibenden Arbeitsstunden kratzte sie PVC-Kleber von den alten Dielen oder schliff bunten Lack von der Holztreppe ab.

Als Letztes wollte Fabiennes Vater das Dach des alten Hauses erneuern – doch dazu kam es nicht mehr: 2014 kam er bei einem Arbeitsunfall ums Leben. Fabienne war da gerade erst 18 Jahre alt. „Für mich gab es zu dem Zeitpunkt nur eins: Das Haus zu halten, weil es das Lebenswerk von meinem Papa war.“ Doch mit diesem Entschluss lastete auch eine riesige Verantwortung auf der damals 18-Jährigen: Während ihre Freunde auf Weinfesten feiern gingen, musste sie sich mit Ämtern, Versicherungen, Banken und dem Haushalt rumschlagen.

Alte Posthalterei denkmalschutzgerecht saniert

Der Kaufpreis der Hofanlage lag wegen des schlechten Zustands damals bei 80.000 Euro. Fabiennes Vater hatte anschließend rund 100.000 Euro in die Sanierung gesteckt, Fabienne selbst nochmal eine ähnliche Summe. Hinzu kam sehr viel Arbeit in Eigenleistung.

Um die Finanzierung des Hauses stemmen zu können, suchte Fabienne sich neben ihrer Ausbildung noch einen Nebenjob. „Zu allem Übel hat es dann auch noch reingeregnet“, erinnert sich Fabienne. Obwohl ihr Vater während der Arbeit durch ein Dach gebrochen und dabei verunglückt war, wollte sie das Dach ihres Hauses unbedingt selbst decken. „Ich hatte auch keine Angst, aufs Dach zu steigen. Im Gegenteil: Ich habe mich da meinem Papa ein Stückchen näher gefühlt.“

Heute, zehn Jahre später, lebt Fabienne mit ihrem Mann Christian, ihren drei Kindern und zwei Hunden in dem Fachwerkhaus, das sie mittlerweile als ihre „Lebensaufgabe“ bezeichnet. „So ein altes Haus ist ein Fass ohne Boden, immer wieder muss saniert und nachgebessert werden“, erzählt Fabienne.

Eine Herausforderung bei der Renovierung ist, dass das Haus unter der höchstmöglichen Denkmalschutzstufe steht. Dadurch gibt es strenge Auflagen, die viel Aufwand und zum Teil auch hohe Kosten verursachen. Als die einfachverglasten Fenster 2018 durch doppelverglaste ersetzt werden durften, musste Fabienne erst einmal eine Schreinerei finden, die denkmalgerechte Fenster herstellt. Die Spezialanfertigungen sind bis zu jeder Strebe den Originalen nachempfunden. Das hatte seinen Preis: Die Holzfenster kosteten dreimal so viel wie gängige Kunststofffenster.

Obwohl Fabienne durch die bisherigen Sanierungsarbeiten weiß, dass alte Gebäude voller Überraschungen stecken, steht sie schon in den Startlöchern für das nächste Bauprojekt: Die ehemalige Scheune der Hofanlage wird zu einem Mehrgenerationenhaus ausgebaut, in das Fabiennes Mama und ihre Tante einziehen wollen. Weil ihr Papa ein im Dorf gut vernetzter und angesehener Handwerker war, helfen seine ehemaligen Kollegen bis heute immer wieder bei Bauarbeiten aus. „Das spielt mir, eine Generation später, immer noch in die Karten“, freut sich Fabienne.

Obwohl sie das Haus, wie sie selbst sagt, viele Nerven und in gewisser Weise auch ein Stück ihrer Jugend gekostet hat, ist Fabienne überglücklich, dass sie heute mit ihrer Familie dort lebt. „Ich glaube, die Kinder fühlen sich hier wahnsinnig wohl. Wir haben einen Hof, wir haben einen Garten. Das ist einfach ein unbeschwertes Familienleben.“ Im Wohnzimmer, dem Dreh- und Angelpunkt der Familie, hängt ein großes Foto von Fabiennes Papa. Durch das Haus fühlt sie sich bis heute eng mit ihm verbunden.

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